1. April 2019, 11:42 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Ohne Frage: Vietnam ist ein attraktives Reiseziel mit atemberaubenden Landschaften, beeindruckenden Sehenswürdigkeiten und kilometerlangen Sandstränden. TRAVELBOOK hat schon in einigen Beiträgen darüber berichtet, warum sich ein Urlaub in dem südostasiatischen Land absolut lohnt. Natürlich gibt es wie in jedem Land auch Dinge, die gegen eine Reise dahin sprechen. TRAVELBOOK-Redakteurin Gudrun Brandenburg war drei Wochen in Vietnam unterwegs und nennt sechs Gründe, warum sie NICHT wieder dorthin möchte. Es handelt sich hier um eine Meinung, die auf Wahrnehmungen während ihres kurzen Aufenthalts beruht. Wer gute Gründe FÜR einen Vietnam-Urlaub haben möchte, findet diese am Ende des Artikels.
1. Overtourism
Hoi An sei ein ruhiges, verschlafenes Städtchen. So zumindest hatte ich es vor meiner Vietnam-Reise in verschiedenen Reiseführern und auch mehrfach im Internet gelesen. Mag sein, dass es einmal so war. Vielleicht auch noch bis vor drei, vier Jahren. Heute jedenfalls ist die hübsche Küstenstadt in Zentralvietnam mit Touristen gnadenlos überfüllt.
Ganze Busladungen mit vorrangig asiatischen Reisegruppen schieben sich tagtäglich durch Hoi Ans Altstadt, die mit ihren Kanälen, alten, chinesischen Holzhäusern und Tempeln seit 1999 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Wer Hoi Ans Wahrzeichen, die Japanische Brücke, besichtigen und überqueren will, braucht Geduld und Nerven und kann nur hoffen, dass die nur wenige Meter lange Brücke den Touristenströmen standhält.
Nicht viel besser sieht es in der berühmten Halong-Bucht und an den kilometerlangen Sandstränden zwischen Hoi An und der nördlich gelegenen Küstenstadt Da Nang aus. Während ich im Taxi die Küstenstraße entlangfahre und ein großes Luxus-Hotel nach dem anderen an mir vorbeirauscht, frage ich mich, ob es überhaupt genügend Gäste für die Massen an Zimmern gibt. Ein Blick auf die Seiten einschlägiger Buchungsportale im Internet jedoch zeigt: Viele Hotels sind bereits ausgebucht.
Da die Strände zwischen Hoi An und Da Nang offensichtlich ein gewaltiges Potenzial haben, werden dort in absehbarer Zeit noch viele weitere Hotels entstehen. Davon zumindest zeugen schon jetzt die oft mehrere hundert Meter langen Bretterzäune, mit denen internationale Luxus-Hotelketten ihre Reviere abgesteckt haben.
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Nach gut zwei Wochen Rundreise durch Zentral- und Nordvietnam freue ich mich auf ein paar Tage relaxten Strandurlaub auf der vermeintlich noch weitgehend ruhigen Insel Phu Quoc. Spätestens am Long Beach im Westen der Insel wird klar: Ruhe werde ich hier keine finden. Am Strand reiht sich Liege an Liege, Restaurant an Restaurant, Hotel an Hotel. Und wo noch kein Hotel steht, wird gerade eins gebaut.
Noch voller als am Long Beach ist es am Sao Beach im Süden von Phu Quoc. Der Bilderbuchstrand mit weißem Puderzuckersand, Palmen und türkisblauem Wasser ist mit Hotels, Strandrestaurants und Beach-Bars geradezu gepflastert. Aus den Lautsprecherboxen am Strand dröhnt laute Karaoke-Musik, auf dem Wasser liefern sich Jetski-Fahrer wilde Rennen – ungeachtet der Badenden, versteht sich.
