4. Februar 2020, 6:52 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Das Einreiseprozedere der USA ist für seine Härte bekannt. Viele Fragen, unangenehme Strenge, ein nicht ganz angenehmes Willkommen. Doch was erwartet mich als Tourist wirklich, wenn ich aus Deutschland in die Vereinigten Staaten fliege? TRAVELBOOK-Autorin Anna Wengel hat es ausprobiert.
Ich dachte das Ausgefrage, bei dem ich mich immer etwa so fühle wie damals in der Schule, wenn ich meine Chemiehausaufgaben nicht gemacht hatte, beginnt erst auf dem Boden der USA. So war das vor Jahren zumindest. Nicht so bei meinem vergangenen Flug im September 2019. Der ging von Berlin nach Düsseldorf und weiter nach New York City – und schon in Düsseldorf empfing mich US-amerikanische Un-Herzlichkeit.
ESTA und Interview bereits in Deutschland
In Düsseldorf angekommen laufe ich erst einmal. An allen anderen Gates vorbei bis zu einem Passkontroll-Kasten. Mein Reisepass und ich werden abwechselnd angeguckt, irgendwas in den Computer getippt, dann darf ich weiter. Schlange stehen. Das Ziel: Eine Frau, die schaut, ob mit meinem ESTA-Antrag (kurz für „Electronic System for Travel Authorization“) alles stimmt. Den Visumsersatz hatte ich ein paar Tage vorher online beantragt und keine Bestätigung per Email bekommen. Auf der offiziellen ESTA-Seite heißt es, dass USA-Reisende den Antrag spätestens bis 72 Stunden vor Abflug stellen sollen. Dann klickt man sich durch ein paar Seiten, beantwortet diverse Fragen von persönlichen Daten wie Name & Co. über Adresse am Ankunftsort bis hin zum Social-Media-Profil, das aber optional angegeben werden kann. Ich habe es nicht gemacht und es scheint keinen gestört zu haben. Zwei Tage vor Abreise tauchte auf der Internetseite schließlich der Vermerk approved (zu Deutsch: „genehmigt“) auf, ich durfte also fliegen.
Mit dem einseitigen Ausdruck des online bestätigten ESTA-Formulars gehe ich also zum Schalter. Mit einem leicht komischen Gefühl, haben die Passagiere vor mir alle gefühlt viel mehr Zettel in der Hand. Die Schalter-Frau schaut auf meinen Zettel, in ihren Computer, auf meinen Zettel, in ihren Computer und drückt mir den Ausdruck schließlich wieder in die Hand. Kein Problem. Ich darf weitergehen. Anstehen in Schlange Nummer 2.
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Vom Interview ins Hinterzimmer
Am Ende der Schlange sitzt ein großer Mann im weißen Hemd an einem hohen Tisch, der mich an ein Vortragspult oder einen Richtertisch erinnert. Der Mann schaut streng, fast grimmig drein. Schräg hinter ihm stehen zwei, ebenso düster guckende bewaffnete Männer in Uniform. Ich muss grinsen, ob dieser Klischee-amerikanischen Zurschaustellung von Macht und Überlegenheit.
Die Schlange bewegt sich, jetzt bin ich in Hörweite. Eine sehr tiefe Stimme mit sehr amerikanischem Akzent fragt das Ehepaar vor mir nach ihren Reiseplänen. Die Fragen zu seiner Zufriedenheit beantwortet dürfen sie weitergehen. Nun bin ich an der Reihe. Mit starrer Miene schaut der bestimmt fast zwei Meter große Mann von seinem Hochstuhl auf mich herab und rasselt Fragen auf Englisch herunter (beim Ehepaar vor mir hatte er noch Deutsch gesprochen, wieso er das an dieser Stelle änderte weiß ich nicht.): Warum will ich in die USA fliegen? (Geburtstag meiner Mutter feiern und Urlaub) Wie heißt meine Mutter? Wie alt wird sie? Wann war ich das letzte Mal in den USA? Warum? Habe ich vor in den USA zu arbeiten? Und zuletzt: Habe ich irgendwelche Kosmetik oder Waschmittel in meinem Handgepäck? Ja, eine Creme und eine Puderdose. Der Mann nickt den bewaffneten Herren zu, einer von ihnen dirigiert mich ins Hinterstübchen. Meine gefährliche Puderdose muss erst einmal ganz genau untersucht werden. Genauso wie der Rest meines Handgepäcks. Das sehr entspannte Durchsuchungspersonal scheint das ähnlich zu amüsieren wie mich. Trotzdem werde ich darauf hingewiesen, dass das Prozedere hier nur meiner eigenen Sicherheit diene. Einmal durch den kompletten Bombentest, also ich, mein Rucksack, meine Schuhe und meine Jacke, darf ich weiter in den Warteraum und schließlich ins Flugzeug.
