13. Januar 2021, 6:36 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Kaum zu glauben: China hat nur eine Zeitzone, die „Peking-Zeit“. Das hat historische Gründe. Aber es gibt inoffizielle Ausnahmen.
Das viertgrößte Land der Welt erstreckt sich auf etwa 5200 Kilometer von Ost nach West, trotzdem gilt überall die „Peking Zeit“. Die USA sind von Küste zu Küste (vom Atlantik zum Pazifik) mit 4506 Kilometern von Ost nach West kleiner, haben aber vier Zeitzonen. Wie also kann ein so großes Land wie China mit nur einer Zeitzone funktionieren?
Wer von China ins benachbarte Afghanistan reist, muss die Uhr um dreieinhalb Stunden zurückstellen. Abgesehen von dem Sprung an der Datumsgrenze ist das der größte Zeitsprung an einer Grenze weltweit. Das hat Folgen: In der chinesischen Grenzregion Xinjiang geht die Sonne im Sommer erst um Mitternacht unter, im Winter ist es morgens bis 10 Uhr dunkel.
Die inoffizielle Zeit
An die „Peking-Zeit“ müssen sich auch Provinzen wie Xinjiang halten, die tausende Kilometer von der Hauptstadt entfernt im Westen liegen. „Früher, während der Kulturrevolution in den 60er und 70er Jahren, hatte in China kaum jemand eine Uhr“, erklärt Zhang Hong, Soziologe an der Shanghaier Tongji-Universität dem „Deutschlandfunk“. „Die übers Radio angesagte Zeit war damals entscheidend. Und dieser eine Satz: ‚So und so viel Uhr Peking-Zeit‘ – das war ein symbolisch enorm wichtiger Satz für den zentralistischen Alltagsanspruch der Staats- und Parteiführung. Egal ob im Osten, Westen, Süden oder Norden: Ganz China tickt wie Peking.“
Einige Provinzen im Westen des Landes, besonders Xinjiang und Tibet, benutzen inoffiziell trotzdem ihre eigene Uhrzeit. Alle Busse und Zugfahrpläne, sowie amtliche Zeitangaben sind in „Peking-Zeit“ angegeben, Viele unterscheiden aber zusätzlich noch in die „echte Zeit“. In Xinjiang z. B. verwenden die Uiguren eine Zeit, die zwei Stunden hinter der „Peking-Zeit“ liegt.
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Warum China seine Zeitzonen abschaffte
Vor rund 70 Jahren hatte China fünf Zeitzonen. Das wurde 1912 in einer Zeit beschlossen, die für das Land mit Aufbruch verbunden war, da die letzte chinesische Dynastie zu Ende ging. Diese neue Zeit sollte man auch an den Uhren erkennen können. Doch die Zeitzonen setzten sich nicht durch und 1949 schaffte Mao Zedong, der ehemalige Diktator des Landes, sie wieder ab. Ein Land brauche eine Uhrzeit, meinte Mao.
Weltweit gibt es 12 Zeitzonen, pro 15 Grad Längengrad-Differenz verschiebt sich die Zeit. Allerdings gibt es Ausnahmen, sodass ein neuer Längengrad nicht immer genau nach genau 15 Grad anfängt.
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Gescheiterter Versuch, Sommerzeit einzuführen
Selbst im Sommer und Winter wird die Uhr in China nicht umgestellt. 1986 unternahm die Regierung den Versuch, die Sommerzeit einzuführen, um Strom zu sparen. Doch bereits nach fünf Jahren wurde der Beschluss wieder Rückgängig gemacht. Die Provinzen im Westen des Landes hatten sowieso schon Probleme, nach der Pekinger Zeit zu leben. Aber auch die südchinesische Provinz Guangzhou an der Grenze zu Hongkong weigerte sich, die Umstellung konsequent durchzusetzen, weil die Arbeiter zu müde sein, wie die Behörden mitteilten.
So wird China wohl noch weiterhin nach einer Zeit leben, die für Millionen Menschen im Land keinen natürlichen Rhythmus ermöglicht. Was die Sommerzeit angeht, geht die EU aber einen ähnlichen Weg wie China und will sie abschaffen. 2021 soll auch hierzulande das letzte Mal auf Sommer- oder Winterzeit umgeschalten werden. Ob das aber auch wirklich durchgesetzt wird und welche der beiden Zeiten am Ende bleiben wird, steht noch nicht fest.