2. Vermüllte Strände und Flüsse
Eigentlich könnte die Fahrt mit dem Sampan (ein traditionelles ostasiatisches Ruderboot) auf den Mündungsarmen des Mekong im Süden von Vietnam richtig beschaulich sein. Bedauerlicherweise aber schwimmen im Wasser ganze Plastiksäcke voller Hausmüll, Styropor-Verpackungen, Plastikkanister und -flaschen. Auch an den Ufern stapeln sich die Abfälle. Hinzu kommen übelriechende Fäkalien und Abwasser, die aus den Häusern und Hausbooten direkt in den Fluss gespült werden.
An den Straßen wie auch an vielen Stränden Vietnams sieht es kaum anders aus. Müllhalden über Müllhalden. Der Strand von Mui Ne beispielsweise ist stellenweise mit Plastikmüll, Essensresten und anderen Abfällen geradezu übersät. Dabei handelt es sich größtenteils um Abfälle der hier lebenden Fischer.
3. Der Moped-Wahnsinn
Beim Überqueren der Straßen in Vietnams Großstädten braucht man als Fußgänger(in) schon ein gewisses Gottvertrauen. Hand hochheben und mutig loslaufen, heißt hier die Devise. Während ich mir so in Hanoi meinen Weg durch die Trauben von Mopeds bahne, fühle ich mich ein bisschen wie Moses, als dieser die Hand ausstreckte, das Meer teilte, mit seinen Landsleuten hindurch zog – und ein biblisches Wunder vollbrachte.
Leider sind in Städten wie Hanoi und Saigon Ampeln und Zebrastreifen keine Garantie dafür, heil und sicher auf die andere Straßenseite zu kommen. Im Gegenteil: Wie es scheint, sind diese nur zur Zierde angebracht worden. Denn ganz gleich, ob eine Ampel Rot anzeigt oder ein Fußgänger an einem Zebrastreifen die Straße überqueren will – angehalten wird nicht.
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Mindestens ebenso gefährlich wie die Straßen sind in Vietnam auch die Bürgersteige, da Mopedfahrer(innen) diese bei Stau als Überholspur nutzen.
Hanoi hat siebeneinhalb Millionen Einwohner und verzeichnet stolze fünf Millionen Mopeds. Klar also, dass in hier wie auch in anderen vietnamesischen Städten ohne Mundschutz gar nichts geht. Absurderweise tragen auch die meisten Mopedfahrer(innen) einen Mundschutz, während sie im gleichen Atemzug die Luft mehr und mehr verpesten.
4. Das Essen
Angeblich soll die vietnamesische Küche eine der besten Küchen der Welt sein. Wer das behauptet, muss in Vietnam offenbar ausschließlich in Gourmet-Restaurants gegessen haben. In normalen Standard-Restaurants jedenfalls war das Essen – für mich – eine bittere Enttäuschung.
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Angefangen bei der berühmten Pho Bo (die traditionelle vietnamesische Nudelsuppe mit Rindfleisch). Entweder war das Rindfleisch hart und sehnig oder die Reisnudeln waren ein harter Klumpen, dem weder mit Stäbchen noch mit Löffel und Gabel beizukommen war. Ganz abgesehen davon, dass die Brühe oft lasch gewürzt war und fad schmeckte.
Natürlich habe ich in Vietnam neben der Pho Bo auch zahlreiche andere Gerichte probiert – und war leider ebenso enttäuscht. Die White Rose Dumplings (mit Fleisch oder Gemüse gefüllte Nudeln, eine Spezialität in Hoi An) schwammen im Fett, ebenso wie die gebratenen Frühlingsrollen und gebackenen Austern. Der Papaya-Salat strotzte vor Knoblauch (wie auch die meisten anderen Gerichte in Vietnam), das Fleisch der karamellisierten Schweine-Rippen war zäh wie Schuhsohle, die gegrillte Ente labberig, der gebratene Eierreis mit Gemüse matschig und die Garnelen allein schon wegen des muffigen Geruchs von vornherein ungenießbar.