Ein bisschen hat mich die Vorgehensweise schon gewundert, deshalb habe ich beim Düsseldorfer Flughafen nachgefragt – und diese Antwort bekommen: „Ihr Erlebnis hängt nicht mit dem Düsseldorfer Flughafen zusammen. Vielmehr sind die Kontrollstandards zur Einreise in die USA der Airline sowie der Bundespolizei von den amerikanischen Sicherheitsbehörden vorgegeben.”
Ankunft in den USA per Flugzeug
In New York angekommen stehe ich wieder Schlange. Und Schlange. Und Schlange. Und Schlange. Na gut, es ist nur eine. Aber die dauert ganze zwei Stunden. Zwei Stunden in einem mit Menschen vollgestopften, sehr warmen Raum am John F. Kennedy Airport. Hier eine kleine Entwarnung: Mein Freund wartete ein paar Tage später an selber Stelle bloß zehn Minuten.
Nach zwei Stunden stehe ich also endlich am Schalter mit dem Menschen, der entscheiden soll, ob ich die Füße auf das amerikanische Land setzen darf. Ich erwarte die gleiche Fragen-Arie wie in Düsseldorf – und werde überrascht. In New York geht alles ganz schnell. Kurz checken, ob ich ich, also derselbe Mensch wie in meinem Ausweis bin. Noch einmal die Fragen, was ich vorhabe und wie lange ich bleiben will und dann heißt es schon: Welcome to the USA.
Ankunft in den USA per Fähre
„Welcome to the USA“ höre ich ein zweites Mal zwei Wochen später. Nach einem kleinen Roadtrip von New York City über die Niagara-Fälle, ein Stück durch Kanada und mit der Wolfe Island Ferry zurück, erwartet uns am Fährhafen in Cape Vincent ein ähnliches Prozedere wie schon am Flughafen in New York City. Nur ohne Schlange stehen. Zwei Männer sitzen in dem verschlafenen Städtchen im Wartehäuschen als hätten sie nur auf meinen Freund und mich gewartet. Und tatsächlich fahren außer uns nur zwei andere Autos von der winzigen Fähre aufs amerikanische Festland.
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Wie seine Kollegen vor ihm schaut auch dieser Grenzbeamte grimmig und forschend auf uns herab – er steht neben dem offenen Fenster unseres Mietwagens und inspiziert das Innere des Autos, unsere Pässe und Gesichter. Wieder werden Fragen gestellt, exakt die gleichen und wenn ich mich recht erinnere sogar in der gleichen Reihenfolge wie schon am Düsseldorfer Flughafen. Brav alle Fragen beantwortet versuche ich den strengen Grenzbeamten ein bisschen aus der Reserve zu locken, indem ich ihn unverhohlen angrinse, während ich ihm irgendwas über unsere Reiseroute erzähle. Zum Dank bekomme ich ein versucht verstecktes und dann doch nicht ganz zurückhaltbares Grinsen. Dann gibt es einen Stempel und wir dürfen von dannen fahren. Zurück in die USA.
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Keine Panik vor der Einreise
Wenn ich an dieser Stelle ein Resümee ziehen oder auch einen kleinen Tipp geben darf: Das Beste, was man bei der Einreise in die USA tun kann, ist ruhig bleiben und das Ganze mit Humor sehen. Die Grenzkontrollen sind ein bisschen wie die sprichwörtlichen bellenden, aber nicht beißenden Hunde. Sie erscheinen scharf und angsteinflößend. Am Ende ist das aber nur der mitunter raue Ton und die antrainiert einschüchternd wirkenden Fragen. Kann man die zur Zufriedenheit beantworten, ist das alles gar nicht so schlimm. Und so lange man nicht ernsthaft Dreck am Stecken hat, sollte da alles gut gehen. Also: Keine Panik und auf die Reise freuen.