19. März 2019, 11:25 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Auf der Insel Mamula in der Adria wurden in einer Festung im Zweiten Weltkrieg von den italienischen Faschisten Menschen gefangen gehalten und getötet. Nun soll genau dort ein Luxushotel entstehen. Es hagelt Proteste – zurecht?
Ihre Lage: spektakulär. Ihre Vergangenheit: mehr als düster. Laut Medienberichten, unter anderem des „Telegraph“, konkretisieren sich die Pläne, die ehemalige Folter-Festung Mamula vor Montenegros traumhafter Küste in ein Luxus-Hotel umzuwandeln. Bereits 2016 war darüber berichtet worden, und bereits damals regte sich Protest. Denn in Mamula wurde systematisch gefoltert. Hier brachten italienische Faschisten schätzungsweise 130 Gefangene um.
Dementsprechend empört sind nun Hinterbliebene dieser Gefangenen wie auch lokale Kultur-Organisationen gleichermaßen – sie befürchten, die Geschichte der Insel könnte durch eine Privatisierung marginalisiert werden, und gleichzeitig würde fortan die Öffentlichkeit ausgesperrt. Ein trauriges Beispiel für diesen Spekulanten-Wahnsinn gibt es in Montenegro mit der Insel Sveti Stefan bereits: Das wunderschöne Eiland gehört heute der Hotelkette Aman, Privatpersonen ist der Zugang nur gegen eine deftige Gebühr erlaubt, die Nacht in einem Zimmer des Komplexes kostet in der Nebensaison unfassbare 800 Euro – mindestens.
Die Schweizer Firma OHM Mamula Montenegro investiert nun 15 Millionen Euro, um die ehemalige Gefängnis-Insel Mamula in ein Boutique-Hotel mit 34 Zimmern, einem Spa und einem eigenen kleinen Yachthafen umzwandeln. Dagegen wehrt sich die lokale Initiative „Bokobran“, die Protestschreiben bereits an die montenegrinische Regierung wie auch die UNESCO verfasst hat – die Bucht von Kotor, in der die Insel liegt, ist schon Weltkulturerbe. Sie fordern die Politiker auf, den bereits genehmigten Pachtvertrag über 49 Jahre noch einmal zu überdenken.
Vuk Čvoro, ein Sprecher der Gruppe, sagte dem „Telegraph“: „Wir finden diese Entwicklung unangemessen – schließlich wurden hier Menschen gefoltert.“ Die Planer des neuen Luxus-Komplexes halten in der selben Zeitung dagegen: „Die Entwicklung wurde sorgfältig durchdacht, um die alten Gebäude zu erhalten und sie gleichzeitig in ein hochklassiges Boutique-Hotel mit Spa zu verwandeln.“ Geplant sei eine „Galerie der Erinnerungen“ innerhalb des Ressorts, um der Opfer des faschistischen Terrors zu gedenken.
So soll das Hotel aussehen
Auf der Website mamulaisland.com wurden bereits 2016 detaillierte Entwürfe für das Luxushotel veröffentlicht, genauso wie ein digitales Moodboard mit Fotos, die den Architekten für die Einrichtung der Zimmer offenbar als Inspiration dienen sollen. Mittlerweile ist die Website mit einem Passwort geschützt.
Dort waren unter anderem Fotos von einem Doppelbett mit weißer Bettdecke zu sehen, dazu eine Dekoration mit Baumstämmen und alten Koffern. Die Badezimmer sollten laut den Fotos mit hellen Steinwänden, Doppelwaschbecken und Wasserhähnen, die direkt aus der Wand kommen, ausgestattet werden.
Wie die Entwürfe zeigen, soll die runde Form der Festung bestehen bleiben und entsprechend luxuriös ausgebaut werden. Dort, wo einst Gefangene in Baracken und Zellen teilweise zu Tode gefoltert wurden, sollen nun Schlafzimmer entstehen. Daran angrenzend wollen die Architekten einen Pool, eine Tanzfläche, Shops und Restaurants erbauen. Auch darf in einem Luxushotel ein Spa nicht fehlen. Die Zimmer mit Blick aufs Meer sollen VIP-Gästen vorbehalten sein.
Ein eigener Beachclub mit Strandabschnitt und Bootssteg ist ebenfalls geplant. Wie das Architekturbüro in seinem Blogeintrag schreibt, soll das Äußere der Festung komplett erhalten werden, gilt es doch als „eine der größten und besterhaltenen österreichischen Festungsanlagen an der Adria“ als eines der „beeindruckendsten architektonischen Sehenswürdigkeiten Montenegros“.
Über eine Brücke aus hellem Holz soll man das Hotel erreichen, das nach der Renovierung vielmehr einer romantischen Ritterburg ähnelt als einem ehemaligen Gefangenenlager, in dem Menschen gefoltert wurden.
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Empörung von Angehörigen
Genau deshalb hagelte es bereits 2016 Kritik. Vor allem Angehörige von Opfern, die hier umgekommen sind, empörten sich schon damals über das Bauvorhaben. Die Aktivistin und Bauingenieurin Olivera Doklestic, deren Vater, Großvater und Onkel auf Mamula inhaftiert waren, bezeichnete das Gefangenenlager in der Online-Ausgabe der Schweizer Zeitung „Tages-Anzeiger“ gar als KZ: „Auf der ganzen Welt ist noch kein Konzentrationslager zu einem Hotel umgebaut worden.“