29. Oktober 2015, 16:23 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Viele Menschen träumen davon, alles stehen und liegen zu lassen und einfach das Glück in der Ferne zu suchen. Schließlich ist das Gras immer etwas grüner auf der anderen Seite, oder zumindest: das Wetter sehr viel besser. Doch wer auswandern will, muss erst mal wissen, wohin? Hier hilft der Expat Insider Report des Netzwerks InterNations weiter. Denn der verrät, in welchem Land Expats und Aussteiger am ehesten glücklich werden. Die Ergebnisse sind – überraschend.
Der Name der Studie von InterNations führt ein bisschen in die Irre. Schließlich sind ein Großteil der für den Expat Insider Report 2015 Befragten gar nicht von ihrer Firma auf einen gut dotierten Posten ins Ausland geschickt worden, also Expats im engeren Sinne (das können tatsächlich nur 16 Prozent der Studienteilnehmer von sich behaupten), sondern hatten auch andere gute Gründe, das Weite zu suchen: die Liebe zum Beispiel (9 Prozent), die Abenteuerlust (12 Prozent) oder den lange gehegten Traum, eines Tages in genau diesem Land zu leben (7 Prozent).
Durchschnittsalter der 14.300 Umfrage-Teilnehmer aus insgesamt 195 Ländern: 40,9 Jahre. Gefragt wurde nach allem, was einen Menschen glücklich und zufrieden machen kann. Nach der finanziellen Situation zum Beispiel, der Länge des Arbeitstags, der Kinder- und Familienfreundlichkeit der Wahlheimat oder der Möglichkeit, neue Freunde, eine gute Wohnung oder gar eine neue Liebe zu finden. Und da gibt es natürlich große Unterschiede von Land zu Land.
Die Verlierer
Der allgemeine Verlierer bleibt Kuwait, das sich wie schon im ersten Report von 2014, auf dem letzten Platz wiederfindet. Glücklich werden hier nur wenige, sich einzuleben scheint ziemlich schwer zu sein. 53 Prozent sind unzufrieden mit der allgemeinen Freundlichkeit, oder wohl besser: Unfreundlichkeit der Einwohner. Freunde finden fällt schwer – wie es überhaupt im arabischen Raum offenbar keineswegs leicht ist, Kontakt zu den Locals zu bekommen. Überdurchschnittlich viele Expats geben an, dort lieber unter sich zu bleiben.
Das Krisen gebeutelte Griechenland belegt den vorletzten Platz im allgemeinen Ranking und schneidet in so gut wie allen Unterkategorien, die mit Arbeit zu tun haben, schlecht ab, also hinsichtlich Karrierechancen, Work-Life-Balance, Jobsicherheit. 49 Prozent der Befragten bewerten ihre finanzielle Situation negativ, 15 Prozent sind unglücklich mit ihrem Leben. Andererseits aber fühlen sich 71 Prozent heimisch in Griechenland und 76 Prozent schätzen die Freundlichkeit der Locals.
Den dritten Platz im Negativ-Ranking räumte Saudi-Arabien für Nigeria, das Land, das wegen der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram im letzten Jahr verstärkt Schlagzeilen machte. Und so wundert es natürlich nicht, wenn 75 Prozent der Befragten mit der politischen Stabilität – oder eher: Instabilität – im Land unzufrieden sind und 61 Prozent mit ihrer persönlichen Sicherheit. Zudem sind die Lebenshaltungskosten in dem westafrikanischen Land ziemlich hoch, im Lebensqualität-Ranking landet es auf dem allerletzten Platz.
Doch genug von den Verlierern – Vorhang auf für die 12 Länder, in denen Auswanderer am glücklichsten werden.
DAS RANKING IM ÜBERBLICK:
Platz 1: Ecuador
Auswanderer, geht nach Ecuador! Denn hier findet ihr ziemlich schnell Anschluss – in keinem anderen Land ist es einfacher, neue Freunde zu finden. Zudem sind die Lebenshaltungskosten so niedrig, dass 91 Prozent sie positiv bewerteten. 94 Prozent der dort wohnhaften Ausländer sind mit ihrer Freizeitgestaltung zufrieden. Was ebenfalls die Stimmung hebt: Die Arbeitswoche ist hier recht kurz – was damit zu tun hat, dass man es sich bei den geringen Lebenshaltungskosten nun mal gut leisten kann, nur halbtags zu arbeiten. 45 Prozent können sich vorstellen, für immer in Ecuador zu bleiben.
Platz 2: Mexiko
Auch wenn die Nachrichten von unfassbarer Gewalt, Armut und Drogenkriegen eine andere Sprache sprechen, Ausländern scheint es ziemlich gut zu gehen in Mexiko, wie der Report belegt, in dem Mexiko vom dritten Platz im letzten Jahr nun auf den zweiten vorrutschte. Das muss zum einen an den Mexikanern liegen, gelten diese doch zuweilen auch als die freundlichsten Menschen der Welt und tatsächlich schätzen 90 Prozent der Auswanderer gerade diese Eigenschaft an den Einwohnern. Freundschaften sind denn auch schnell geschlossen.
