29. August 2019, 6:40 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Traumhafte Natur, bunte Städte, leckeres Essen: Für einen perfekten Urlaub muss man nicht immer in die Ferne, findet unser Autor – und verrät, was er an Deutschland als Reiseland mittlerweile so liebt.
Wenn es um Urlaub geht, gilt für nicht wenige mittlerweile die Devise: je weiter weg, desto besser. Je ausgefallener, desto cooler. Die Sehnsuchtsziele von heute liegen in Südostasien, Südamerika und Australien, aber scheinbar nicht mehr vor der eigenen Haustür. Doch warum eigentlich? Ich gebe zu, ich selbst war lange auch ein Anhänger der zuvor benannten Devise, bin bereits in über 50 Ländern gewesen. Und dann habe ich gemerkt, wie schön es eigentlich bei uns in Deutschland ist.
Denn egal ob Aktivurlaub, Strand und Inselidylle, Wandern in den Bergen oder feiern in einer bunten Großstadt, in Deutschland kann man all das auch machen, wonach man im Ausland oft lange suchen muss. Natürlich, Urlaub im eigenen Land mag nicht dieselbe Exotik versprechen wie eine Reise auf einen anderen Kontinent, aber ich habe gemerkt, dass es für mich auch gar nicht immer „höher, schneller, weiter“ heißen muss. Ich sage es hier ganz offen und ehrlich: Ich bin verliebt – verliebt in Deutschland als Reiseland.
1100 Kilometer Abenteuer
Nun ist das keine Erkenntnis, die mir plötzlich gekommen wäre – sie ist eher gewachsen und durch zahlreiche Reisen in der Heimat bestätigt worden. Eine erste Ahnung von der Größe und Großartigkeit von Deutschland bekam ich, als ich 2015 mit meinem Fahrrad 1100 Kilometer durch Deutschland fuhr, immer entlang großer und kleiner Flüsse wie der Elbe, der Saale, der Aisch, der Altmühl und schließlich der Donau. Aus Berlin ging es über Brandenburgs endlose Kornfelder und die von Mittelgebirgen geprägte Landschaft Thüringens schließlich bis hinunter in die Idylle Bayerns mit seinen Kneipfußbädern, gemütlichen Wirtshäusern, altehrwürdigen Städten und freundlichen Menschen, aber die traf ich ehrlich gesagt überall.
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Während der dreiwöchigen Reise schlief ich fast immer im Zelt unter freien Himmel, und das völlig unbehelligt und frei von Ängsten und Zweifeln – mal ehrlich, in welchem anderen Reiseland würde man sich das wohl so gedankenlos trauen? Ob Stadt oder Land, das Alleinereisen ist in Deutschland überhaupt kein Hindernis, sondern genauso wie in fernen Backpacker-Ländern eher eine Einladung, andere Menschen kennenzulernen. Manche füllten freundlich meine Wasserflasche nach, andere ließen mich in ihrem Garten übernachten, einige teilten sogar ihre Geheimtipps mit mir und zeigten mir Orte, die ich sonst nie gefunden hätte – oder haben Sie gewusst, dass das Entenhausen aus den Micky Maus-Comics in Deutschland liegt und eigentlich Schwarzenbach heißt?
Das Beste aus Natur und Kultur
Richtig gehört, denn hier lebte und arbeitete jahrzehntelang Erika Fuchs, die die Comics um die weltbekannte Maus und vor allem Donald Duck ins Deutsche übersetzte, woran heute in Schwarzenbach ein Museum erinnert. Dass man nicht unbedingt nach Brasilien muss, um brasilianisch zu feiern, lernte ich bereits ein paar Tage später auf dem Samba Festival in Coburg, dem selbsterklärt größten seiner Art außerhalb Südamerikas, auf dem Zehntausende Menschen fröhlich und friedlich feierten. Altehrwürdige Städte wie Rothenburg ob der Tauber lagen genauso auf meiner Route, und wer schon einmal dort war, weiß, dass andere Nationen wie Japaner bevorzugt in solche Märchen-Fachwerkstädte kommen, um bei uns Urlaub zu machen und zu staunen.
Gleiches gilt für die Wunderwelt des Elbsandsteingebirges, das jährlich Millionen Menschen aus aller Welt besuchen, um hier in herrlichster Natur Wandererlebnisse der absoluten Extraklasse zu haben: Bizarre Felsformationen, Wasserfälle, Höhlen, tiefgrüne Wälder und lichtdurchflutete einsame Täler erwarten den Besucher, das Leben plätschert so gemütlich dahin wie einer der zahllosen kleinen Bäche. Die Sächsische Schweiz, wie die Region auch genannt wird, hat mit ihrer wahrhaft berauschenden Natur in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder zahlreiche bedeutende Künstler inspiriert und ist für mich einer meiner absoluten Lieblings-Orte geworden – zumal auch die beeindruckende Stadt Dresden, die bereits der Maler Canaletto verewigte, nur einen Katzensprung entfernt liegt, man hier also das wirklich Beste aus Stadt und Land in nur einer (Kurz)Reise haben kann.
