4. April 2021, 6:12 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Das gute Leben macht Pause: Südafrikas Weingebiete locken eigentlich Gourmets und Weinkenner aus der ganzen Welt, doch Corona bescherte den Winzern eine einsame Erntezeit. Wie steht es um die beliebte Weinregion?
Gesäumt von Weingütern führt die Landstraße R45 von Kapstadt kommend ostwärts nach Franschhoek. Es ist ein frischer Februarmorgen im südafrikanischen Sommer. Die Weinbauer nutzen die kühlen Temperaturen in der Frühe, um die Ernte einzubringen. Der Sauvignon Blanc kam bereits zu Monatsbeginn von den Rebstöcken, nun folgen Chardonnay, Merlot und Grenache. In normalen Jahren lockt die Weinlese Besucher aus aller Welt nach Franschhoek. Nahezu alles in dem kleinen Städtchen gut 100 Kilometer landeinwärts vom Kap der Guten Hoffnung dreht sich um den Weintourismus.
Doch normal ist in Zeiten von Corona wenig. Die Besucher bleiben größtenteils aus. Und die gute Hoffnung hat Kratzer abbekommen.
Weingebiete in Südafrika: Restaurants so gut wie leer
„An einem Tag wie heute sollte der Laden hier eigentlich brummen, mit 250 Gästen“, sagt Eric Bulpitt, Küchenchef des Restaurants Pierneef auf dem Weingut La Motte. Der Südafrikaner hat die Küchen der Welt gesehen. Nun sitzt er auf der Terrasse des eleganten Restaurants, in dessen Innerem nicht ein Tisch belegt ist.
Bulpitt serviert werktags nun Schlachtplatten statt der üblichen Gourmet-Menüs. Mehr lassen die Gästezahlen nicht zu. „Das generelle Gefühl ist eines der Ungewissheit“, sagt er. „Die Situation dämpft die Stimmung, deine Kreativität kommt zum Stillstand, du kannst kein Geld für Experimente verschwenden, kein Geld für Essen ausgeben, denn es kommt ja keiner, dem du es servieren kannst.“
Doch unterkriegen lassen will der Gourmetkoch sich nicht, möchte „keine Schwarzmalerei betreiben, sondern den Fokus neu schärfen und positiv nach vorne sehen“. Sein Angebot richtet sich nun verstärkt auf die Bedürfnisse der einheimischen Gäste. „Ich habe eigentlich immer irgendein Projekt“, sagt Bulpitt. „Es ist momentan eine traurige Zeit für die Branche, aber wir müssen uns einfach beschäftigt halten.“
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Wenn der Stromzähler die Einnahmen auffrisst
Zwar dürfen die Restaurants in Franschhoek wieder öffnen und seit Anfang Februar auch wieder alkoholische Getränke ausschenken. Doch entlang der im Sommer sonst bestens besuchten Hauptstraße, die durch Franschhoek in die Berge führt, bleiben die meisten Stühle leer. Lichtblicke bieten Tagesbesucher aus Kapstadt an den Wochenenden.
So hält sich auch Archie Maclean, Küchenchef und Inhaber des neuen Restaurants Entrée an der Hauptstraße, über Wasser. Nachdem der Schotte infolge des ersten Lockdowns die Räumlichkeiten seines vorherigen Restaurants auf einer nahe gelegenen Weinfarm verloren hatte, wagte er mit dem Entrée einen neuen Versuch.
Zum Mittag zaubert er ein fantastisches Erbsen-Trüffel-Rissotto und Rinderrippchen, ehe er sich zum Gespräch mit an den Tisch setzt. Er hat Zeit, nicht ein weiterer Gast ist im Restaurant. Doch der Vermieter sei verständnisvoll, da er weiß: „Wenn das hier weg ist und wir weg sind, dann kommt auch keiner mehr nach“, sagt Maclean.