Platz 3: Malta
Der Neueinsteiger in den Top 12 überzeugt vor allem in Punkto Arbeit. Die allgemeine
Zufriedenheit mit dem Job ist hoch und mehr als zwei Drittel der Studienteilnehmer sind glücklich mit Karrierechancen, Arbeitszeit und dem Verhältnis von Freizeit und Beruf – allerdings gaben viele an, in Malta weniger zu verdienen als in ihren Herkunftsländern. Punktabzüge gab es vorwiegend in Sachen Infrastruktur, alles andere – Wetter, Freizeitaktivitäten, Gesundheitssystem – stieß eher auf Begeisterung. Und nicht zuletzt fiel es den Ausländern leicht, sich in Malta einzugewöhnen: 73 Prozent hatten keine Probleme dabei, neue Freunde zu finden.
Platz 4: Singapur
Mit gleich vier offiziellen Amtssprachen – neben Tamil, Chinesisch, Malaiisch gehört auch Englisch dazu – macht es Singapur seinen Expats relativ leicht, sich hier zurechtzufinden. Und wenn die Einheimischen vielleicht auch nicht so wahnsinnig freundlich sind – in diesem Aspekt schafft es Singapur gerade mal auf Platz 47 –, so gibt es doch sehr vieles, was die Auswanderer hier hält: die hervorragende medizinische Versorgung zum Beispiel, das Gefühl der Sicherheit, die politische Stabilität und die Friedlichkeit des Landes. Wermutstropfen: die hohen Lebenshaltungskosten, 57 Prozent sind damit unzufrieden, weit mehr als im globalen Durchschnitt. Andererseits sind aber auch die Einkommen sehr viel höher als der Durchschnitt. Im Vergleich zum Vorjahr machte Singapur im allgemeinen Ranking zwei Plätze gut und rutschte von 6 auf 4.
Platz 5: Luxemburg
Sie wollen Karriere machen? Oder legen gesteigerten Wert auf Jobsicherheit? Dann sind Sie in Luxemburg richtig. Allerdings: Das berufliche Fortkommen ist offenbar das einzige, was die Menschen in dem winzigen Großherzogtum hält, denn so richtig glücklich werden sie hier gar nicht. Im Freundlichkeitsranking liegt Luxemburg auf Platz 43 von insgesamt 64. Und Neuankömmlingen fällt es recht schwer, Freunde unter den Einheimischen zu finden. 61 Prozent der Befragten finden daher eher unter anderen Expats Anschluss – so einen hohen Prozentsatz gibt es sonst nur für den Arabischen Raum. Allerdings dürfte es auch gar nicht so einfach sein, mit Einheimischen in Kontakt zu kommen, schließlich sind 46 Prozent der Einwohner Luxemburgs, so verrät die Statistik, Expatriats. Im letzten Jahr lag Luxemburg in diesem Ranking übrigens noch auf Platz 2.
Platz 6: Neuseeland
Nur in Mexiko fällt es leichter, sich in der neuen Heimat einzuleben als in Neuseeland: Einwanderer fühlen sich bei den „Kiwis“ schnell wohl. Dafür sorgt neben der großartigen Landschaft vor allem die Work-Life-Balance: 78 Prozent sind damit sehr zufrieden. Auch für Familien sind die Bedingungen in Neuseeland nahezu ideal, im Index Familienleben rangiert Neuseeland auf Platz 5. Allerdings hat so viel Glück auch seinen Preis: Nur 35 Prozent finden die hohen Lebenshaltungskosten in Ordnung.
Platz 7: Thailand
Nach Thailand kommt man weniger, weil der Arbeitgeber einen dort hinschickt, sondern wegen der Liebe oder der Hoffnung auf bessere Lebensqualität. Zumindest im letzten Punkt scheint Thailand nicht zu enttäuschen: Im Happiness-Ranking liegt Thailand auf Platz 4. Dass Einwanderer hier gut glücklich werden, mag auch daran liegen, dass sie sich wenig Sorgen um ihr Auskommen machen müssen: Die Lebenshaltungskosten, zumindest für Expats, gehören zu den niedrigsten der Welt. Allerdings: 53 Prozent der Befragten macht die politische Instabilität große Sorgen.
Platz 8: Panama
„Oh, wie schön ist Panama!“ Inwieweit Janosch dafür verantwortlich ist, dass so viele Menschen nach Panama wollen, um dort mehr Lebensqualität genießen zu können, kann hier nicht weiter erörtert werden. Fakt aber ist: In dem Land zwischen Karibik und Pazifischem Ozean ist nicht alles schön. Die Arbeitswoche, zum Beispiel: Mit 48,1 Stunden ist es die viertlängste Arbeitswoche der Auswanderer. Mehr gearbeitet wird nur auf den Philippinen, in Nigeria und Uganda (mit 50,8 Stunden Spitzenreiter). Da bleibt zwar weniger Zeit für die Romantik, aber diese wird dafür umso intensiver erlebt: Panama gehört zu den 10 Ländern, in denen Auswanderer in ihrer Beziehung am glücklichsten sind (Platz 7).