Stadt, Land, Fluss
Gleiches gilt für den Harz, eine Wanderregion, die sich über drei Bundesländer erstreckt und Besucher sowohl mit romantischen kleinen Fachwerkstädten als auch mit der wunderbaren Einsamkeit der weiten Wälder lockt. Die Weltkulturerbe-Stadt Quedlingburg spielt in Sachen weltweites Touristen-Interesse etwa in einer Liga mit Rothenburg und Bamberg, über vielen Orten wie Wernigerode und Blankenburg thronen mächtige Schlösser wie aus dem Sagenbuch. Überhaupt ist das Wandern an sich eines meiner Hauptargumente für meine Liebe zu Deutschland als Reiseland, denn in wenigen Ländern wird die Natur so sehr geschützt, geachtet und erhalten wie in Deutschland.
Der Harz ist vielerorts so idyllisch wie hier bei Clausthal-Zellerfeld
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Und auch wenn in Deutschland keine Palmen wachsen, müssen wir uns mit unseren zahllosen traumhaften Stränden an Nord- und Ostsee wahrlich nicht verstecken – und warum muss es denn die Karibik sein, wenn man Sylt, Rügen und Helgoland quasi „direkt vor der Tür“ hat? Auch den frischen Fisch, den ich persönlich immer als besonderes Plus in einem fernen Land betrachte, gibt es hier überreichlich und lecker. Auch sonst kann Deutschland in kulinarischer Hinsicht einiges, das beweisen zum Beispiel Bamberg und seine Umgebung, wo es die höchste Dichte an Brauereien auf der ganzen Welt gibt – wohl nirgends ist die Bierkultur so ausgeprägt, schmeckt der Gerstensaft so vielfältig und frisch, und das zu Preisen, die wohl jeder anderen Nation Freudentränen in die Augen treiben würden. Aber auch der Allgäu gehört zu den absoluten Hot Spots in Sachen Genuss, denn im Schatten mächtiger Berge kann man hier das Beste aus der frischen Alpenmilch in Form von unzähligen Käse-Variationen genießen, wiederum teils unglaublich günstig. Ob Sauerbraten im Rheinland, Haxe in Bayern, Semmelknödel in Sachsen oder Currywurst, Bulette und Döner in Berlin, auf deutsche Delikatessen kann man zurecht stolz sein. Es heißt ja auch nicht umsonst: Liebe geht durch den Magen.
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Unglaubliche Auswahl, unglaublich günstig
Schließlich und endlich haben wir in Deutschland natürlich auch kulturell und gesellschaftlich vielseitige, bunte, laute und moderne Großstädte, allen voran Berlin, das mit seiner legendären Partyszene längst zum Epizentrum der europäischen, wenn nicht weltweiten Club-Kultur geworden ist. Fast 200 Nationalitäten leben in Berlin und lieben neben den trendigen Szenebezirken auch, dass man jederzeit ins Grüne oder ans Wasser flüchten kann, wenn es einem in der Innenstadt einmal zu hektisch wird. Ob Neukölln oder Spandau, hier findet wirklich jeder etwas nach seinem Geschmack. Ich liebe die unglaubliche Auswahl in meiner Heimatstadt, hier könnte ich an fast jedem Tag des Jahres ein Gericht aus einem anderen Land essen, treffen sich Künstler und Lebenskünstler aus aller Welt beim coolen Abhängen auf der Admiralbrücke genauso wie bei einem spontanen Rave im Volkspark Jungfernheide oder einem sommerlichen Spaziergang mit Bademöglichkeit im Grunewald.
Der Schwarzwald, die Eiffel, der Bayrische Wald, das Erz- und das Riesengebirge, die Liste der schönen Orte in Deutschland ließe sich wohl unendlich fort führen. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass Deutschland eines der vielseitigsten Länder überhaupt ist – und auch eines, in dem man viele Jahrhunderte Geschichte vom Mittelalter bis zur Moderne sehr einfach erleben kann. Dazu kommt noch, dass Urlaub in der Heimat vielerorts noch richtig günstig sein kann, so zum Beispiel im Harz: Für ein Wochenende mit meiner Freundin zahle ich hier aktuell mit Anfahrt per Bahn, Unterkunft und einmal essen im Restaurant nicht mal 150 Euro, insgesamt wohlgemerkt.
Wenn Sie also das nächste mal einen Urlaub planen, denken Sie doch einmal an das alte, wahre Sprichwort: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah.