1. April 2016, 11:58 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Montenegro vereint viele Attraktionen auf kleinem Raum. Die Menschen freuen sich über Touristen, denn die bringen Jobs. Zwar zeugt so mancher grobe Hotelklotz davon, dass noch viel Arbeit zu tun ist – aber es gibt schon jetzt genug gute Gründe, den kleinen Staat an der Adria zu besuchen.
Der in die Jahre gekommene Kleinbus rast um eine Kurve. Er kommt aus dem Inland, nun wird der Blick auf die Bucht von Budva frei. Für Busfahrer Andrej ist das staunende „Ah!“ und „Oh!“ seiner Mitfahrer nichts Neues. Viermal täglich fährt er in die Touristenhochburg an der Adriaküste hinein.
In den öffentlichen Bussen, die alle größeren Städte Montenegros verbinden, befinden sich ohnehin kaum Urlauber. Die Fahrzeuge für bis zu zwölf Insassen sind das Transportmittel Nummer eins für die Einheimischen auf dem Weg zur Arbeit und wieder zurück. Die Touristen aus Serbien oder auch Frankreich und Deutschland halten sich lieber in den Straßencafés auf oder besichtigen mittelalterliche Stadtzentren, umgeben von duftenden Feigen- und Orangenbäumen. Wer durch die Landschaft mit ihren Zypressenhainen fährt, der muss gleich an die Toskana denken – und nicht an den Balkan.
Rund 500 Euro im Monat, etwas mehr als das Durchschnittseinkommen, verdient der zweifache Vater Andrej mit seinen täglichen Fahrten zwischen Budva, Tivat – und Kotor. Die mittelalterliche Siedlung mit Stadtmauer, Burg und der herrlichen Bucht von Kotor wurde 1979 zum Weltkulturerbe erklärt. Montenegros Nationalstolz. Die Geschichtsstudentin Ksenia, Mitte 20, verdient sich als Reiseleiterin Geld dazu. Es gebe einfach zu wenig Arbeit, sagt sie. Noch. Industrie und Tourismus erholen sich vom Jugoslawien-Krieg, aus dem sich Montenegro so gut es ging herausgehalten hat.
Wer die Touristenbucht von Budva erreicht, schaut nicht nur auf das türkisblaue Wasser der Adria, die historische Hafenstadt und die Insel Sveti Nikola. Sondern auch auf Hotelbunker der Sechziger und Siebziger Jahre. Mancher empfindet sie regelrecht als Beleidigung für das Auge. Doch es werden weitere Anlagen gebaut.
Das Geldverdienen gestaltet sich aber zum Teil schwierig. Seit 2010 wird abwechselnd gebaut und gestoppt. Die Bauarbeiten nehmen immer dann wieder Fahrt auf, wenn einige Parzellen an investitionswillige Europäer veräußert wurden. Während viele Städte Europas gelernt haben, ihr historisches und kulturelles Erbe zu schützen und die Landschaft zu verschandeln, steht der Umweltschutz in Montenegro noch ziemlich am Anfang.
Land der Superlative
Andrej und Ksenia sehen die üblen Bausünden schon gar nicht mehr. Für sie ist die kleine Schwester Serbiens ein Land der Superlative: Einige der tiefsten Schluchten der Mittelmeerregion gibt es hier, hohe Berge und den einzigen Fjord in Europa außerhalb Norwegens. Genaugenommen ist die Bucht von Kotor (siehe großes Foto oben) kein richtiger Fjord, weil es hier das Meer ist, das sich in ein ehemaliges tiefes Flusstal geschnitten hat. Aber spektakulär ist die Landschaft allemal. Ksenia schwärmt vom Skadar-See. Er ist das größte Binnengewässer auf dem Balkan.
Budva und das benachbarte Becici sind bekannt für ausgelassene Strandparties. Seit 2014 steigt für drei Tage im Juli das Sea Dance Festival, bei dem 80.000 Besucher zu elektronischer Musik feiern. „An diesen Tagen haben wir hier Ausnahmezustand. Da nehme selbst ich mir drei Tage frei, um dabei zu sein“, sagt Andrej.
In 9 Tagen (fast) das ganze Land sehen Der perfekte Roadtrip durch Montenegro
Geheimtipp? Warum man in Montenegro lieber nicht an die Küste reisen sollte
Tipps für Urlauber Die perfekte Reiseroute durch den Balkan
Was man über Montenegro wissen sollte
Einreise
Urlauber benötigen einen Reisepass oder Personalausweis. Die Dokumente müssen bei Einreise noch drei Monate gültig sein.
Klima und Reisezeit
An der Küste Montenegros herrscht mediterranes Klima, in den Bergen ist das Wetter rauer. Die Badesaison dauert von Mai bis September. Kultururlauber können die Nebensaison im Frühjahr und Herbst nutzen. Für Winterurlauber gibt es Skigebiete.
Geld
Die Landeswährung ist der Euro.
Sprache
Die Landessprache ist Serbisch. Englischkenntnisse kann man in den Touristenregionen voraussetzen, im Landesinneren eher nicht.