29. Juni 2024, 7:39 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Es gibt wohl kaum einen besseren Ort als Malia, um einen Urlaub auf Kreta zu starten. Nahe an der Hauptstadt Heraklion und doch inmitten der Natur, bietet die kleine Beachtown nicht nur schöne Strände, sondern auch reichlich kulinarische Angebote. Ganz in der Nähe liegt zudem einer der bei Touristen beliebtesten Orte auf der gesamten Insel. TRAVELBOOK-Autor Robin Hartmann hat sich für Sie vor Ort umgesehen.
Das Rauschen der Wellen, das Knattern einer zerfetzen, weiß-blauen Fahne im Wind. Von Weitem, wie aus einer anderen Welt, ein paar Gesprächsfetzen. Ansonsten ist es absolut still am Strand von Malia. Die Sonne lacht, das Salz des ersten Bades im Meer trocknet auf der Haut, und das gerade einmal eine gute Stunde nach der Ankunft mit dem Flieger auf Kreta. Wir sind in Malia, einem kleinen Strandort in der geographischen Mitte der Insel. Es könnte gefühlt genauso gut die Neue Welt anno 1492 sein, soeben erst entdeckt von Kolumbus, bzw. in diesem Fall von uns.
Malia ist unter Kreta-Urlaubern sicher alles andere als ein Geheimtipp. Darauf deutet schon seine ideale Lage hin, vom Flughafen Heraklion und der gleichnamigen Inselhauptstadt mit dem Mietwagen nur etwa eine halbe Stunde entfernt. Dennoch kann man, wenn man in der Nebensaison anreist, hier das Gefühl bekommen, die Insel gehöre einem quasi allein. Und das trotz der Tatsache, dass man Kreta wohl ohne zu zögern als 18. Bundesland Deutschlands bezeichnen könnte, wenn Mallorca das vielzitierte 17. wäre.
Sehen, riechen, schmecken
Bei unserer Ankunft Anfang April befindet sich Malia allerdings noch in einer Art Dornröschenschlaf. Die Diskotheken auf dem örtlichen Ballermann verrammelt, selbst viele der zahllosen Geldautomaten noch nicht einmal ans Netz angeschlossen. Auch die meisten Restaurants sind noch geschlossen. Nur die allgegenwärtigen Cafés und Bäckereien versorgen Besucher wie Einheimische mit dem Nötigsten. In unserem Fall ist das erst einmal einer von am Ende ungezählten Eiskaffees, die wir to go bestellen. Lebensfreude zum mitnehmen quasi, und schon fühlen wir uns ein wenig wie Locals.
Eine schöne Stadt ist Malia auf den ersten Blick sicherlich nicht. Durch die engen Straßen und Gassen rauscht zu jeder Tages- und Nachtzeit der Verkehr. Es sind die Bürgersteige mit ihren Ständen, Läden und Lokalen, die dem Alltag hier ein wenig von seinem Tempo nehmen. Einfach mal stehen bleiben, sehen, riechen, schmecken. Zum Beispiel die kleinen, besonders süßen Bananen, die auf ganz Kreta nur in und um Malia wachsen. Eine mit Käse, Spinat oder Hack gefüllte Teigtasche, oder eine der Zahnschmelz-zersetzenden Süßigkeiten, türkischem Baklava sehr ähnlich. Und dann vielleicht noch ein Kaffee, etwa im hippen „Coffee Island“.
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Kaffee und Loungemusik
Den schwarzen Treibstoff der griechischen Gesellschaft findet man überall, warum sich also nicht einmal quer durch Malia probieren? Ein wenig ist es so wie mit den Dönerläden in Berlin: Es gibt ein derartiges Überangebot, dass man sich fragt, wie sich das überhaupt rentieren kann. Aber da hat man dann auch schon den nächsten Kaffee in der Hand. Unser erster Weg führte uns dann, wie bereits eingangs beschrieben, zum schönen Stadtstrand. Mit Blick auf ein kleines Inselchen, auf dem sich eine Kirche befindet, badet man hier sehr entspannt. Das Wasser ist im Frühling noch angenehm frisch und karibisch-klar wie Fensterglas und dazu noch eine herrliche Erfrischung unter der jetzt schon ziemlich kräftigen Sonne.
Und da liegt man dann einfach auf seinem Handtuch, zufrieden mit der Welt und sich selbst. Vom nahen Restaurant-Club „Pleasure Beach“ wabert loungige Musik herüber, der Duft vom Grill verlockt auch in der Vorsaison schon viele der wenigen Besucher zu einem Mittagessen. Die fruchtigen, alkoholfreien Cocktails sowie den Eiskaffee hier kann ich empfehlen, ansonsten war uns der Laden aber ein bisschen zu sehr gestylt, auf vermeintliche Urlauber-Ansprüche getrimmt. Wer gerne nach seinem Essen noch eine Wasserpfeife zu Technoklängen rauchen möchte, dazu ein Bier einer internationalen Marke in der Hand, ist aber hier genau richtig.
