19. Juni 2024, 11:41 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Peñón de Vélez de la Gomera ist der Name einer kleinen Halbinsel an Marokkos Mittelmeerküste, bestehend aus nicht viel mehr als einem rund 77 Meter hohen Felsen. Umso mehr gibt es darüber zu erzählen. Es handelt sich um eine spanische Enklave – und immerhin um die kürzeste Landesgrenze der Welt.
China ist das Land mit der längsten Grenze überhaupt, wie man einer Erhebung mit Stand 2020 auf Statista entnehmen kann. Diese erstreckt sich demnach über beachtliche 22.457 Kilometer, was umso deutlicher macht, wie besonders kurz eine andere zwischen Spanien und Marokko ist. Genaueres hierzu im Folgenden – und auch dazu, wie es zu dieser ungewöhnlichen Landesgrenze kommen konnte.
Spaniens verschiedene Landesgrenzen – darunter die kürzeste der Welt
Spanien grenzt an verschiedene Länder. Neben Portugal und Frankreich sind das auch der Zwergstaat Andorra und das britische Überseegebiet Gibraltar. Daneben trennen Spanien und das nordafrikanische Land Marokko gleich mehrere Grenzen etwa in den Städten Ceuta und Melilla. Die kürzeste liegt auf Peñón de Vélez de la Gomera – einer Halbinsel, die auch ein Felsen („Peñón“ ist das spanische Wort für Felsen) sowie eine spanische Enklave ist. Und: Jene Landbrücke zu Marokko ist gerade einmal rund 85 Meter lang.
Die Geschichte von Peñón de Vélez de la Gomera
Peñón de Vélez de la Gomera ist eine afrikanische Halbinsel im Mittelmeer, doch gehört zum spanischen Hoheitsgebiet. Mehr dazu kann man beim Geschichts-Blog „Territorios olvidados“ (etwa: „vergessene Territorien“) nachlesen. Erstmals 1508 war sie von Spanien eingenommen worden, woraufhin es immer wieder Streitigkeiten sowie kurzzeitige erfolgreiche Invasionen gegeben hatte. Seit 1564 konnte das Land Peñón de Vélez de la Gomera recht zuverlässig verteidigen. Damals war es übrigens noch eine Insel, also nicht wie heute eine Halbinsel, und mit der Ortschaft La Isleta verbunden. Ein Unwetter im Jahr 1934 hatte zu einer Trennung geführt. Spanien behielt die Landmasse auch über 1956 hinaus, als Marokko die staatliche Unabhängigkeit erlangte.
Territorialer Zwischenfall 2012
Ein zwischenzeitlicher – wenn auch sehr kurzer – Einfall sollte nicht unerwähnt bleiben. So haben im Jahr 2012 vier marokkanische Aktivisten im Namen des Comité de Coordinación para la Liberación de Ceuta y Melilla (Koordinierungsausschuss für die Befreiung von Ceuta und Melilla) den Felsen besetzt. Die spanische Tageszeitung „El Mundo“ hatte darüber berichtet. Es gelang den Männern, die dort gehisste spanische Flagge gegen die marokkanische auszutauschen – zumindest einige Minuten lang, bis sie von spanischen Streitkräften überwältigt wurden. Der territoriale Vorfall ging in die Geschichte ein.
Auch interessant: Wie gut kennen Sie sich mit den Ländergrenzen in Europa aus?
Peñón de Vélez fungiert als Grenze und Wachposten
Falls Sie sich jetzt fragen, wie die Truppen so schnell eingreifen konnten: Solche sind die einzigen derzeitigen „Bewohner“ von Peñón de Vélez de la Gomera. Auf der Touristik-Website Tripadvisor ist die Sehenswürdigkeit daher gar unter „Militärstützpunkte & -einrichtungen“ aufgeführt, und deren Besuch dort übrigens mehrheitlich positiv und als „interessant“ bewertet.
Allzu lang könnte man dort allerdings nicht verweilen. Deshalb werden die Posten der rund 60 Soldaten, die jeweils zeitgleich in als „bescheiden“ beschriebenen Unterkünften vor Ort leben, stets nach rund einem Monat durch neue Kollegen besetzt. Auf der Halbinsel gibt es keinen Zugang zu Strom oder fließend Wasser. Für die Versorgung der Truppen ist die spanische Marine zuständig.
Dagegen ist ein früher reges, doch nie ganz unproblematisches Leben auf Peñon de Velez de la Gomera belegbar dokumentiert. Auf der Website „El Reto Histórico“ wird speziell über die Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts von „ernsthaften Versorgungsschwierigkeiten, Wassermangel, Angriffen von Grenzgängern, Hungersnöten, Epidemien“ und einigem mehr berichtet, mit der Folge einer „langen Liste von Todesfällen“ im Verkauf der Geschichte.