10. Dezember 2023, 14:46 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Der kleine Ort Berlin in Nevada war zu Beginn des 20. Jahrhunderts für etwa 15 Jahre ein Eldorado für Glücksritter. Als man in einem Berg bei der Stadt Silber entdeckte, erlebte die heutige Geisterstadt einen kurzen, aber heftigen Boom. Dass Berlin aber auch heute noch ein Touristenmagnet ist, liegt an einem anderen „Bodenschatz“, der einen einzigartigen Einblick in die Erdgeschichte erlaubt.
Das Nye County im US-Bundesstat Nevada ist heute alles andere als das, was man als eine belebte Gegend bezeichnen würde. Auf einer Fläche von mehr als 47.000 Quadratmetern leben laut jüngsten Volkszählungen noch nicht einmal 55.000 Menschen, einige Orte hier sind bereits länger Geisterstädte, als sie überhaupt existiert haben. So auch das kleine Berlin, das einst als erfolgreichste Silber-Boomtown im sogenannten Silver State Nevada eine kurze Blütezeit erlebte. Doch der „Bodenschatz“, wegen dem heute Touristen hierher strömen, wurde erst nach dem Edelmetall-Rausch entdeckt.
Es ist der Mai des Jahres 1863, als Prospektoren nahe der Shoshone Mountains im sogenannten Union Canyon auf ein gewaltiges unterirdisches Silbervorkommen stoßen. Nur ein Jahr später hat man hier bereits die drei Orte Union, Grantsville und Ione hochgezogen und Stollen in die Berge gegraben, um den Rohstoff auszubeuten, wie die offizielle Tourismus-Seite „Travel Nevada“ berichtet. 1869 findet man erstmals auch im Berlin Canyon den begehrten Bodenschatz, doch eine Mine eröffnet hier erst 1896. Dieses Ereignis markiert auch die Geburtsstunde von Berlin, Nevada.
Boomtown mit Dame
Zu dieser Zeit kann noch niemand ahnen, dass der Traum vom schnellen Reichtum in Berlin nur 15 Jahre später schon wieder vorbei sein wird. Doch zunächst einmal boomt der Ort, der eigentlich nicht mehr ist als ein paar behelfsmäßig zusammengezimmerte Bretterbuden. Neben den Minenarbeitern kommen Holzfäller und Köhler, es gibt sogar einen Doktor und eine Krankenschwester. Eine Dame für ganz besondere, nun ja, Bedürfnisse, hat ebenfalls ihren Weg hierher gefunden. Bei bis zu 250 hauptsächlich männlichen Einwohnern, die Berlin auf seinem Höhepunkt zählte, dürfte sie ein erkleckliches Leben geführt haben.
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Knapp fünf Kilometer Stollen graben die Glücksritter von Berlin in die Berge, fördern so Silber im heutigen Gegenwert von mehr als zwei Millionen Dollar zutage. 1898 kauft die Minengesellschaft Nevada Company sämtliche bestehenden Schächte und umliegenden Claims, also die Gebietsansprüche. Der Ort erlebt daraufhin nochmals einen Boom an Popularität. Doch bereits um 1908 wird klar, dass das Silber unter Berlin schon sehr bald versiegen würde. Die Fördermengen nehmen in der Folgezeit rasch ab, bereits 1911 ist das Ende besiegelt.
Spektakulärer als Silber
In diesem Jahr arbeitet die Silbermühle zum letzten Mal, und schon bald ist Berlin eine klassische Geisterstadt, wie es sie besonders in Nevada heute zahllos gibt. Die Ansammlung von Gebäuden verfiel rapide. Heute würde es den Ort vermutlich gar nicht mehr geben, hätte man nicht schon wenig später dort einen Fund gemacht, der sich als noch sehr viel spektakulärer als das Silber erweisen sollte. Einen Fund, der heute den zahlreichen Besuchern des Berlin-Ichtyosaur State Park einen direkten Blick in die Vergangenheit unserer Erdgeschichte erlaubt.
Denn wie die offizielle Seite des Parks berichtet, entdeckte der Paläontologe Dr. Siemon Muller 1928 eine durch die Gezeiten erodierte Fläche in den Hügeln über Berlin. Und hier fand er als erster Überreste der gewaltigen Fischsaurier-Art Ichtyosaurus, die vor 225 Millionen Jahren in der Gegend des heutigen Nevada lebte. Damals bedeckte ein Urmeer die Fläche, die heute Wüste ist, und in der Orte wie Berlin liegen. 1954 begannen erste offizielle Ausgrabungen, bereits 1957 wurde das Areal dann das Schutzgebiet erklärt.
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Eine Geisterstadt lebt auf
Bis heute hat man fast 40 dieser Fischsaurier-Skelette freigelegt, darunter auch das größte jemals entdeckte Exemplar dieses Meeresdinos, wie „WELT“ berichtet. Berlin gilt zudem als eine der am besten erhaltenen Geisterstädte in Nevada überhaupt, weshalb der Park einen regen Besucherzufluss genießt. Das Gelände ist das ganze Jahr über für Besucher geöffnet und kostenlos betretbar. Allerdings fällt eine Parkgebühr von 5 Dollar an, 10 Dollar für Autokennzeichen außerhalb von Nevada.
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Wer in Berlin campen möchte, zahlt pro Nacht 15 bzw. 20 Dollar je nach Kennzeichen. Ein Hotel oder andere Unterkünfte gibt es nicht. Gäste können ein Fossilien-Besucherzentrum besichtigen und/oder an einer geführten Tour in die Diana-Mine teilnehmen, wo man einst das Silber förderte. Im Übrigen lebt heute mit einem Parkranger zumindest eine Person wieder zeitweise in Berlin. Und so ist diese kleine Geisterstadt auch mehr als hundert Jahre nach ihrem Ende noch nicht tot, sondern sehr lebendig.