6. November 2024, 17:30 Uhr | Lesezeit: 12 Minuten
Horrornachrichten über Drogenkartelle, Gewalt, Morde und Co. machen immer wieder die Runde und werfen ein insgesamt schlechtes Licht auf Südamerika. So fragen sich Urlauber nicht selten, ob eine Reise auf den Kontinent überhaupt sicher ist. Doch längst nicht jedes Land gilt als gefährlich. TRAVELBOOK zeigt in dieser Übersicht, wo es in Südamerika am sichersten ist.
Einmal in den Sog argentinischer Tänzer gezogen werden, einmal die faszinierenden Landschaften in den schwindelerregenden Höhen Patagoniens sehen, einmal das kunterbunte Treiben des brasilianischen Karnevals miterleben. Das sind nur drei Gründe für Reisen nach Südamerika. Denke ich an Argentinien, Peru, Brasilien, Chile und Co. fallen mir etliche weitere ein, jeder für sich Grund genug für einzelne Reisen oder, besser noch, alle zusammen für einen gleich sehr langen Aufenthalt auf dem südamerikanischen Kontinent.
Doch Südamerika ist nicht nur bunt, faszinierend und lebensfroh. Südamerika ist auch Heimat etlicher Drogenkartelle und Banden, Hort von Schießereien und Morden. Was vielleicht in Serien wie „Narcos“ und Co. widerwillig Faszination auslöst, ist für mich wie andere Reisende immer wieder Anlass zu der Frage, wie sicher Südamerika eigentlich ist.
Die Antwort ist so einfach wie vielschichtig: Südamerika ist nicht gleich Südamerika. Der Kontinent lässt sich nicht einfach so über einen vor Gewalt und Gefahr strotzenden Kamm scheren. Südamerika besitzt zwölf Länder und die sind verschieden. Auch verschieden sicher oder unsicher.
Übersicht
Südamerika ist 2024 unsicherer geworden
Der aktuelle Global Peace Index, kurz GPI, des Institute for Economics and Peace gibt neben einem guten Einblick über die aktuelle Situation des Friedens in der Welt (TRAVELBOOK berichtete) auch einen guten regionalen Überblick. Demnach steht Südamerika als Ganzes aktuell im Mittel der Weltregionen, auf Platz fünf von neun.
Auf der Friedlichkeitskarte sieht der Kontinent aktuell so aus:
Laut dem Global Peace Index ist Südamerika die Region, die im vergangenen Jahr im weltweiten Vergleich am zweitmeisten an Friedlichkeit eingebüßt hat. Laut den Autoren gab es mehr Morde, mehr politisch motivierten Terror und intensivere interne Konflikte. In sieben der elf Länder (Suriname wird im GPI ausgeklammert) habe sich die Situation verschlechtert. Dagegen hat sie sich in drei Ländern verbessert und blieb in einem unverändert.
Das sind die sichersten Länder in Südamerika
Argentinien
Argentinien ist laut den Erhebungen des Global Peace Index‘ das sicherste Land Südamerikas. Dort steht das Land im weltweiten Vergleich auf dem 47. Platz und damit als einziger Südamerikaner in den Top 50. Und, Argentinien ist im letzten Jahr ein bisschen sicherer geworden. „Der friedliche Machtübergang nach der Wahl des neuen Präsidenten Javier Milei im Oktober 2023 führte zu einer Verbesserung des Indikators für politische Instabilität“, heißt es im GPI – und das „trotz vorwahlbedingter Bedenken“. Seitdem gingen in dem südlich gelegenen südamerikanischen Land die Zahl der Morde zurück, ebenso wie die der Auswirkungen durch Terrorismus. Zugleich verschlechterte sich jedoch die Wahrnehmung der Kriminalität.
Die Kriminalität in Argentinien greift auch das Auswärtige Amt in seine Reisehinweisen auf. Demnach ist die Rate weiterhin „recht hoch“. Immer wieder komme es zu Überfällen, teils unter Gewaltanwendung, auch tagsüber und in gehobeneren Gegenden. Besonders nach Anbruch der Dunkelheit sollten Reisende vorsichtig sein. Neben Übergriffen und Diebstählen besteht in Argentinien auch das Risiko vereinzelt gewalttätiger Ausschreitungen, auch wegen des harten Kurses, den Milei in seinem Land fährt. Zudem kann es Gefahr durch Erdbeben geben. Für alle, die mit ihrem gleichgeschlechtlichen Partner nach Argentinien reisen möchten, ist das Land übrigens ein sicheres Reiseziel. Gleichgeschlechtliche Partner- sowie Elternschaften sind rechtlich nicht nur möglich, auch die Toleranz in der Bevölkerung ist hoch.
