26. Mai 2020, 5:42 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Ein Wasserfall, ein weltberühmter Schriftzug und sogar ein ganzes Dorf: Wenn es darum geht, Touristen anzulocken, bauen manche Orte ihre Attraktionen einfach selbst auf oder um. TRAVELBOOK zeigt 7 Sehenswürdigkeiten, die nur für Besucher geschaffen wurden.
Rund um die Welt gibt es unzählige Touristen-Attraktionen, die in normalen Zeiten jeden Tag Besucher in Scharen anziehen – jedes Land hat etliche dieser Sehenswürdigkeiten, wegen derer Menschen teils von weit her kommen, um sie zu sehen. Es gibt allerdings auch solche Sightseeing-Spots, die es ohne Touristen nicht geben würde: Sie wurden extra gebaut oder umgebaut, um Menschen anzuziehen. TRAVELBOOK stellt sieben von ihnen vor.
Kaltwassergeysir Andernach, Deutschland
Im süddeutschen Andernach befindet sich der größte Kaltwassergeysir der Welt – seit mehr als 100 Jahren sprudelt er, steht sogar im Guinness-Buch der Rekorde. Längst ist die bis zu 60 Meter hohe Wasserfontäne jedoch nicht mehr natürlich, denn 1953 kam die Quelle, die sie speiste, vorerst zum Erliegen – die 1904 angelegten Rohre waren unter anderem durch zwei Weltkriege schwer beschädigt worden. Erst 2005 dann wurde eine weitere Bohrung vorgenommen, die Fontäne, die von aufsteigenden Gasen verursacht wird, wiederbelebt. Seit 2009 gibt es hier auch ein Besucherzentrum, in der Rekordsaison 2016 kamen 127.000 Touristen nach Andernach. Der Geysir bricht heute etwa alle zwei Stunden aus – und damit das so ist, wird er laut „SWR” nachts mit einem Deckel verschlossen, sodass sich unterirdisch bis zum nächsten Ausbruch wieder reichlich Gas sammeln kann. Wie das Phänomen genau funktioniert, hat TRAVELBOOK in einem eigenen Artikel beschrieben.
Casa di Giulietta, Verona, Italien
Jeder kennt die Geschichte um das wohl berühmteste Liebespaar aller Zeiten, Romeo und Julia. Und deren Autor William Shakespeare legte seine Handlung in die italienische Stadt Verona – die Casa di Giulietta, also das Haus, wo Julia gelebt haben soll, ist heute einer der größten Besucher-Magneten. Allein: Romeo und Julia gab es nicht wirklich, und das Gebäude, das jeden Tag unzählige Touristen bestaunen, war laut der Webseite der Stadt früher ein alter Stall. Vor 70 Jahren wurde es in seine heutige Form gebracht. Das Haus gehörte früher wohl einer Familie namens Capello, daraus wurde dann bei Shakespeare Capulet, Julias Familienname. Bizarr: Laut der Buchungs-Webseite „Hotels” besteht Julias berühmter Balkon, auf dem sie ihren Romeo erwartet haben soll, aus Überresten eines steinernen Sargs aus dem 17. Jahrhundert.
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Lichtenhainer Wasserfall, Deutschland
Zugegeben, der Lichtenhainer Wasserfall in der Sächsischen Schweiz ist eher eine lokale Berühmtheit – in der beliebten Urlauber-Region in Deutschlands einzigem Felsen-Nationalpark kennt ihn jedoch jeder, er hat sogar eine eigene Bushaltestelle. Auch er ist jedoch künstlich entstanden, bzw. aufgewertet worden. Laut der Webseite „Lichtenhainer Wasserfall” war das natürliche Rinnsal deutlich kleiner, und so wurde 1830 oberhalb der Kaskade ein Stauwehr gebaut. Das so gesammelte Wasser wurde alsdann von einem eigens ernannten Wasserfallzieher abgelassen, sodass es daraufhin einige Minuten stärker als natürlich sprudelte. 1994 wurde die Anlage restauriert und erfreut heute Touristen zwei Mal pro Stunde mit dem künstlichen Schauspiel. Hin kommt man übrigens am besten mit einer anderen tollen Attraktion, der 1898 eingeweihten Kirnitzschtalbahn – sie ist die einzige Straßenbahn weltweit, die innerhalb eines Nationalparks fährt.
