5. Juni 2023, 12:47 Uhr | Lesezeit: 12 Minuten
Retorten-Hölle oder Indoor-Urlaubsparadies? Das Erlebnisbad Tropical Islands in Brandenburg ist eine der beliebtesten Touristen-Attraktionen Deutschlands. TRAVELBOOK-Autorin Susanne Resch ist in die Möchtegern-Tropen gereist. Was sie dort erlebt hat.
Künstliche Tropen und ein gigantisches Erlebnisbad in einer ausgedienten Cargolifter-Halle mitten in Brandenburg? Zugegeben klingt das für mich von vornherein eher abschreckend. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Tausende Familien und vor allem Eltern, die die Wünsche ihrer Kinder vollends über ihre eigenen Bedürfnisse stellen und dafür leiden müssen. Tausende klingt übertrieben? Nicht wirklich: „8000 Besucher dürfen in den Sommermonaten, wenn der Außenbereich geöffnet ist, ins Tropical Islands. Im Schnitt befinden sich etwa 3000 bis 3500 Gäste im Tropical Islands, im absoluten Peak 6500“, erklärt auf TRAVELBOOK-Nachfrage ein Sprecher des Wasserparks. Ich fahre am Freitag nach Christi Himmelfahrt, also einem klassischen Brückentag, und stelle mich daher auf mehr als 6000 Mit-Urlauber ein. Dennoch bleibt bei mir die Hoffnung, dass mich das beliebte Tropical Islands vielleicht doch positiv überraschen wird.
Auf in die Südsee nach Brandenburg
Mit gemischten Gefühlen sitze ich morgens im RE 2 von Berlin Richtung Cottbus. Die Fahrt vom Ostbahnhof bis zum Bahnhof Brand in der Niederlausitz dauert eine knappe Stunde. Am Zielbahnhof soll es dann per Bus, der etwa jede halbe Stunde fährt, ins Tropical Islands gehen. Kurz nach 10:00 Uhr in Brand angekommen, sehe ich schon vom Bahnsteig aus nur einen Bus vor dem Bahnhof stehen. Ich lege einen Gang zu, da ich vermute, dass nicht alle, die aus dem Zug aussteigen und in das Erlebnisbad wollen, in einen einzigen Bus passen werden.
Tatsächlich schafft es nur etwa die Hälfte in den überfüllten, stickigen Bus, in dem es nach vollen Windeln riecht. „In 30 Minuten kommt der nächste Bus“, erklärt der Busfahrer denen, die es nicht schaffen, und nun mitunter mit Kleinkindern, Kinderwagen und diversen Taschen am Bahnhof verbleiben.
40 Minuten anstehen und 51,90 Euro für die Tageskarte?!
Während der zehnminütigen Fahrt, bei der ich stehe, aber immerhin nicht umfallen kann, da ich eingekeilt bin, beruhige ich mich etwas, indem ich bewusst atme und mir sage, dass immerhin der Eintritt auf Redaktionskosten geht. Apropos Eintritt: Der kostet 51,90 Euro an der Tageskasse. Es gibt nur eine Tageskarte, einzelne Stunden können zwar im Erlebnisbad verbracht, aber nicht gebucht werden (die aktuellen Preise finden Sie hier). Auf die Sauna verzichte ich, denn die hätte noch einmal 14 Euro extra gekostet und nach etwa 40 Minuten Anstehen ist mir darauf schon jetzt die Lust vergangen.
Konfrontiert mit den langen Wartezeiten, weist auf TRAVELBOOK-Nachfrage der Unternehmenssprecher von Tropical Islands darauf hin, dass der Brückentag nach Christi Himmelfahrt ein „besonders besucherstarker Tag“ ist und es deshalb zu längeren Schlangen und Wartezeiten kommen könne. Die maximale Wartezeit hätte jedoch im Peak zwischen 10:00 und 12:00 Uhr nur 25 Minuten betragen – alle Gäste, die vor oder nach diesem Zeitpunkt eingecheckt haben, hätten zudem weniger lang angestanden. Das entspricht leider nicht meiner Erfahrung.
Wie auch immer: Nach der Wartezeit geht es von der Kasse für mich direkt in die Umkleide mit Tausenden Spinden – es ist voll und stinkt nach Schweiß(-Füßen). Ich ermahne mich selbst, nicht so überheblich zu sein, weiß aber im nächsten Moment auch, dass ich hier schnell wieder raus möchte.