Auch Sven Leidel, Experte für Auslands- und Reisesicherheit, zählt Argentinien zu den sichersten Ländern des Kontinents, wenn auch nicht an erster Stelle. Er sagte gegenüber TRAVELBOOK: „In den Touristenzentren Argentiniens wie Buenos Aires, Mendoza und Patagonien herrscht relative Sicherheit. Gewaltverbrechen sind selten, die Polizei ist gut präsent. Eine gut ausgebaute Infrastruktur macht Reisen unkompliziert und angenehm.“
Uruguay
Das laut dem GPI zweitsicherste Land Südamerikas ist Argentiniens östlicher Nachbar Uruguay. Das steht im GPI auf Platz 52. Dort hat sich die Situation im Vorjahr laut den GPI-Daten nicht verändert. Aktuell ist das Land jedoch mit schweren Regenfällen, die zu Überschwemmungen und Erdrutschen führen, beschäftigt. Hinsichtlich der Kriminalitätsrate schreibt das Auswärtige Amt in seinen Reisehinweisen, dass es besonders in der Hauptstadt Montevideo einen „spürbaren Anstieg“ gegeben habe. Hier kommt es vor allem zu Raubüberfällen und Diebstählen, etwa in Restaurants und bestimmten Teilen der Altstadt, häufig auch mit Waffengewalt.
Überaus positiv, auch im südamerikanischen Vergleich, zeigt sich Uruguay übrigens in Sachen LGBTQ+. So schreibt etwa das Auswärtige Amt: „Uruguay hat als erstes südamerikanisches Land gleichgeschlechtliche Ehen anerkannt. Die Toleranz gegenüber LGBTIQ ist hoch.“
Laut Leidel gilt Uruguay sogar als „sicherstes Land Südamerikas“. Er erklärt, „geringe Kriminalitätsraten und eine stabile politische Lage“ sorgten für ein „entspanntes Umfeld“. Gerade die Lage in der Hauptstadt Montevideo schätzt der Reisesicherheitsexperte weit weniger gravierend ein, als in den Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amts beschrieben. Er erklärt, Montevideo sowie Küstenorte wie Punta del Este seien „besonders sicher und gut entwickelt“.
Chile
Chile ist nicht ganz so sicher wie Argentinien oder Uruguay, zählt aber dennoch zu den sichersten Ländern in Südamerika. In der regionalen Liste des GPI steht das Land auf Platz drei, im weltweiten Vergleich auf Platz 64. Allerdings hat sich die Situation in Chile im vergangenen Jahr verschlechtert.
Aktuell sind es besonders „unkontrollierbare Waldbrände und Buschfeuer“, die das Land beschäftigen. Das Auswärtige Amt rät daher dringend von Reisen in die betroffenen Regionen ab. Auch innenpolitisch ist die Lage in Chile zur Zeit angespannt und unbeteiligte Urlauber können mitunter in Gefahr geraten, etwa bei Anschlägen radikaler Aktivisten. Vorsicht walten lassen sollten Urlauber außerdem, wenn es um Besuche ärmerer Gegenden, nächtliche Spaziergänge oder Menschenansammlungen geht. Kleinkriminalität wie Taschendiebstähle und Co. sind an der Tagesordnung, teils unter Gewaltanwendung. Außerdem kommt es zu Einbrüchen in und vorgetäuschten Schäden an Mietwagen.
Leidel sagt, Chile habe „eine stabile Regierung und niedrige Kriminalitätsraten“. Zwar gebe es Erdbeben, die Behörden seien jedoch vorbereitet. „Santiago, Valparaíso und die Naturparks gelten als sichere Reiseziele mit guter Infrastruktur“, weiß der Reisesicherheitsexperte.
Mittlere Sicherheit in Peru, Bolivien, Ecuador und Paraguay
Uneins sind sich Reisesicherheitsexperte und GPI bei den mittleren Rängen der sichersten Länder Südamerikas, wobei anzumerken ist, dass der GPI sich nicht allein auf Erfahrungen für Urlauber beschränkt, Leidel aber schon. Im GPI steht Bolivien in Südamerikas Sicherheits-Ranking auf Platz vier, mit einem weltweiten 68. Platz. Paraguay steht auf dem fünften beziehungsweise global 73. Rang. Sven Leidel nennt in seiner Liste der fünf sichersten Urlaubsländer in Südamerika hingegen Teile Perus und Ecuadors.