„Kulinarische Reise in die Vergangenheit“
Uns zog es abends stattdessen in das sehr gute „Geitonia“, was laut den Betreibern vor Ort so viel wie „Nachbarschaft“ bedeutet. Hier können Mutige eine weitere lokale Spezialität probieren: Schnecken in Essig. Die Küche hat sich auf kretische Köstlichkeiten spezialisiert, und alles vom Salat über den Fisch bis hin zum vor Zuckersirup triefenden Nachtisch stammt aus lokalen Quellen. Zudem sitzt man in dem verschachtelten Innenhof sehr gemütlich, vor allem in warmen Nächten richtiggehend romantisch. Die offizielle Webseite des Restaurants bezeichnet den Besuch hier als „kulinarische Reise in die Vergangenheit“. Soll heißen, hier wird noch so gekocht wie zu Großmutters Zeiten, und das alles zu sehr erschwinglichen Preisen.
Einer der großen Trümpfe von Malia ist die Natur, die die Kleinstadt umgibt. Das fing schon mit der Wahl unserer Unterkunft in der Ferienanlage „Villa Mare Monte“ an. In grüne Hügel eingekuschelt, liegt sie leicht oberhalb der Stadt in völliger Stille. Nachts kann man hier sehr schön den Sternenhimmel beobachten, tagsüber lockt vielleicht ein Bad im eigenen Pool nahe der Bar mitunter mehr als ein Ausflug ins quirlige Zentrum der Beachtown. Wer dann doch noch etwas mehr erleben möchte, kann eine der außergewöhnlichsten Naturschönheiten auf Kreta besuchen: Das Lasithi-Plateau.
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Die Höhle des Göttervaters
Hierbei handelt es sich um die größte Hochebene der Insel, die wegen ihres fruchtbaren Bodens bereits seit Jahrhunderten der Obst-und Gemüsekorb des Landes ist. Von der Vergangenheit zeugen hier noch zahlreiche alte Windmühlen, mittels derer die Einheimischen zu früheren Zeiten Grundwasser aus dem Boden zu Tage förderten. Heute sind sie vor allem ein schön anzusehendes Relikt einer Epoche, in der das Lasithi-Plateau auch stets ein Widerstandsnest gegen die zahlreichen Besatzer war, die die Insel über die Jahrhunderte unter ihrer Gewalt hatten.
Einmal über die Berge kommend auf der Hochebene angelangt, erstreckt sich hier eine schmale ringförmige Straße durch wie aus der Zeit gefallene Dörfer. Autofahrer müssen nicht selten anhalten, wenn mal wieder eine riesige Herde Schafe über den Asphalt getrieben wird. Das aber gibt Zeit, die tollen Ausblicke über die flache Weite des Plateaus zu genießen. Und irgendwo hier, versteckt in den Hügeln über dem Nest Psychro, liegt eine der größten Touristenattraktionen nicht nur nahe Malia, sondern von ganz Kreta. Die „Dikteón Ántron“. Eine Höhle, in der der griechischen Mythologie nach Göttervater Zeus geboren worden sein soll.
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Alte Dörfer und Bäume
Bereits seit Urzeiten eine Kultstätte, lockt sie auch heute noch Besucher in Scharen auf das Lasithi-Plateau. Spärlich ausgeleuchtet, herrscht in der Höhle eine geradezu mystische Atmosphäre. Dieses Privileg aber muss man sich mit einem etwa 20-minütigen Aufstieg verdienen. Eine Werbung weist darauf hin, dass man hinauf statt zu Fuß zu gehen auch ein Esel-Taxi nehmen könnte. Damit trüge man nicht nur zum Erhalt der bedrohten Wild-Esel bei, sondern nebenbei auch zur lokalen Wirtschaft. Wir gehen dennoch lieber zu Fuß, zumal die Esel bei unserem Besuch sowieso noch in der Winterpause waren.
Oben angekommen haben wir dann das Glück, die Höhle des Zeus für eine kurze Zeit nur für uns zu haben. Die Wände sind bewachsen mit archaischen Tropfsteinen und außer unseren Schritten ist nur das sporadische Platschen einzelner Wassertropfen zu hören. Eine Stille, die einen in der Phantasie wie auf einem Zeitstrahl Millionen von Jahre bis zum Ursprung dieses Ortes zurück blicken lässt. Ein natürlicher Tempel, einem Göttervater wahrlich angemessen. Ob der Feuchtigkeit in der Höhle und der sehr steilen Treppen ist bei allem Staunen aber auch immer eine gebührende Vorsicht beim Gehen geboten.
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Der Weg zurück nach Malia führt dann wiederum über malerische Dörfer wie Krasi. Dort steht mit der massiven Platane auf dem Dorfplatz einer der ältesten und beeindruckendsten Bäume der gesamten Insel. Ihr Stammumfang beträgt in etwa 20 Meter. Direkt daneben befindet sich ein alter Brunnen aus der Zeit der Venezianer auf Kreta. Vielleicht würde ich es jetzt nicht direkt empfehlen, aber ich habe aus ihm getrunken. Sein Wasser kommt direkt aus den Bergen. Wer möchte, kann auch vorher schon in dem Restaurant „Seli Ampelou“ essen, das eine tolle Aussicht auf das Lasithi-Plateau bietet. Vielleicht ist hier auch der Ort, um nicht nur in die Weite zu blicken, sondern auch zurück: Auf schöne erste Tage auf der Insel Kreta, und den Beginn eines unvergesslichen Urlaubs.