Was gibt es eigentlich im Tropical Islands?
Bisher konnte mich mein Tropical-Islands-Ausflug nicht überzeugen. Dabei gibt es in der Tropen-Halle eigentlich einiges zu sehen. Neben dem von mir ausgeklammerten Wellness-Bereich finden sich innen die beiden großen Pools „Südsee“ (3000 Quadratmeter) und „Lagune“ (1200 Quadratmeter), der mit 27 Metern höchste Wasserrutschen-Turm Deutschlands, ein 658 Quadratmeter großer Wasserspielplatz und im 35.000 Quadratmeter großen Außenbereich unter anderem ein Strömungskanal, zwei Pools und ein Surf-Simulator.
Von einer Kollegin habe ich bereits gehört, dass der Außenbereich bei schönem Wetter tatsächlich recht erholsam ist und auch die Rutschen Spaß machen. Allerdings war besagte Kollegin das erste und einzige Mal während der Coronazeit im Tropical Islands – und erfreute sich vor allem über die kurzen Warteschlangen an den Rutschen. Die scheint es nun, wie auch die damaligen Einlass-Beschränkungen, nicht mehr zu geben. Im Vorfeld habe ich bereits auf Bewertungsportalen von regelrechten Staus in und an einigen Rutschen gelesen.
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Die Liegen reichen nicht einmal annähernd – einige sind kaputt
Gegen 11:20 Uhr betrete ich endlich das Herzstück der Cargolifter-Halle, die von einer malaysischen Firma Anfang der 2000er in ein gigantisches Erlebnisbad umgewandelt worden war. Wie die meisten Menschen auch zieht es mich in der künstlichen Urlaubswelt zunächst in den Südsee-Bereich. An einem gigantischen Pool mit Piratenschiff ist ein künstlicher Sandstrand aufgeschüttet. Auf ihm und den darüber ragenden Holzterrassen sind zahlreiche Liegen aufgestellt. Doch einige sind kaputt, haben keine Armlehnen mehr. Hinzu kommt, dass – obwohl es noch vormittags ist – keine einzige Liege mehr frei ist. Die ersten Verzweifelten machen es sich auf den angrenzenden Beton-Flächen „gemütlich“, teils neben den Mülleimern. Für das Eintrittsgeld eine absolute Frechheit!
Auch der Pool ist für mich ein Albtraum: Voll gepfropft mit Menschen, kollidiert jeder, der hier schwimmen möchte, nach maximal zwei Zügen mit einem Kind. Dazu ist es für meine Wahrnehmung unerträglich laut. Allerdings scheinen die meisten Kinder hier Spaß zu haben.
Das sagt Tropical Islands zur Auslastung und dem Liegen-Problem
Bei extrem hohen Besucherzahlen sei laut dem Pressesprecher des Tropical Islands die Anzahl der Liegen tatsächlich ein Problem – alle Bereiche zusammengenommen gebe es nämlich etwa 3000. Die Anzahl wolle man aber in nächster Zeit um etwa 1000 aufstocken. Kaputte Liegen konnte der Sprecher nicht bestätigen: „Diese werden regelmäßig gewartet und könnten auch unmittelbar beschädigt worden sein.“ Dass Besucher Liegen reservieren, erkennt der Sprecher hingegen als Problem an. Eine Lösung gibt es derzeit allerdings kaum, denn im Bad gibt es aktuell keinerlei Abstell- oder Verstaumöglichkeiten für mitgebrachte Handtücher, die ein Nicht-Reservieren der Liegen ermöglichen würden.
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Die Tierhaltung ist fragwürdig, einige Bereiche sind dreckig
Noch etwas, das mir aufstößt: In dem durchaus sehenswerten, aber teils stark vertrocknetem Regenwald-Biotop der Halle leben noch immer echte Kois, Flamingos, Aras, verschiedene andere Vögel und Schildkröten. Da Tropical Islands ein 24-Stunden-Betrieb ist, haben die Tiere wahrscheinlich sehr selten eine Pause von Licht, Lärmkulisse und wild fotografierenden Menschen. Die Flamingos wirken teilnahmslos. Sie drängeln sich alle um ihre Futterstelle und bewegen sich ansonsten kaum.
Hinsichtlich der fragwürdigen Tierhaltung versichert der Sprecher, dass die Tiere artgerecht gehalten würden, ihre Haltung vom Kreis-Veterinär gestattet sei und es ihnen gut gehe. Zudem müsste man laut Sprecher dann generell jeden Zoo infrage stellen. Ich frage mich, ob das eine Elend das andere rechtfertigt, und ob man wirklich Tiere in diese Halle sperren muss?
