29. Mai 2022, 5:58 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Vor über 7000 Jahren entstand der Crater Lake im US-Bundesstaat Oregon durch einen Vulkanausbruch. Dieser war derart gewaltig, dass er sogar in der Folklore der damaligen Ureinwohner eine Rolle spielt. Und auch heute noch verblüfft Nordamerikas tiefster See Wissenschaftler durch einige unglaubliche Eigenschaften.
Schließen sie kurz einmal die Augen und versuchen Sie sich vorzustellen, wie viel 128 Milliarden Liter Wasser sind. Dann stellen Sie sich einen See vor, der jährlich diese Menge an Wasser verliert – und dennoch der tiefste See in den gesamten Vereinigten Staaten ist. Willkommen am Crater Lake im US-Bundesstaat Oregon, einem Gewässer der absoluten Superlative.
Fangen wir doch mal damit an, dass der Crater Lake laut der offiziellen Seite des Kratersee-Nationalparks vor 7700 Jahren durch einen gewaltigen Vulkanausbruch entstand. Mit einer unvorstellbaren Gewalt brach der damals schätzungsweise gut 3600 Meter hohe Feuerberg Mount Mazama aus – und stürzte anschließend in sich zusammen. Zurück blieb eine 1,2 Kilometer tiefe Caldera mit einem Durchmesser von acht bis zehn Kilometern. In der Mythologie der einst hier ansässigen Makalak-Ureinwohner spielt die Naturkatastrophe eine wichtige Rolle.
Kampf der Geister
Ihrem Glauben nach fand hier kein Vulkanausbruch, sondern ein Kampf zwischen einem Himmels-Geist und einem Berg-Geist statt. Laut dem US Department of the Interior war der Mount Mazama den Indigenen heilig. Doch erst durch diesen Super-Gau konnte der Crater Lake überhaupt entstehen. Denn über die Jahrhunderte füllte sich die bei der Eruption entstandene Caldera mit Regen- und Schmelzwasser von Schnee. Gleichzeitig formten sich die bizarr zerklüfteten Inseln, die heute in dem See liegen.
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Und was die Natur hier schuf, ist ein See, der Besucher wie Wissenschaftler bis heute in Staunen versetzt. Mit einer Maximaltiefe von 592 Metern ist er der tiefste See in ganz Nordamerika, und „Visit USA“ zufolge der siebttiefste auf der ganzen Welt. Der Nationalpark-Seite nach enthält er ein Wasservolumen von unfassbaren 18,6 Trilliarden Litern Wasser. Und sagten wir anfangs, dass der See jährlich eine Menge von 128 Milliarden Litern durch Verdunstung und Versickerung verliert? Dieselbe Menge gewinnt er in diesem Zeitraum durch Regen- und Schmelzwasser auch wieder.
Das Rätsel des verschwundenen Wassers
Der Crater Lake hat keine Zuflüsse, und wird allein von eben dieser natürlichen Wasser-Einspeisung genährt. Quasi als Nebeneffekt ist er besonders sauber und klar, mit einer Sichttiefe von bis zu 31 Metern. Wohin all das Wasser aber geht, das der Kratersee verliert, stellt Wissenschaftler bis heute vor ein Rätsel. Bislang hat man keine Quellen oder andere Gewässer entdeckt, die das selbe Wasser führen wie er.
Einzigartig ist der Crater Lake aber auch wegen seiner Flora und Fauna. So kommt der Mazama-Wassermolch, benannt nach dem Vulkan, weltweit nur hier vor. Zwischen 1886 und 1941 wurde auch versucht, in dem See insgesamt sieben Fischarten anzusiedeln – überdauert haben bis heute nur die Regenbogen-Forelle und der Kokonee-Lachs. Gut angepasst hat sich dagegen der ebenfalls besetzte Flusskrebs, der aber mittlerweile wiederum die Existenz der Molche bedroht.
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Wanderwege und Phantominseln
Wegen seines einzigartig klaren und blauen Wassers ist der Crater Lake heute eine der größten Touristenattraktionen in Oregon. Gut 740 Quadratkilometer umfasst der dazugehörige Nationalpark, übrigens laut „Visit USA“ der einzige im gesamten Bundesstaat. Beliebt wegen seiner zahlreichen Aussichtspunkte ist zum Beispiel der 53 Kilometer lange Rim Drive. Hier kann man den See entweder im Auto oder auf dem Rad umrunden. Zusätzlich gibt es rund um den Kratersee 150 Kilometer Wanderwege. Auch im Winter ist der Nationalpark gut besucht, denn im Durchschnitt fallen hier pro Jahr 13 Meter Schnee.
Bei Touristen beliebt sind auch Ausflüge mit dem Boot zu den bizarr geformten Inseln aus vulkanischem Gestein im Crater Lake. Die größte von ihnen ist dem US Department of the Interior zufolge Wizard Island, dessen fast 230 Meter hohen Gipfel man auch besteigen kann. Phantom Ship Island dagegen erinnert laut dem Namen an ein Geisterschiff, hier erwarten bis zu 16 Stockwerke hohe Felstürme die Besucher. Pro Person beträgt der Eintritt in den Nationalpark aktuell 12 Dollar, und 25 Dollar, wenn man mit dem Auto anreist.