5. Oktober 2020, 5:43 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Mit vergleichsweise wenigen Coronafällen gehört Georgien zu den wenigen Ländern in Europa, die man in diesem Herbst noch guten Gewissens besuchen kann (Stand: Anfang Oktober). Das Land im Kaukasus wurde in den letzten Jahren zu einer Trenddestination und kann sich wirklich sehen lassen. Unsere Autorin hat sich dort umgeschaut und einige Tipps zusammengestellt.
Georgien ist nur etwa so groß wie Bayern, hat aber einiges zu bieten. Für die knapp 4 Millionen Einwohner ist der Tourismus schon lange eine wichtige Einnahmequelle. Früher waren es vor allem Russen, die in Georgien urlaubten. Inzwischen hat das kleine Land im Kaukakus einiges getan, um europäische Touristen anzulocken. Ein Geheimtipp ist Georgien zwar nicht mehr, aber ein Trend-Reiseziel, dass sich sehen lassen kann. TRAVELBOOK hat die besten Tipps:
Die Hauptstadt zwischen Vergangenheit und Moderne
Tiflis – schon der Name der georgischen Hauptstadt klingt geheimnisvoll. Die Stadt ist hügelig, überall geht es auf und ab, wodurch das Stadtbild lauter Überraschungen birgt. Der Fluss Mtkavari fließt durch das Geschehen, auf dem Wasser schaukeln einige Boote, mitunter auch schwimmende Bars und Restaurants.
Bei der Fahrt durch die Stadt stößt man immer wieder auf futuristische Gebäude, die auf den ersten Blick deplatziert wirken. Aber so ist Tiflis – eine Stadt zwischen Vergangenheit und Zukunft, die beides überraschend verbindet. Eine Einheimische erzählt, dass einige Bewohner erst alles andere als begeistert von den modernen Gebäuden waren. „Sie passen nicht ins Stadtbild“, soll es geheißen haben, so hat ein besonders außergewöhnliches Gebäude bis heute keinen Nutzen und steht leer und riesengroß Mitten in der Stadt herum.
Wildromantisches Tiflis
Bemerkenswert sind die Balkone an den Häusern in Tiflis. Vielleicht sind sie es, die die Stadt so gemütlich und einladend machen. Einen Spaziergang über eine der futuristischen Brücken der Stadt führt zur Gondelstation. Es geht mit der Seilbahn mitten aus der Stadtmitte über Hausdächer bergauf. Ziel ist ein Hügel, der die gesamte Stadt überblickt. Von hier kann man erfassen, wie hügelig und vielseitig Tiflis ist. Hinunter kann man von dem Aussichtspunkt zu Fuß gehen. Sieht man sich die Häuser und vor allem Hausdächer der Stadt dabei etwas genauer an, wirken sie doch ein wenig fragil.
Bei einem nächtlichen Stadtspaziergang jenseits der Touristenmeile kommt eine andere Seite der Stadt zum Vorschein. Ähnlich wie in manchen Ländern Südeuropas ist so manches hier „malerisch zerfallen“ und hatten einen gewissen morbiden Charme. Am nächsten Abend, am Weg zu einem besonders guten Restaurant, geht die Fahrt durch hässliche Hochhausschluchten und Plattenbauten durch einen neueren Teil von Tiflis. Da die Altstadt verhältnismäßig klein ist, lebt hier wohl der Großteil der 1,2 Millionen Einwohner der Stadt. Ein starker Kontrast zu dem liebevoll wirkenden Stadtzentrum. Hypermoderne Bauten, in die Jahre gekommene Kommunismus-Architektur und liebevoll gestaltete Altstadthäuser – all das ist Tiflis. Von allem mehr, als so mancher erwarten würde.
Georgien – ein Wanderparadies
Vor allem Wanderer dürften in Georgien auf ihre Kosten kommen. 87 Prozent des Landes sind von Gebirgen bedeckt, sogar Gipfel über 5.000 Meter Höhe hat das Land zu bieten. Im Norden bildet der Kaukasus eine natürliche Grenze zu Russland, im Süden liegt das Gebiet des Kleinen Kaukasus.
Bekannte Regionen für Wanderungen sind Swanetien, Khevsuretien und Tuschetien. Die Anreise zu allen drei Gebieten ist allerdings lang, vor allem nach Khevsuretien und Tuschetien ist die Anfahrt schwierig und nur in den Sommermonaten möglich.
Ziele für Tagestouren sind die Höhlen des Udabno-Klosters, das Kloster Davit Gareja und die unglaubliche Berglandschaft von Kazbegi. Hat man genug Zeit, sollte man einige Tage in Stepantsminda verbringen und dabei zur Gergetier Dreifaltigkeitskirche gehen. Die Wanderung ist leicht und der Ausblick lohnt sich.