Schockiert bin ich auch von teils dreckigen Bereichen. Dazu zählen neben einer schmuddeligen Karte auf ebenso unsauberem Tisch auch diverse nicht abgeräumte Tische in den Restaurants. Zudem sind mehrere Toiletten dreckig, Urin findet sich auf Klobrillen und Böden. Das ist enttäuschend, vor allem, wenn man die Anreise, das Anstehen und das hohe Eintrittsgeld bedenkt. Ich empfinde alles andere als Erholung – und bin damit nicht allein. Das zeigt sich nicht nur in den Gesprächen, die ich vor Ort mit anderen Besuchern führe, sondern auch in vielen sichtbar enttäuschten Gesichtern.
So war das Essen im Tropical Islands
Mit der Zeit bekomme ich allmählich Hunger. Wäre ich hier nur privat, hätte ich mir etwas zum Mitnehmen geholt und wäre so schnell wie möglich geflohen. Doch auch das Essen macht eben einen Tag im Tropical Islands aus. Deshalb versuche ich, den teils unangenehmen Geruch und die Lautstärke zu ignorieren und gehe zunächst in den Foodcourt. Dort stehe ich 20 Minuten für Nudeln mit Tomatensoße an. Da ich aber nicht vorankomme, schaue ich mich anderweitig um. Schließlich bestelle ich für 12,90 Euro einfache Thai-Nudeln mit Gemüse im Aroi Dee. Das Lokal wirbt damit, traditionelle thailändische Gerichte mit authentischen und frischen Zutaten der fernöstlichen Küche zuzubereiten. Einen Sitzplatz im Restaurant gibt es nicht und auch das Essen kann mich nicht überzeugen – frische Kräuter fehlen gänzlich und die Portion ist überschaubar. Immerhin sind die Mitarbeiter ausgesprochen freundlich.
Dass die Preise happig sind, sieht man nicht nur an den langen Gesichtern. „Drei Nuggets und fünf Pommes für 9,90 Euro? Das ist unverschämt“, meint ein Familienvater zu mir. Mit seinen zwei Kindern hat er mehr als 900 Euro für drei Übernachtungen bezahlt und laut eigenen Aussagen noch einmal so viel vor Ort ausgegeben. Neben der Feststellung, dass eine Übernachtung in einem Zelt oder Bungalow hier meine absolute Horrorvorstellung wäre, beschleicht mich auch das Gefühl, dass hier bewusst abgezockt wird.
Zwar scheint für viele das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht zu stimmen, aber man will sich offenbar etwas gönnen, wenn man schon einmal da ist – auch den Kindern zuliebe. Zudem gibt es bei mehreren Tagen Aufenthalt auch schlicht keine andere Option, als das teure Essen zu kaufen. Selbstversorgung ist unmöglich. Das macht mich schon fast betroffen, denn bei den hohen Preisen (eine 0,5-Liter-Cola aus dem Automaten kostet 4,75 Euro) fallen für mich vor allem Qualität, Sauberkeit und Service vollends durch.
Das sagt Tropical Islands zu den Mängeln beim gastronomischen Angebot
Konfrontiert mit den Mängeln in der Gastronomie, betonte der Unternehmenssprecher, man kämpfe, wie viele anderen Unternehmen auch, mit Personalproblemen. Der Personalmangel mache sich etwa an nicht abgeräumten Tischen oder langen Warteschlangen beim gastronomischen Angebot bemerkbar, räumt der Unternehmenssprecher ein. Allerdings versuche man derzeit, diese Lücken zu füllen. Bezüglich der kritisierten Preissteigerung, insbesondere beim gastronomischen Angebot, betont der Sprecher die allgemeine Preisstruktur: „Verglichen mit anderen Bädern liegen die Preise im mittleren bis unteren Durchschnitt. Außerdem bieten wir auch günstige Alternativen, wie etwa eine Curry-Wurst für 4,50 Euro und natürlich Pommes.“
Negative Bewertungen häufen sich
Da Currywurst für mich als Veganerin wegfällt und ich ja bereits mein Nudel-Debakel hatte, kommt dieser Tipp für mich leider zu spät. Tatsächlich habe ich nach dem Gastro-Aufenthalt schlicht genug und beschließe zu gehen. Vielleicht hätte mich, wie auch meine Kollegin als sie im Tropical Islands war, der Außenbereich „Amazonia“ mit seinen zwei Außenbecken und Wildwasserrutsche milde gestimmt, aber mir ist nun wirklich die Lust vollends vergangen. Da ich den Bus verpasst habe, frage ich auf dem Parkplatz einen Mann, ob er mich mitnehmen kann. Er fährt mich netterweise zum Bahnhof. Dabei überrascht er mich, als er schwärmend von seiner Jahreskarte erzählt. Er ist, wie so viele, ein echter Fan des künstlichen Paradieses.