Platz 9: Kanada
Kanadier sind sehr freundliche Menschen – und 84 Prozent der Befragten stimmen dem uneingeschränkt zu. Auch gegenüber Fremden, so bestätigen vier von fünf Befragten, sind Kanadier äußerst nett. Mit der finanziellen Situation sind die Auswanderer hingegen nicht immer zufrieden: 28 Prozent geben an, ihr Einkommen reiche nicht aus. Nur 54 Prozent sind mit den Lebenshaltungskosten zufrieden. Auch das Wetter finden nicht alle prima: „Die langen harten Winter nerven mich am meisten,“ gibt einer der befragten Einwanderer zu Protokoll, „weil man für sechs Monate regelrecht im Haus eingeschlossen ist.“
Platz 10: Australien
21 Prozent der Befragten kamen nach Australien wegen der besseren Lebensqualität. Und dass sie diese dort finden, dafür spricht schon die kurze Arbeitswoche mit durchschnittlich nur 37,7 Stunden. Und was man mit seiner vielen freien Zeit anstellt, ist auch schnell geklärt: 95 Prozent finden das Angebot an Freizeitbeschäftigungen in Australien gut bis großartig. Das Wetter ist auch prima, sagen 92 Prozent. Und fast ebenso viele fühlen sich sicher im Land. Allerdings, Qualität hat seinen Preis: 55 Prozent finden das Leben in Australien sehr teuer, 26 Prozent geben an, dass ihr Einkommen kaum zum Leben reicht.
Auch interessant: Welches Visum brauche ich für eine Australien-Reise?
Platz 11: Österreich
Nein, leicht machen es die Österreicher den Neuankömmlingen nicht: Lediglich auf Platz 55 schafften sie es im Ranking der Länder, die es ihren Einwanderern leicht machen. Sich an die Kultur gewöhnen, Freunde finden und die Sprache lernen – all das stellt die Einwanderer vor große Herausforderungen. Auch findet ein Drittel, dass es vielen Österreichern an Freundlichkeit gegenüber Ausländern mangelt. Doch all die Entbehrungen und Mühen lohnen sich für die Neuen: Im Rennen um die beste Lebensqualität liegt Österreich auf Platz 3 (nach Singapur und Ecuador). Und in Punkto Kindeswohl ist das Land spitze: 55 Prozent der befragten Eltern sind total zufrieden damit (im globalen Durchschnitt zum Vergleich: 26 Prozent).
Platz 12: Costa Rica
Auch in Costa Rica (im letzten Jahr auf Platz 11) geht es Kindern prima: Das südamerikanische Land rangiert in diesem Punkt direkt hinter Österreich. Platz 2 gibt es übrigens auch im Ranking der Länder, wo Auswanderer in ihrer Beziehung am glücklichsten sind – nur in Ecuador sind die Menschen noch zufriedener mit dem Liebesglück. Was ebenfalls fröhlich macht: Freunde findet man leicht, die Arbeitswoche ist kurz, das Wetter prima. Sorgenfalten verursachen allenfalls die Job-Sicherheit (Platz 42) und die Lebenshaltungskosten (die Hälfte aller Befragten bewerten diese negativ).
Nicht mehr in den Top 12 gelandet sind im Vergleich zum Report aus 2014: die Schweiz (von Platz 4 auf 14), die USA (von 5 auf 13), Spanien (von 7 auf 30), die Philippinen (von 8 auf 18), Hongkong (von 10 auf 26) und Deutschland (von 12 auf 16).
Aus Sicht internationaler Auswanderer Die besten Städte zum Leben und Arbeiten weltweit
Umfrage unter Auswanderern In diesen 10 Ländern ist das Klima am angenehmsten
Aus Sicht von Auswanderern In diesen 10 Ländern macht das Wetter am glücklichsten
So zufrieden sind Deutsche im Ausland
Bleibt am Ende die Frage, wie es denn speziell den Deutschen geht? Werden sie glücklich in der Fremde? Nun, vollkommene Zufriedenheit ist bekanntlich schwer zu erreichen, aber unter den im Ausland lebenden Bundesbürgern geben 82 Prozent an, mit ihrem neuen Leben zufrieden zu sein — etwas mehr als der weltweite Durchschnitt von 77 Prozent. 28 Prozent können sich auch vorstellen, dauerhaft im Gastland zu bleiben, unter allen Nationaltäten in der Umfrage ist dies der größte Anteil.
Sollte sich das Leben im Zielland indes wider Erwarten als Flop erweisen, können die deutschen Expats auf ihre nomadischen Verhaltensmuster zurückgreifen: 61 Prozent der im Ausland wohnhaften Deutschen haben bereits in mindestens zwei weiteren Ländern gelebt. Der weltweite Durchschnitt beträgt hingegen weniger als 50 Prozent.