Geheimtipp für Abenteurer
Noch kommen vor allem georgische Schulkinder in den ehemaligen Kurort Bordschomi. 2001 wurde hier der erste Nationalpark des Landes eröffnet, 250 Kilometer Wanderwege wurden markiert und Hütten mit Stockbetten gebaut. Neben Georgiern sind die meisten anderen Besucher Deutsche, vor allem auf den Tagestouren. Auf die einsamen Mehrtagestouren wagen sich nur wenige Besucher.
Als schönste Route gilt die Kombination aus den Pfaden Nummer 1 und 2, ein Rundweg von gut 80 Kilometern Länge, für den man fünf Tage braucht. Vom 2643 Meter hohen Sametskhvario sieht man an klaren Tagen die schneebedeckten Gipfel des Großen Kaukasus.
Die Wandersaison dauert von Mai, wenn die Rhododendren blühen, bis Ende Oktober, wenn das Laub der Wälder bunt gefärbt ist. Im Hochsommer ist es im Kaukasus oft sehr heiß. Von Tiflis fahren Züge in vier bis fünf Stunden nach Bordschomi.
Die ersten Weinbauern der Welt
Georgien begann als erste Nation mit dem Weinanbau. 2017 wurde dank eines archäologischen Fundes offiziell nachgewiesen, dass in Georgien schon vor mehr als 8000 Jahren Wein angebaut wurde. Heute bauen unzählige Haushalte ihren Wein selbst an. Mal schmeckt dieser mehr, mal weniger gut. Stets wird mit einem stolzen Lächeln nachgeschenkt, auch wenn der Wein nicht unbedingt so gut schmeckt, dass das nötig gewesen wäre.
Für all den Wein will eine gute Grundlage geschaffen sein. Wer nach Georgien reist, kommt nicht an Khachapuri, dem Käsebrot vorbei. Auch die gefüllten Teigtschen, die Khinkali genannt werden, und der Bohneneinopf Lobio stehen stets auf der Speisekarte. Außerdem lieben die Georgier Salate wie den Tomaten-Gurkensalat und Aubergine, die meist mit einer Nusspaste serviert wird.
Batumi – das Las Vegas von Georgien
Georgien kann auch Badedestination sein. Das Land ist für seine Strände am Schwarzen bekannt. Besonders Batumi ist eine aufstrebende Urlaubsdestination und begeistert durch ihr Nachtleben. Die Stadt wird tatsächlich das Las Vegas Georgiens genannt. Hier gibt es einerseits eine sehenswerte Altstadt mit schönen Gebäuden und Plätzen zu sehen, andererseits prägen einige moderne Hochhäuser das Stadtbild.
Das Wasser der Strände muss sich nicht hinter dem kristallklaren Wasser aus Griechenland oder Kroatien verstecken. Und an Georgiens Stränden ist auch noch deutlich weniger los. Batumis Strandpromenade ist so lange, dass man sich am besten ein Fahrrad ausleiht, um sie einmal abzufahren.
Die beste Reisezeit
In Georgien herrscht Kontinentalklima, die Jahreszeiten sind also sehr ausgeprägt. So wird es im Sommer oft extrem heiß und im Winter sehr kalt. Die beste Reisezeit ist von April bis Oktober, aber auch in den kalten Monaten kann man in den höhergelegenen Gebieten Georgiens Winterurlaub machen.
Anreise und Fortbewegung im Land
Wer Georgien besuchen will, kommt wahrscheinlich am Flughafen Tiflis an. Ein Direktflug von Berlin oder München dauert etwas unter vier Stunden.
Ist man einmal in Georgien, kann man entweder einen Fahrer engagieren oder sich einen Mietwagen ausleihen. Wer Land und Leute wirklich kennenlernen will, sollte sich aber mithilfe der Marschrutkis fortbewegen. Die Kleinbusse fahren für wenig Geld von Stadt zu Stadt. Die Fahrt geht erst los, wenn das Auto voll ist. Auch Zugfahren ist in Georgien möglich, die Fahrt dauert damit oft gleich lange wie mit einem Marschrutki.
Georgien auf der Karte
Übersicht Georgien – die schönsten Reiseziele und besten Tipps
Wandern im Kaukasus Tuschetien – die fast unberührte Region in Georgien
Anderthalb Jahre nach dem Unglück in Georgien Was wurde eigentlich aus dem Skigebiet Gudauri?
Die Corona-Lage in Georgien
Georgien verzeichnete zuletzt vergleichsweise wenig Covid-Infektionen, das Robert-Koch-Institut führt es auf der Liste der Risikogebiete momentan nicht an. Die Einreise von Personen aus Deutschland wird uneingeschränkt erlaubt, sofern ein negativer Coronatest bei der Einreise vorliegt, der nicht älter als 72 Stunden ist. Alternativ kann der Test auch nach Ankunft am Flughafen Tiflis durchgeführt werden. Danach müssen sich Einreisende acht Stunden lang in einem Hotel oder einer Wohnung isolieren, bis die Ergebnisse vorliegen.