Tatsächlich spaltet das Tropical Islands die Gemüter. So häufen sich auf der Reise-Webseite „Tripadvisor“ neben vielen positiven auch diverse negative Bewertungen. Von Letzteren gibt es in letzter Zeit einige. Vor allem die teuren Preise, langen Wartezeiten, die fehlende Sauberkeit und die schlechte Qualität werden bemängelt. So schreibt Irina im April 2023: „Überfüllt und überteuert. Es fängt mit Warteschlange von ca. 30 Minuten an, Kleiderschränke zu klein und knapp, keine freie Liege innerhalb des Aufenthaltes auffindbar […] also, so was habe ich noch nie gesehen. Einen Stern geben wir für die Werbung.“
Daniel berichtet von einem Horrortrip im Mai: „Der Start war mehr als unterirdisch. Wir sind gegen 12 Uhr mit Bahn und Shuttlebus angekommen. […] Insgesamt haben wir bis zum Check-in 3 Stunden angestanden. […] Von den 5-6 Check-in-Schaltern waren 2 besetzt. Was haben wir in den drei Stunden Wartezeit erlebt: völlig überforderte Mitarbeiter, die einem wirklich leid getan haben, schreiende Gäste, vor Verzweiflung weinende Mitarbeiter, fliegende Schlüsselbänder von wütenden Tagesgästen auf der anderen Seite, wieder abreisende Gäste, die sich die Wartezeit nicht gaben (ich frage mich, wie kulant man hier wohl mit den Stornokosten sein wird), weinende Kinder, keine Möglichkeit, an Getränke zu kommen, da der einzige Automat im Eingangsbereich defekt war […]. Was ich aber nicht gesehen habe, ist ein Krisenmanagement irgendeiner Art. […] Ein Hinweis an alle Wartenden, eine Entschuldigung, vielleicht sogar ein Gratis-Wasser in den Wartereihen verteilen. […] Ganz einfach: eine Entschuldigung. Es war aber nichts von alledem zu sehen.“
Was das Krisen- und Beschwerde-Management betrifft, betont der Unternehmenssprecher auf TRAVELBOOK-Nachfrage: „Sollte es in Einzelfällen zu Beschwerden kommen, so versuchen wir natürlich eine Lösung zu finden und kompensieren gegebenenfalls auch.“
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Fazit: Lohnt sich ein Besuch im Tropical Islands?
Auch Tage nach meinem Besuch wirkt das Tropical Islands für mich wie eine Abzocke. Die Werbeversprechen konnten für mich leider nicht eingehalten werden. Ich erinnere mich auch an die kleinen Shops mit meiner Meinung nach maßlos überteuerten Klamotten, Süßigkeiten und natürlich Spielzeug. Maximaler Profit scheint die Hauptsache zu sein. Natürlich ist mir bewusst ist, dass die Energiekosten immens hoch sind. Laut „Tagesspiegel“ hat das Tropical Islands pro Tag den Energiebedarf von 4000 Haushalten. Allerdings kommen auch jeden Tag Tausende Besucher und lassen sich den Besuch in den künstlichen Tropen einiges kosten.
Wäre das Tropical Islands keine Goldgrube, hätte es sicherlich auch nicht im Jahr 2018 für 226 Millionen Euro den Besitzer gewechselt, wie die katalanische Tageszeitung „La Vanguardia“ berichtete. Es gehört nun der spanischen Freizeitpark-Gruppe Parques Reunidos, die zugegebenermaßen so kurz vor der Coronapandemie mit Sicherheit keinen leichten Start hatte. Es bleibt zu hoffen, dass die vielen Probleme, die mir bei meinem kurzen Aufenthalt begegneten, in Zukunft angegangen werden. Denn für mich war mein Besuch im Tropical Islands leider mehr verstörender Horror-Trip als erhofftes Südsee-Feeling.