Peru
Zu Peru erklärt Leidel: „Perus touristische Regionen wie Cusco und Machu Picchu gelten als sicher.“ Die Sicherheitskräfte seien auf den Schutz von Reisenden vorbereitet. Vorsicht sei jedoch hinsichtlich Taschendiebstahl in überfüllten Bereichen ratsam. Zugleich erklärt er Peru auch zu einem der gefährlichsten Länder Südamerikas: „In ländlichen Gebieten Perus wie dem VRAEM-Tal gefährden kriminelle Gruppen und Koka-Anbau die Sicherheit“, weiß Leidel. Generell könne die Sicherheit in abgelegenen Gebieten wegen teils schwacher Infrastruktur und Polizei geringer sein. Außerdem seien „in touristischen Städten wie Lima und Cusco Überfälle und Diebstähle an der Tagesordnung.“ Laut dem Global Peace Index verzeichnete Peru allerdings „die größte Verbesserung der Friedlichkeit in der Region“. Erstmals seit 2020 sei es unter den 100 friedlichsten Ländern.
Ecuador
In Ecuador hält der Experte vor allem die Galapagos-Inseln, Quito und Cuenca für „relativ sichere“ Reiseziele. Die Polizei sorge in touristischen Gebieten für Sicherheit. In Städten wie Quito und Guayaquil steige hingegen die Kriminalität, insbesondere durch Drogenhandel und organisierte Kriminalität. „Überfälle und Taschendiebstähle sind in touristischen Gegenden häufig, besonders in Gegenden mit geringer Polizeipräsenz“, sagt Leidel.
Laut den Autoren des GPI verzeichnete Ecuador „die größte Verschlechterung in der Region und die zweitgrößte Verschlechterung weltweit.“ Die Entwicklung sei „durch einen erheblichen Anstieg von drogen- und bandenbezogener Gewalt verursacht (worden), was zu einer Verschlechterung der Mordrate, der politischen Terror-Skala, der Intensität interner Konflikte und der Indikatoren für geführte interne Konflikte führte“, heißt es in dem Friedlichkeits-Index. Die Mordrate wird aktuell auf 45 pro 100.000 Menschen geschätzt. Über 70 Prozent der Ecuadorianer berichten laut dem GPI, „dass sie sich nachts in ihren eigenen Städten oder Stadtteilen nicht sicher fühlen.“
Die sichersten und unsichersten Länder Südamerikas laut GPI*
1. Argentinien (Platz 47)
2. Uruguay (Platz 52)
3. Chile (Platz 64)
4. Bolivien (Platz 68)
5. Paraguay (Platz 73)
6. Peru (Platz 99)
7. Guyana (Platz 111)
8. Ecuador (Platz 130)
9. Brasilien (Platz 131)
10. Venezuela (Platz 142)
11. Kolumbien (Platz 146)
*Surinam fehlt in der Liste des GPI
Die gefährlichsten Länder in Südamerika
Neben den genannten Teilen Perus und Ecuadors zählt Sven Leidel drei weitere Urlaubsländer zu den gefährlichsten Südamerikas: Venezuela, Brasilien und Kolumbien.
Brasilien ist aus etlichen Gründen ein beliebtes und überaus spannendes Reiseziel. Als sicher gilt es jedoch nicht. „Großstädte wie Rio und São Paulo verzeichnen hohe Kriminalitätsraten“, sagt der Reisesicherheitsexperte und Autor. Entführungen und Überfälle würden jedoch vor allem in Favelas und abgelegenen Vierteln vorkommen. Die Sicherheitslage sei allerdings oft angespannt, besonders bei Nacht und in sozial schwachen Gegenden, wo die Polizei nicht immer präsent sei.
Venezuela zähle generell zu den gefährlichsten Ländern des Kontinents, erklärt Leidel. Im GPI steht das Land regional auf dem zehnten und global auf dem 142. von 163 Plätzen. „Politische Unruhen, Armut und wirtschaftliche Instabilität sorgen für eine hohe Kriminalität, Gewaltverbrechen, Entführungen und Überfälle sind weit verbreitet und selbst in touristischen Gegenden ist Vorsicht geboten“, warnt der Reisesicherheitsexperte. Außerdem sei die Gesundheitsversorgung „stark eingeschränkt“.