Die Krise hat die Weingebiete in Südafrika hart getroffen, insbesondere aufgrund der zeitweisen Alkoholverkaufsverbote im Land. „Dass Touristen reinkommen, eine Weinprobe machen und dann Wein kaufen, das ist größtenteils weggefallen“, sagt Jan van Huyssteen, Geschäftsführender Direktor bei Rickety Bridge. Allerorten werben Winzer dieser Tage mit teils deutlichen Preissenkungen.
Der Duft frisch geernteter Trauben liegt in der Luft – und auch eine Prise Optimismus. „In etlichen unserer wichtigsten Reisemarktländer sind die Impfungen angelaufen und die Leute wollen sehr gerne wieder reisen“, sagt van Huyssteen. „Licht am Ende des Tunnels.“
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Ausflüge in die Natur statt Wein-Festivals
Hein Koegelenberg, Geschäftsführer vom Weingut La Motte, glaubt dennoch, dass sich in Zukunft vieles ändern wird. „Franschhoek ist seit jeher bekannt für guten Wein und gutes Essen, das haben wir immer vermarktet, mit Festivals und Übernachtungen“, sagt er. Die Tage des „gemütlichen engen Zusammenseins im Restaurant“ gehören seiner Meinung nach aber ebenso der Vergangenheit an wie die alte Normalität. Der Ausweg für den vom Tourismus geprägten Ort soll nun in Outdoor-Aktivitäten liegen. Eine Zipline und Wassersportangebote auf dem nahen Berg-River-Stausee seien bereits in Planung.
Schon jetzt führt auf La Motte ein fünf Kilometer langer Wanderweg durch die Weinberge hinauf in die Fynbos-Landschaft mit ihrer einzigartigen Flora. Einige endemische Pflanzen wachsen hier. Das Gebiet kann geführt oder auf eigene Faust erkundet werden.
Einst hätten im Talkessel Elefanten ihre Jungen großgezogen, erzählt Wander-Guide Jacques Johannisen. Die Dickhäuter sind lange verschwunden, doch noch immer leben Leoparden in der Bergwildnis. Die Großkatzen haben sich perfekt an den Lebensraum angepasst, bleiben am Kap wesentlich kleiner als im Rest Südafrikas und lassen sich nur höchst selten blicken. Stattdessen huschen Klippschliefer über die Felsen, kaninchengroße Pelztiere. Von einer Klippe aus überblickt ein großes Bärenpavianmännchen die Szenerie.
Auf dem Bergpass, der Franschhoek mit dem Hinterland verbindet, geben sich die Paviane weniger scheu. Vor tiefen Gebirgsschluchten stehen insbesondere die Jungtiere bereitwillig Modell. Fast sieht es so aus, als sehnten sie sich ebenfalls nach Touristen.
Reiseinfos Südafrika
Anreise: Die Lufthansa erhöht derzeit wieder ihr Flugangebot nach Südafrika. Nonstop geht es von Frankfurt nach Johannesburg und Kapstadt. Der Betrieb der South African Airways war im vergangenen Jahr bis auf Weiteres eingestellt worden.
Klima und Reisezeit: Die beste Reisezeit für für die Weingebiete in Südafrika ist die Zeit der Weinlese zwischen Anfang Februar und März. Die Sommer von November bis März sind trocken und warm, im Winter von Mai bis September wird es nachts kalt.
Einreise und Corona-Lage: Die gemeldeten Corona-Fallzahlen in Südafrika sind zuletzt wieder stark gesunken. Nach wie vor besteht jedoch eine Reisewarnung. Alle Reisenden über fünf Jahre müssen bei Ankunft einen negativen PCR-Test nachweisen, der bei Abflug nicht älter als 72 Stunden sein darf, schreibt das Auswärtige Amt. Ein Touristenvisum wird bei der Einreise kostenlos ausgestellt.
Gesundheit: Die Kapregion ist kein Malaria-Gebiet, besondere Gesundheitsvorkehrungen sind nicht nötig.
Informationen: South African Tourism, Friedensstraße 6-10, 60311 Frankfurt, Tel.: 0800/118 91 18.