22. Juli 2024, 11:16 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Unsere Autorin hat zum ersten Mal seit Jahren einen längeren Urlaub in Frankreich verbracht und war dabei trotz Vorbereitung noch über einiges verblüfft. Was sie positiv und auch negativ überrascht hat – und worauf Sie im Urlaub achten sollten.
Frankreich, das Land des Weins und Käses und der Liebe. In den vergangenen Wochen habe ich einige Orte von Norden bis Süden bereist, von Paris über Lyon bis nach Marseille. Schon im Sommer begann ich mit der Vorbereitung, abonnierte Reise-Accounts auf Instagram, suchte mir interessante Orte zum Besichtigen aus, las zahlreiche Blog-Beiträge und hatte natürlich auch einige Reiseführer im Gepäck. So dachte ich, ich wäre gut auf meinen Urlaub in Frankreich vorbereitet. Doch trotz des Vorwissens haben mich noch einige Dinge überrascht. Hier sind fünf Dinge, die ich gerne vor meiner Reise gewusst hätte.
Übersicht
1. Essen: Vegetarisch? Grand problème
Frankreich ist, wie eingangs bereits erwähnt, natürlich für seinen Käse bekannt. Den gibt es auch im kleinsten Supermarkt en masse. Aber auch Fleisch und Fisch in allen Variationen gehören für die Franzosen zu fast jeder Mahlzeit dazu und sind Basis vieler französischer Spezialitäten. In den Restaurants ist es kaum möglich, ein Gericht ohne „Tier“ zu finden, selbst in den meisten Salaten ist Geflügel, Speck oder Thunfisch. Für Veganer wird die Ernährung allerdings noch schwieriger.
Produkte ohne tierische Herkunft sind rar gesät. So gibt es beispielsweise selbst in Großstädten wie Paris oder Marseille (der zweitgrößten Stadt Frankreichs) nur in sehr wenigen Cafés Milchersatz wie Soja- oder Mandelmilch. Für viele Deutsche, wie auch mich, ist das zunächst sehr befremdlich.
Hintergrund ist, dass in Frankreich der Anteil der Vegetarier und Veganer deutlich geringer ist als hierzulande. So zeigt eine Studie von Statista, dass in Deutschland 2020 4,4 Prozent Vegetarier und 3,2 Prozent Veganer waren – in Frankreich war es mit 1,1 und 0,9 jeweils mehr als ein Drittel weniger.
2. Straßenverkehr: Macht den Mutigen
Die ersten Tage im Urlaub war ich verwirrt – denn es gibt in Frankreich Zebrastreifen, an denen nie ein Auto von selbst hält und es gibt Ampeln, über die die Franzosen stets über rot laufen. Irgendetwas schien hier ganz anders als in Deutschland zu laufen. Tatsächlich ist das Verkehrsrecht in Frankreich erst vor einigen Jahren dem deutschen hinsichtlich der Zebrastreifen-Regelungen angepasst worden. Bis 2011 galt an Fußgängerübergängen, dass Autos nur halten müssen, wenn sich ein Fußgänger bereits auf besagtem Weg befindet. Man musste also „einfach“ die Straße betreten.
Da diese Regelung einiges an Mut erfordert und auch eher unsicher ist, wurde sie vor knapp zehn Jahren angepasst und gewährt nun Fußgängern in jedem Fall das Vorrecht. Vor einigen Jahren wurde sie sogar noch verschärft, seitdem haben Fußgänger überall und sogar an roten Ampeln Vorrecht, insofern sie ersichtlich machen, dass sie die Straße überqueren wollen. Wird dieses Vorrecht nicht gewährt, drohen den Autofahrern eine Geldbuße und der Verlust des Führerscheins für bis zu drei Jahre, berichtet das französische Studienzentrum für Umwelt, Mobilität und Raumordnung „Cerema“.
Das hört sich nicht nur gut an, sondern ist es auch – allerdings nur, wenn man die Regeln kennt. Denn tatsächlich: Wer sich in Frankreich auf die Straße wagt, wird von bremsenden Autos belohnt. Wer allerdings am Straßenrand darauf wartet, bis die Autos anhalten, wird hier einige Zeit stehen müssen.