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The World, Dubai, Vereinigte Arabische Emirate
300 künstliche Inseln, die von oben aussehen sollten wie eine Karte unserer Erde, komplett mit „Kontinenten” – das war 2008 die Idee, als in Dubai „The World” entstand, nachdem man bereits mit dem Burj Khalifa das auch heute noch höchste Gebäude der Welt errichtet hatte. Dafür wurden laut „Guardian” 320 Millionen Kubikmeter Sand und 25 Millionen Tonnen Steine zu künstlichen Inseln aufgeschichtet, das Areal war mit 5000 Hektarn fast siebenmal so groß wie Venedig. Hollywood-Stars gaben sich die Klinke in die Hand, reiche Geschäftsleute schmiedeten die wildesten Pläne mit ihren Inseln – so wollte man auf dem künstlichen Irland etwas den Giant’s Causeway nachbauen, auf China die Skyline von Shanghai. Dann kam heraus, dass die Betreibergesellschaft von „The World” 60 Milliarden Dollar Schulden angehäuft hatte. Einer der Investoren kam ins Gefängnis, ein anderer beging Selbstmord, und die Inseln verfielen im Laufe der Zeit immer weiter, einige versanken sogar wieder im Meer.
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Die Höhle von Lascaux, Frankreich
Im Jahr 1940 wurde mit der Höhle von Lascaux in Frankreich eines der wichtigsten Zeugnisse früher Menschheitsgeschichte entdeckt: Unzählige perfekt erhaltene Höhlenmalereien, die einen Einblick in das Leben unserer Vorfahren vor zehntausenden von Jahren gaben. In der nur 150 Meter langen Höhle fanden sich etwa 2000 Zeichnungen von Tieren, Menschen und Jagdszenen. 1948 für Besucher zugänglich gemacht, wurde die Höhle derart populär, dass täglich mehr als 1000 Menschen kamen, und laut der Webseite „Lascaux” durch das ausgeatmete Kohlendioxid der zahllosen Besucher die fragilen Malereien bald massiv angegriffen wurden. So wurde die Höhle 1963 endgültig geschlossen, um die Werke zu retten – und mit Lascaux II bis 1983 einfach originalgetreu nachgebaut. Der Nachbau lag nur wenige hundert Meter weg vom Original, doch laut der Seite „France” musste auch er wegen des heftigen Besucheransturms bereits 2012 wieder schließen. Inzwischen gibt es mit dem Projekt „Lascaux IV” einen weiteren originalgetreuen Nachbau der berühmten Höhle im sogenannten Internationalen Zentrum für parietale Kunst.
Das Hollywood-Zeichen, Los Angeles, USA
Wohl kaum jemand weiß, dass der wohl bekannteste und berühmteste Schriftzug der Welt einem geplatzten Traum zu verdanken ist: Laut dem Magazin „Merian” wollte der Geschäftsmann Harry Chandler 1923 mit seinem Projekt Hollywoodland die nobelste Wohngegend der gesamten Stadt entstehen lassen – und die bewarb er eben mit einem gleichnamigen, riesigen Schriftzug für die damals ungeheure Summe von 21.000 Dollar. Das Zeichen wurde dereinst sogar von 4000 Glühbirnen erleuchtet. Chandler ging jedoch mit seiner Firma im Zuge der Weltwirtschaftkrise Ende der 1920er-Jahre bankrott, und so übernahm die Stadt selbst 1944 die Pflege des immer mehr verwitternden Zeichens. 1949 wurde es durch die örtliche Handelskammer repariert, und so wurde aus Hollywoodland schlicht Hollywood, ebenfalls eine Werbung, für die hier ansässige Filmindustrie. 1978 war es dann aber bereits wieder derart verfallen, dass einige Prominente wie der verstorbene Playboy-Gründer Hugh Heffner Spenden für den Wiederaufbau sammelten – ganz zur Freude der unzähligen Besucher, die das Schild heute jeden Tag sehen möchten.
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Zaanse Schans, Niederlande
Ein ganzes Wohnviertel, stehen geblieben im Jahr 1850 – das ist Zaanse Schans nahe Amsterdam, das zwar wie eine Art Museumsdorf anmutet, doch leben und arbeiten hier Menschen. Für 15 Euro Eintritt (Kinder 10 Euro) kann man ihnen dabei zusehen, wie sie in den Mühlen mahlen, Zinn gießen, Käse machen oder Holzschuhe herstellen. Laut der offiziellen Webseite des Ortes hatte der Architekt Jaap Schipper 1946 die Idee zu diesem Freilichtmuseum, ab 1961 wurde mit dem Bau begonnen – heute ist es der orginalgetreue Nachbau des Arbeiterviertels Zaan. Während den Zeiten der industriellen Revolution gab es im echten Zaan 600 Mühlen und 26 Schiffswerften. Heute sind elf Modell-Mühlen zu bestaunen, auch eine Schokoladen-Fabrik und eine Schnapsdistille. Den Ort erkundet man entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad, und wer möchte, kann dort sogar übernachten.