22. Dezember 2014, 12:00 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Wer von Weihnachtsliedern und Glitzerschmuck gar nicht genug bekommen und in der Weihnachtszeit auf kalte Temperaturen verzichten kann, wird Singapur lieben: Hier erwarten einen in der besinnlichen Zeit riesige Einkaufszentren, Weihnachtsengel unter Palmen und köstliche Delikatessen.
Der winzige Inselstaat am südchinesischen Meer überrascht mit einer der spektakulärsten Weihnachtsdekorationen der Welt. Bei Temperaturen um 30 Grad plus herrscht der totale Weihnachtsrausch. Nicht einmal auf Schnee wollen die Singapurianer verzichten. Also pusten Schneekanonen Seifenblasen und Kunstschnee in die tropische Luft. Ein echter Hit bei den meisten Asiaten, die echten Schnee noch nie gesehen haben.
Von der Tanglin Road über die Scotts und Orchard Road bis zum Le Meridien Shoppingzentrum prangt die Millionen-Stadt im Glitzerschmuck. Alles blinkt und funkelt, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Shopping-Malls und Hotels wetteifern um den „Best Decorated Building Award“ – den Preis für das am besten dekorierte Gebäude. „Christmas Light Up“ wird die alljährliche Lichtershow genannt, für die spezielle Designer engagiert werden. Besucher können das Lichtermeer bei einer kostenlosen Stadtrundfahrt im offenen Doppeldeckerbus bestaunen.
Am Boat Quay und Clarke Quay direkt am Singapore River reihen sich die spannendsten Clubs und Bars. Doch der Weihnachtsmarkt gleich nebenan stiehlt ihnen die Show. Er ist unübersehbar: Überdimensionale Zuckerstangen weisen den Weg. Eine Gruppe junger Frauen mit roten Mützen stößt ausgelassen mit Glühwein an – bei Temperaturen, bei denen man in Deutschland ins Freibad geht.
Weihnachtliche Ganzkörperkostüme sind jetzt äußerst beliebt. Und so spazieren jede Menge Schneemänner, Nikoläuse und Lebkuchenmänner umher. In Badelatschen – wegen der schwülen Hitze. Halbnackte junge Männer in schneeweißen Hosen mit riesigen Engelsschwingen auf dem Rücken zeigen stolz ihre Sixpacks. Kinderchöre singen unter Palmen. Touristen aus ganz Asien fotografieren sich gegenseitig vor kitschigen Krippen, Rentieren aus Pappmaché und überdimensionalen Knusperhäuschen. „Merry Christmas“ und „Stille Nacht“ dudeln in der Endloseschleife. Etwas gewöhnungsbedürftig: „Leise rieselt der Schnee“ auf Chinesisch.
Mehr als gigantisch präsentieren sich die Weihnachtsbäume in Hotels und Einkaufszentren. Sie sind aus Plastik, nicht selten zehn Meter hoch und mit so ziemlich allem geschmückt, was man sich vorstellen kann. Uhren und Herrenslips sind da nichts Ungewöhnliches. Echte Tannen für Zuhause gibt es auch. Etwa bei Carrefour in Suntec City oder in den Gartenmärkten in der Thomson Road.
Jeder Kunde ist König
Natürlich ist Weihnachten für die geschäftstüchtigen Singapurianer auch ein Riesengeschäft. Eine Attraktion, die möglichst viele Neugierige in die Einkaufsmetropole Südostasiens locken soll. Die Geschäfte ködern mit verlängerten Öffnungszeiten und exklusiven Angeboten ausschließlich für Touristen. Selbst Heiligabend stehen die Rolltreppen der supermodernen Shopping-Malls wie im noblen ION am Prachtboulevard Orchard Road nicht still.
Geschäftiges Treiben, wohin man blickt. In den Läden von Singapur geschieht dies jedoch weitaus weniger hektisch als in Europa. Asiatische Freundlichkeit allerorten, jeder Kunde ist König.
Zahlreiche Gewinnaktionen versüßen den weihnachtlichen Shoppingbummel zusätzlich. Im Elektronikcenter Funan Digita Life werden Computer, Smartphones und Kameras zu Schnäppchenpreisen angeboten. DHL steht schon parat und schickt die erstandenen Geschenke um bis zu 75 Prozent günstiger nach Hause. Es gibt sogar Kühlschränke, die beim Öffnen Weihnachtslieder spielen. Dummerweise lässt sich das Gedudel auch im Sommer nicht abstellen.
Das Fest vereint die Religionen
Aber es geht nicht nur ums Geldverdienen. Der beste Beweis ist die Begeisterung, mit der sich die Einwohner des Vielvölkerstadtstaats auf die Festtage freuen. Das ist erstaunlich. Denn die überwiegende Mehrheit der Bürger Singapurs sind Buddhisten. Die nächsten beiden großen Religionsgruppen sind die Hindus und Moslems. Christen bilden mit rund 20 Prozent eine Minderheit.
Aishan, ein bildschöner Engel mit milchkaffeebrauner Haut, hat indische Vorfahren und glaubt an die Wiedergeburt. Mit einer chinesischen Freundin stürmt sie ein Kaufhaus in der Arab Street – natürlich Geschenke suchen. „Wir feiern in Singapur zu gern die Feste der anderen mit,“ sagt Aishan. „Egal, ob sie Buddhisten, Moslems, Hindus oder Christen sind.“ Neben dem chinesischen Neujahr ist das Christfest am beliebtesten. „Weihnachten ist einfach wunderbar“, lacht Aishan. „Tolle Geschenke, lustige Partys und ganz viel essen!“ Gänsebraten mit Knödeln und Blaukraut zum Beispiel. Das ist in der Weihnachtszeit in vielen Restaurants Singapurs der absolute Renner.
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Schlemmer-Orgie für 20 Euro
Klassiker sind jedoch die Chili-Crabs, große Krabben, die je nach Geschmack in einer feurigen Chilisauce oder mit schwarzem Pfeffer serviert werden. Etwa im Long Beach Seafood am Dempsey Hill. Mit rund 20 Euro muss man für eine kleine Schlemmer-Orgie rechnen.
Das multikulturelle Singapur ist ein endloses Fest der Gaumenfreuden. Den lieben langen Tag köcheln Chinesen in Chinatown Fischkloßsuppen, dünsten Dim Sums oder brutzeln Peking-Enten. Little India überzeugt mit scharfen Currys und frisch gebackenen Rotis. Am Newton Circus essen alle den in Bananenblättern gedünsteten Stachelrochen. Eine malaysische Spezialität, zu Preisen, für die man hierzulande nicht mal eine Tüte Mandeln bekommt.
Auch eine große Portion von Singapurs Nationalgericht Chicken Rice ist für umgerechnet zwei bis drei Euro zu haben. Es gibt im Stadtstaat mehr als 130 Esshallen, die es zusammen auf rund 40.000 Garküchen bringen. Penibel sauber und von bester Qualität. Das kontrollieren die Behörden streng. Für Genießer also der Himmel auf Erden.
Insofern ist es durchaus möglich, dass der Weihnachtsmann nach seiner anstrengenden Bescherungstour nicht gleich zum Nordpol zurückkehrt. Sondern noch einen kleinen Abstecher nach Singapur einplant. Irgendwoher muss der dicke Bauch unter dem roten Mantel ja herrühren.