Kolumbien habe sich dagegen gebessert, bleibe aber ausgeprägt risikobehaftet. „In ländlichen Regionen und an der Grenze zu Venezuela herrschen kriminelle Aktivitäten und Drogenhandel“, erklärt Leidel. Außerdem seien Überfälle und Taschendiebstähle in Medellín und Bogotá „keine Seltenheit“. Der Reiseexperte erklärt: „Auch der Tourismus bleibt von Kriminalität betroffen.“ Auch im regionalen wie globalen Vergleich steht Kolumbien schlecht da. Laut GPI bleibt es „das am wenigsten friedliche Land in Südamerika im vierten Jahr in Folge.“ Kolumbien steht im GPI auf Platz 146.
Grundsätzlich besteht laut Reisesicherheitsexperte Leidel auch für Urlauber „in manchen Regionen eine große Gefahr zwischen die Fronten rivalisierender Banden, Gruppen und Kartelle zu geraten und als Kollateralschaden beeinträchtigt zu werden.“
Sind Urlaube in Südamerika sicher?
Neben den drei sichersten südamerikanischen Ländern gibt es einige weitere, die bei Reisenden beliebt sind und auf so mancher Sehnsuchtsliste weit oben stehen. Dazu gehören etwa Peru mit seinem Machu Picchu, Brasilien mit seinem Amazonas und Karneval und Kolumbien mit seinen Kaffeeplantagen und seiner Kartellgeschichte. Alle drei stehen auf den hinteren Plätzen im weltweiten Friedlichkeitsvergleich. Keines dieser Länder kann vorbehaltlos als sicher eingestuft werden. Reisen sind jedoch trotzdem möglich.
Das Auswärtige Amt hat für kein südamerikanisches Land eine Reisewarnung herausgegeben. Nicht einmal für Kolumbien, das als unsicherstes Land Südamerikas gilt und Teil der 20 gefährlichsten Länder der Welt ist. In jedem südamerikanischen Land kann man Urlaub machen und die vielen Schätze entdecken, die die faszinierenden Länder und Kulturen zu bieten haben. Urlauber sollten schlichtweg vorsichtig sein und sich die Reise gut überlegen. Das bedeutet, sich besonders vor der Reise gut zu informieren, wo was gut geht und in welche Regionen man nicht fahren sollte oder nur in Begleitung von Reiseführern, -gruppen und Co. Das bedeutet angesichts der hohen Raten an Diebstählen und Co. vielleicht auch, die diversen technischen Gerätschaften, Schmuckstücke etc. auf ein absolut benötigtes Minimum zu reduzieren oder nur Dinge mitzunehmen, deren Verlust leicht zu verkraften ist. Das persönliche Gefahrengefühl kann jedoch jeder nur für sich selbst einschätzen und so schließlich entscheiden, ob er oder sie trotzdem, erst recht oder lieber doch nicht nach Südamerika reist.
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Tipps für Reisen in Südamerika
Wer sich für eine Reise nach Südamerika entscheidet, sollte laut Sven Leidel auf einige Dinge achten, um die Reise so sicher wie möglich zu gestalten. Das sind die Tipps des Reisesicherheitsexperten:
In die ELEFAND-Liste eintragen
Die ELEFAND-Liste des Auswärtigen Amts ermöglicht es deutschen Staatsbürgern, im Krisenfall schnell kontaktiert zu werden. Die Botschaft kann so Informationen übermitteln oder Evakuierungen planen. Die Registrierung erfolgt online und ist freiwillig und kostenfrei.
Reisen bei Dunkelheit vermeiden
Überfälle sind nachts häufiger. Versuchen Sie, nur tagsüber zu reisen und meiden Sie gefährliche Gegenden nach Einbruch der Dunkelheit.
Nur seriöse Transportmittel nutzen
Nutzen Sie registrierte Taxis oder Fahrdienste. Vermeiden Sie ungesicherte Transportmittel und achten Sie in Bussen auf Ihre Wertsachen.
Wertgegenstände nicht zur Schau stellen
Verzichten Sie auf auffälligen Schmuck und große Bargeldbeträge. Lassen Sie Wertsachen im Hotel-Safe und tragen Sie nur das Nötigste bei sich, um Diebstahlrisiken zu minimieren.
Gut informiert bleiben
Informieren Sie sich über aktuelle Reisehinweise des Auswärtigen Amts und regionale Nachrichten. Die Sicherheitslage kann sich schnell ändern, daher ist es ratsam, immer auf dem Laufenden zu bleiben.