4. März 2023, 14:37 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Die Tempel von Abu Simbel gehören zu den beeindruckendsten Zeugnissen der Pharaonen-Herrschaft in Ägypten. Der Komplex ist ein derart großer Touristenmagnet, dass er sogar einen eigenen Flughafen hat. Dabei wäre er in den 1960er-Jahren fast für immer verschwunden. Durch eine in der Weltgeschichte wohl einzigartige Rettungsaktion konnte das heutige Welterbe jedoch bewahrt werden.
Die zwei monumentalen Tempel von Abu Simbel im Süden Ägyptens sind einer der wichtigsten Kulturschätze des Landes, und nach den Pyramiden von Gizeh auch dessen größter Touristenmagnet. Einst erbaut von einem mächtigen Pharao, überdauern die Tempel seit mehreren Jahrtausenden als Zeugnis einer unvergleichlichen Blütezeit, die das Land am Nil damals erfuhr. Doch dass es sie heute überhaupt noch gibt, grenzt mehr oder weniger an ein Wunder. Denn eigentlich waren sie durch ein neues Megaprojekt der Moderne sprichwörtlich dem Untergang geweiht. Was dann folgte, war wohl eine der spektakulärsten Rettungsaktionen aller Zeiten.
Der Seite „World History“ zufolge entstehen die Tempel von Abu Simbel irgendwann zwischen 1264 und 1224 vor Christus. Der genaue Zeitraum ist unter Historikern umstritten, zweifelsfrei aber gab sie der gottgleiche Pharao Ramses II. in Auftrag. Sie sollen seine Allmacht und die Stärke Ägyptens symbolisieren, das sich in diesem Zeitraum zu einem Imperium aufschwingt. Feinde wie die Hethiter und die Nubier hatte der Pharao in zahlreichen epischen Kämpfen unterworfen, zum Beispiel bei der Schlacht von Kadesh 1274. Die zwei Tempel könnten als Andenken an diesen Sieg in Auftrag gegeben worden sein.
20 Jahre Bauzeit
Ebenfalls bekannt ist, dass der Bau der Tempel von Abu Simbel sich über einen Zeitraum von 20 Jahren erstreckt. Ramses II. schenkt damit vor allem sich selbst ein Monument, das auch noch mehrere tausend Jahre später an ihn erinnert. Den größeren, 30 Meter hohen und 35 Meter langen Tempel von Abu Simbel schmücken vier kolossale, 20 Meter große Steinfiguren, die den Pharao darstellen. Darunter befinden sich zahlreiche kleinere Statuen, die sowohl Ramses‘ Familie als auch seine besiegten Feinde zeigen. Gewidmet ist der Tempel den Gottheiten Amun, Ptah und Ra-Horakty, sowie natürlich Ramses selbst und auch seiner Haupt-Frau Nefertari. Im Inneren des Tempels sind die Beiden auf zahlreichen Reliefs bei der Anbetung der Götter dargestellt. Andere Wandbilder zeigen den Sieg von Ramses bei der Schlacht von Kadesh.
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Nebenan befindet sich der kleinere der Tempel von Abu Simbel. Nur 12 Meter hoch und 28 Meter lang, wird er von sechs Steinkolossen bewacht, jeder von ihnen zehn Meter hoch. Neben vier Figuren, die Ramses darstellen, gibt es auch zwei für seine Frau Nefertari. Ihre Wichtigkeit zeigt sich dadurch, dass sie in der gleichen Größe wie ihr göttlicher Gemahl dargestellt ist. Zudem ist der Tempel ausdrücklich Nefertari gewidmet. Erst einmal zuvor in der Geschichte Ägyptens hatte es das gegeben, Frauen galten in der Regel eher als schönes Beiwerk zur strahlenden Macht ihrer Gatten. In diesem Tempel sind der Pharao und seine Frau dabei zu sehen, wie sie der Göttin Hathor huldigen.
Plünderung und Beinahe-Untergang
Im Laufe der Geschichte jedoch versinkt das mächtige Pharaonenreich sprichwörtlich im Wüstensand, und die Tempel von Abu Simbel geraten für mehrere Jahrtausende in Vergessenheit. Erst 1813 entdeckt sie der Schweizer Johann Ludwig Burkhardt als erster wieder. Bis zu den Hälsen der gewaltigen Statuen sind die Tempel zu diesem Zeitpunkt mit Sand bedeckt, und so werden sie erst vier Jahre später das erste Mal seit Menschengedenken wieder begangen. Der Italiener Giovanni Battista Belzoni spielt dabei aber eine eher unrühmliche Rolle, denn statt die Tempel zu erforschen, plündert er sie schamlos. Aus dieser Zeit stammt aber wohl auch der Ursprung des Namens der zwei Tempel. Demnach hieß der einheimische Junge, der entweder Burkhardt oder Belzoni zu der Kultstätte führte, eben Abu Simbel.
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Doch dass auch heute noch jedes Jahr Millionen von Touristen dieses Welterbe genießen können, grenzt eigentlich an ein Wunder. Denn Anfang der 1960er-Jahre nehmen Pläne für ein anderes, modernes Megaprojekt konkrete Form an. Die ägyptische Regierung plant für den Bau des Assuan-Staudamms die Überflutung weiter Flächen – auch der, auf denen die Tempel von Abu Simbel stehen. Was nun folgt, ist eines der wohl gewagtesten Mammut-Projekte aller Zeiten. Unter der Federführung der Unesco beteiligen sich mehr als 50 Länder (finanziell) daran, die Monumente vor dem sprichwörtlichen Untergang zu bewahren.
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Das Monument mit eigenem Flughafen
Dafür werden die Tempel von Abu Simbel tatsächlich Stein für Stein abgebaut und versetzt. Die neue Stelle liegt 65 Meter höher als die alte, der „Umzug“ dauert vier Jahre und kostet etwa 40 Millionen Dollar. Sogar einen neuen Berg baut man hinter die Tempel, damit es, wie ursprünglich, so aussieht, als seien sie in den Stein gehauen. Zudem gleicht die Ausrichtung exakt der der alten Position, was sich auch heute noch zweimal im Jahr auf beeindruckende Weise beobachten lässt. Jeweils am 21.Februar sowie am 21.Oktober fällt die Sonne nämlich so auf den Tempel, dass ihre Strahlen durch das große Portal dringen und die Statuen von Ramses und dem Gott Amun beleuchten.
1979 wurden die Tempel von Abu Simbel von der Unesco dann zum Welterbe ernannt. Jeden Tag besuchen heute hunderte Touristen das Monument, an den speziellen oben genannten Tagen sind es tausende. Laut der Seite „Introducing Egypt“ sind die Tempel im Zeitraum Oktober-April täglich von 6-17 Uhr geöffnet, von Mai-September von 6-18 Uhr. Demnach ist es bei Besuchern auch beliebt, den Sonnenaufgang über der Wüste bei Abu Simbel zu sehen. Der Seite zufolge kostet der Eintritt aktuell umgerechnet 4,90 Euro für Erwachsene. Diese Angaben variieren jedoch auf anderen Webseiten zum Teil stark. Besucher erreichen das Welterbe entweder per Reisebus, Boot oder gar mit dem Flugzeug. Die Kultstätte ist so populär, dass sie ihren eigenen Flughafen hat. Welches über 3000 Jahre alte Bauwerk kann das schon von sich sagen?