1. April 2020, 17:49 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Mediterraner Flair, gefühlt 1000 Inseln und Sonne satt – normalerweise kommen Jahr für Jahr Millionen Touristen, darunter auch viele Deutsche, im Sommer nach Griechenland. TRAVELBOOK-Autorin Odett Schumann war aber jetzt im Winter da – und es hat sich in jedem Fall gelohnt.
Um es vorweg zu nehmen: Ich war noch nie in Griechenland – obwohl es eines der meistbesuchten Reiseländer der Deutschen ist. Auf meinem Radar befand es sich jedoch bisher nie, jetzt aber wollte ich der grauen Berliner Tristesse entfliehen und ein bisschen Wärme tanken. Zugegeben, der zweite Teil des Plans ging nur so halb auf. Denn durchschnittlich war es keine sieben Grad wärmer als hierzulande. Aber fünf Grad im Süden fühlen sich ja wärmer an als fünf Grad in Deutschland. Also ging es los!
Gemeinsam mit meinem besten Freund machte ich mich kurz vor dem Jahreswechsel gen Athen auf – als erste Station einer dreiwöchigen Reise. Schon beim Landeanflug war ich fasziniert von den riesigen, schneebedeckten Gipfeln, die sich hinter der griechischen Hauptstadt türmten. So wenig ich diesen Anblick erwartet hatte, so sehr hatte mich die griechische Natur schon in diesem Augenblick in ihren Bann gezogen. Zunächst einmal aber stürzten wir uns in die Metropole, die aufgrund des winterbedingten Mangels an Touristen entsprechend weniger wild, laut und hektisch war.
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Athen fast ohne Touristen
Entspannt fanden wir also in den meisten Restaurants einen Platz, konnten in aller Seelenruhe durch Shops bummeln und gemütlich durch die Gassen Athens schlendern. Für Letzteres mussten wir allerdings ein wenig abgehärtet sein, denn von vier Tagen Aufenthalt in Athen regnete es drei durch. Ich konnte mir die Großstadt sehr gut im Sommer vorstellen: Die vielen kleinen Cafés und Bars im beliebten Stadtteil Plaka oder rund um den Monastiraki-Platz müssen bei 35 Grad und einem leckeren Glas griechischen Wein mehr als einladend sein. Nichtsdestotrotz hat die Stadt aber auch im Winter so ihren Charme, denn die Promenade erscheint auch jetzt im wunderschönen Sonnenlicht – und sie ist nicht hoffnungslos überfüllt. Und natürlich die griechische Küche, die es mir schnell angetan hatte, und das als Vegetarierin! Übrigens: Griechische Restaurants in Deutschland haben nur wenig mit denen in Griechenland gemeinsam, die Speisekarten unterscheiden sich deutlich.
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Die Show der Delfine
Kurz nach Neujahr verschlug es uns dann für eine Woche auf die Insel Aegina, die nicht einmal anderthalb Stunden Fährfahrt von Athen entfernt liegt. Neben viel Entspannung und ohne Ende Meerblick wartete hier aber nur wenig Ruhe auf uns, Grund waren die Motorengeräusche. Denn auch hier auf Aegina bewegt man sich überwiegend mit dem Roller fort – so auch wir! Eine Fahrt mit der Vespa entlang der Inselküste war ein Muss. Ein besonders warmer Tag im griechischen Winter machte es möglich – sogar ein kurzes Bad im Mittelmeer war drin. Doch das wohl größte Highlight war ein anderes: Als wir in einem Café saßen, zuckte auf einmal das Meer und wir sahen ein Rudel Delfine in unserer Bucht herumspringen. Ich hatte von diesem Spektakel gehört, rechnete aber nicht damit, in den Wintermonaten das erleben zu dürfen. Danke dir, du schöne griechische Natur!
Nach sieben Tagen auf der Insel nahmen wir wieder unser Nomadenleben auf und packten erneut die Koffer. Jetzt ging es mit dem Mietwagen auf den Peloponnes und zwar fast bis an den südlichsten Zipfel der Halbinsel. Bald fünf Stunden durften wir aus dem Auto die Schönheit der griechischen Flora und Fauna bestaunen. Wir um- und durchfuhren Berg um Berg und hatten dabei fast immer auch das Meer im Blick. So auch von unserer Unterkunft aus, die sich in einem kleinen Bergdorf fernab jeglicher Zivilisation befand. Der Kontrast zum lebhaften Athen hätte nicht größer sein können.
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Wildschweine ganz nah
In der Natur angekommen, wurden wir von unseren einheimischen Airbnb-Hosts zu einer Wanderung eingeladen – ohne einen Schimmer zu haben, was eine „Wanderung“ hier bedeutete. Zunächst einmal ging es mit dem Auto hoch in die Berge. Dafür war eine waghalsige, schier endlos lang erscheinende Serpentinenfahrt notwendig – für den ultimativen Kick natürlich ohne Fahrbahnbegrenzung. Endlich angekommen, ging es einfach querfeldein in die griechische Wildnis.
Wo ich noch nach einer Art Wanderweg oder wenigstens einem Trampelpfad suchte, waren meine griechischen Wanderkumpanen schon unbekümmert hinter Büschen und Sträuchern verschwunden. Ahnungslos wie ich war, ging ich ihnen hinterher. Doch wir waren nicht allein, denn ständig grunzte es um uns herum. Wildschweine! Zuflucht fanden wir in faszinierenden Höhlenlandschaften. Somit blieb es glücklicherweise nur beim Hören der Wildtiere, es kam aber nicht zum Nahkontakt. Und ja, Griechenlands wilde Natur entdecken geht auch im Winter, vermutlich sogar besser als in den heißen, schweißtreibenden Sommermonaten.
Am Ende meiner Griechenlandtour kann ich all die Sommerurlauber gut verstehen, bin aber dennoch auch sehr froh, dieses großartige Land im ruhigen Winter für mich entdeckt zu haben. Ich habe mir ein breites Bild von Griechenland machen können: von Athen über die Insel Aegina bis hin zur Halbinsel Peloponnes. Und jede dieser Regionen hatte ihre ganz eigene, einnehmende Charakteristik. Jamas!