21. August 2021, 8:37 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Aralsee eines der größten Binnenmeere unseres Planeten. Heute findet sich an seiner Stelle die jüngste Wüste der Welt – als dramatische Folge einer beispiellosen Umweltzerstörung. Doch es gibt wieder Hoffnung.
Mitten in der kargen Landschaft steht ein rostiges Gerüst. Wer näher hinschaut, erkennt: Es handelt sich um das Gerippe eines Schiffs. Doch wie kommt es in die Wüste? Die Erklärung ist einfach: Einst war hier ein Hafen und man sah Wasser, soweit das Auge reichte. Das Schiff liegt im ehemaligen Hafen von Moʻynoq, einer Stadt in Usbekistan.
Noch vor wenigen Jahrzehnten lag sie am Aralsee, dem ehemals viertgrößten Binnenmeer der Welt. Doch vom Aralsee ist heute kaum so viel übrig, wie von dem Hafen. Er ist in den vergangenen Jahrzehnten auf einen Bruchteil seiner Größe geschrumpft. So liegt Moʻynoq heute nicht mehr am Wasser, sondern etwa 160 Kilometer vom Ufer des Aralsees entfernt, inmitten der jüngsten Wüste der Welt, dem Aralkum. Doch wie konnte es dazu kommen?
Vom gigantischen See zur Salzwüste – eine beispiellose Umweltkatastrophe
Noch vor knapp 50 Jahren war der Aralsee so groß wie ganz Bayern bzw. Irland, laut „Business Insider“ bedeckte er die Fläche von gut 68.000 Quadratkilometern. Doch durch Misswirtschaft trocknete der gigantische See in den vergangenen Jahrzehnten fast vollständig aus. Schuld daran ist dem britischen „Guardian“ nach unter anderem die in Usbekistan wichtige Baumwollindustrie. Um die Pflanzen zu bewässern, wurden ab den 1930er Jahren zahlreiche Flüsse umgeleitet, die zuvor den Aralsee mit Frischwasser gespeist hatten.
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Doch diese Katastrophe brachte noch eine zweite mit sich. Denn zurück blieb zu allem Übel auch noch ein salzverkrusteter, mit Pestiziden aus der Baumwollzucht verseuchter, fortan unfruchtbarer Boden. Der Aralsee, dessen Name übersetzt so viel bedeutet wie „See der Inseln“, ist heute im Vergleich zu seiner früheren Größe nur noch eine größere Pfütze. Laut „Deutschlandfunk“ hatte er 2014 gerade einmal noch ein Zehntel seiner ursprünglichen Fläche. Heute dürfte es noch bedeutend weniger sein.
Dramatisches Artensterben
Er ist streng genommen auch nicht mal mehr ein ganzer See, da durch das Austrocknen mittlerweile zwei Restflächen entstanden sind. Die mehr als 1000 Inseln, die er früher beherbergte, sind heute größtenteils nicht mehr als trockene Flecken in der Wüste. In den 1960er Jahren hatte er begonnen, sich immer mehr zurückzuziehen. Ab Anfang der 1980er Jahre dann stieg sein Salzgehalt drastisch an, sodass alle dort lebenden, auf Süßwasser angewiesenen Tierarten, verendeten.
Dies bedeutete auch das Ende von Moʻynoq und anderer, rund um den Aralsee verteilter Orte, die auf die Einnahmen aus dem Fischfang angewiesen waren. Hoffnung für den Aralsee gibt es jedoch seit 2005 wieder, denn in diesem Jahr wurde der Korakal-Damm in Kasachstan fertiggestellt. Er verhindert, dass einmal in den See gelangtes Wasser wieder abfließt. Seitdem hat sich auch der Salzgehalt des Wassers zumindest hier wieder gesenkt. Und auch die Fische sind zurückgekehrt. Vor allem der Zander von dort wird heute wieder nach ganz Europa exportiert.
Und so sind die Ruinen von Moʻynoq und anderen Orten rund um den Aralsee längst zu einer bizarren Attraktion für Fans des Dark Tourism geworden. Auf diese Weise generieren viele Menschen, die der früher viertgrößte See der Welt einst ernährt, zumindest wieder ein bescheidenes Einkommen. Die rostigen Gerippe des Schiffsfriedhofes von Moʻynoq stehen sinnbildlich dafür, wie aus einem der größten Seen der Welt eine Wüste wurde.
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Die Hoffnung ist zurück
2018 maß der Aralsee an seiner breitesten Stelle schon wieder 110 mal 80 Kilometer, das Wasser war bis zu 49 Meter tief. Viele Orte wie das kasachische Aralsk haben sogar Hoffnung geschöpft, dass das Wasser einst wieder bis zu ihren Gestaden reichen könnte. Ob jedoch damit auch Moʻynoq zu retten wäre, ist ungewiss. Laut „Business Insider“ könnte die Katastrophe um den Aralsee eventuell zumindest parziell rückgängig gemacht werden, wenn man die damals umgeleiteten Flüsse wieder in ihre ursprünglichen Bahnen lenkte. Jedoch ist es unwahrscheinlich, dass das passieren wird, denn Usbekistan ist zu sehr abhängig von seiner Baumwollindustrie.
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