Vielleicht hätte ich mich in den drei Wochen besser ausschließlich an die Sommerrollen halten sollen. Die kamen glücklicherweise jedes Mal frisch und knackig daher. Zu meinem Bedauern allerdings oft mit einem Fertig-Dip aus der Plastikflasche.
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5. Unfreundliche Menschen
Keine Frage: Ich erwarte nicht, dass mich jeder Vietnamese anlächelt. Aber wenn ich einen privaten Fahrer für 125 US-Dollar buche, erwarte ich zum Empfang wenigstens eine Begrüßung und ein halbwegs freundliches Gesicht. Stattdessen aber stößt der Fahrer mürrisch die Autotür auf und erwidert nicht einmal mein „Hello“. Leider kein Einzelfall.
Ähnlich unschöne Erlebnisse hatte ich während meiner dreiwöchigen Vietnam-Reise leider auch mit anderen unfreundlichen (Taxi-)Fahrern, eine beinahe unverschämte Stadtführerin in Hoi An, einer ziemlich ruppigen Zugschaffnerin auf der Strecke von Da Nang nach Ninh Binh und diversen mürrisch drein blickenden Supermarkt-Verkäufer(inne)n und Restaurant-Bedienungen.
Man kann als Tourist(in) in Vietnam so freundlich sein wie man will, doch gelingt es einem leider nur sehr selten, einem Vietnamesen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, geschweige denn ein (freundliches) Wort zu entlocken. Das zumindest war meine Erfahrung.
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6. Touristen-Abzocke
Wenn es ums Geld geht, können manche Vietnamesen geradezu unverschämt werden. Hier drei Beispiele:
1. In Hanoi habe ich für eine Stunde einen Rikscha-Fahrer gebucht. Er hatte mir einen Preis in Höhe von 150.000 Dong (ca. 4,70 Euro) genannt. Als ich den Mann nach der Fahrt bezahlen wollte, forderte er plötzlich zusätzliche 100.000 Dong. Nachdem ich mich weigerte, mehr zu bezahlen als vereinbart, wurde ich bitterböse beschimpft.
2. Für eine Tour durch die trockene Halong Bay habe ich mir in Tam Coc ein Sampan gemietet. Bezahlt wird vorab an einem zentralen Ticket-Schalter. Die Fahrt war noch nicht einmal zu Ende, da gab mir die Bootsfrau mit aufgehaltener Hand zu verstehen, dass sie Trinkgeld wolle.
Da mir klar war, dass die Frauen, die die Boote rudern, am wenigsten von dem ganzen, großen Kuchen abbekommen, hatte ich vorsorglich schon reichlich Tip für „meine“ Bootsführerin beiseite gelegt. Am Ende gab ich ihr nichts, da ich mich ungern zu freiwilligen Leistungen zwingen lasse.
3. Wie fast alle Vietnam-Newbies habe auch ich eine Kreuzfahrt durch die Halong-Bucht gebucht. Bei der allgemeinen Begrüßung an Bord des Kreuzfahrtschiffs hatte uns das Restaurant-Personal dazu ermuntert, die Cocktailbar auf dem Oberdeck zu besuchen. Dort sollte es zur Happy Hour am Abend zwei Cocktails zum halben Preis geben. Am Ende aber mussten wir dann doch beide Getränke voll bezahlen, da das Angebot angeblich nicht „Buy 1, Get 1 Free“, sondern „Buy 2, Get 1 Free“ gelautet habe. Hatten wir uns da wirklich verhört? Wohl kaum. Denn auch unsere mehr als 30 Mitreisenden waren bass erstaunt, als die Kellner bei ihnen die volle Summe abkassierten.
Natürlich muss man die Meinung der Autorin nicht teilen, auf TRAVELBOOK haben wir das Land durchaus auch schon sehr lobend erwähnt.