3. Bahn-Haltestellen: Attention vor dem TGV
Apropos Verkehr: Nicht nur als Fußgänger, auch als Zugreisender ist Vorsicht geboten. Denn wer, wie ich auch, eine Ferienwohnung mitten in einer Großstadt wie Marseille gebucht hat und deswegen lieber mangels Parkplätzen auf einen Mietwagen verzichtet, sollte bei Zugausflügen genau auf die Bezeichnung der Haltestellen achten. Denn wer, wie ich, meint, dass die Haltestelle „Aix-en-Provence TGV“ nahe an der Stadt „Aix-en-Provence“ läge, der täuscht sich. Von besagter TGV-Haltestelle bis zum Stadtzentrum wären es mit dem Auto nochmal mehr als 30 Minuten Fahrt – mit dem Zug sind es in Ermangelung sinnvoller Verbindungen sogar anderthalb Stunden.
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Damit ist die Stadt keine Ausnahme. Auch Orte wie Avignon oder Lyon bieten TGV-Haltestellen, die sich deutlich außerhalb des Stadtgebiets befinden. Wer also in eine dieser Städte mit dem Zug reisen möchte, sollte unbedingt darauf achten, den exakten Namen des gewünschten Bahnhofs (z.B. Lyon Part Dieu) oder den Zusatz „Centre“ anzugeben. Ansonsten könnte der Frust groß werden.
4. Öffnungszeiten: Montag ist in Frankreich der Sonntag
Vor meinem ersten Wochenende im Frankreich-Urlaub informierte ich mich natürlich, wie die Schließzeiten am Sonntag sind. Natürlich wollte ich nicht auf einmal ohne Lebensmittel auskommen müssen. Erfreut las ich im Internet, dass viele Läden am Sonntag zumindest auch vormittags aufhaben, was sich am Sonntag auch bestätigte. Was ich jedoch nicht las: Am Montag ist dafür vielerorts fast alles geschlossen. So waren etwa in Marseille alle Museen, die meisten Shopping-Möglichkeiten und viele Restaurants zu.
Grundsätzlich gibt es in Frankreich kein Ladenöffnungsgesetz, dementsprechend variieren die Öffnungszeiten von Geschäft zu Geschäft und Region zu Region. Ein Blick ins Internet vorab hilft allerdings auch nur bedingt. Denn die Angaben auf Websites und vor allem auch bei Google erwiesen sich in meinem Fall vielfach als falsch. Was also tun? Einfach hingehen und nachschauen – oder für den Montag direkt ein Programm einplanen, bei dem man nicht von Öffnungszeiten abhängig ist.
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5. Sprache: Englisch ist Mangelware
Natürlich liest man im Vorfeld, dass man vor einem Frankreich-Urlaub noch etwas Französisch üben sollte. Denn, so heißt es im Netz vielfach, die Franzosen sprechen ungern Englisch, da sie lieber Französisch reden. So weit, so richtig. Doch der Grund hierfür liegt meiner Meinung nach weniger in der ihnen oftmals zugeschriebenen Liebe zur eigenen Sprache und damit einhergehenden Arroganz, als vielmehr in der Tatsache, dass sie die englische Sprache einfach nicht beherrschen.
Offiziell schneidet Frankreich bei den Englisch-Kenntnissen gar nicht so schlecht ab: So landeten die Franzosen beim English Proficiency Index 2020, einer Statistik über das weltweite Englisch-Niveau nicht-muttersprachlicher Länder, immerhin auf Platz 28 von 100 untersuchten Ländern. Allerdings: Deutschland belegte in dem gleichen Ranking den 8. Platz, also deutlich weiter vorne. Das wiederum deckt sich mit meinen Erfahrungen. Während meines ganzen Aufenthalts war ich bestimmt mit drei Dutzend Franzosen in Kontakt, von denen nur fünf gutes Englisch sprachen. Mehrfach gab mein Gegenüber einfach auf und wechselte doch wieder ins Französische. Wer die Landessprache nicht beherrscht, könnte demnach große Probleme bekommen.
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Allerdings zur Ehrenrettung der Franzosen löblich zu erwähnen, ist, dass ausnahmslos alle Gesprächspartner sehr zuvorkommend und hilfsbereit waren. Fand man nicht die richtigen Worte für die Wegbeschreibung, begleitete man uns einfach zur nächsten U-Bahn-Station, fehlte die richtige Vokabel, wurde schnell das Handy gezückt und im Netz übersetzt. Arroganz? Fehlanzeige.