14. September 2024, 7:26 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Grafschaft Cornwall in England kennen viele Urlauber vor allem wegen der Autorin Rosamunde Pilcher und deren Herzschmerz-Büchern. Doch das typische Pilcher-Gefühl sucht man bisweilen vergeblich. Warum sich ein Besuch trotzdem lohnt – und warum man besser nicht im Hochsommer hinfährt.
Die Fremdenführerin stoppt im Gelben Salon von Prideaux Place in Cornwall und blickt in die Runde. „Keine Deutschen heute hier, richtig? Wahrscheinlich sagt Ihnen der Name Rosamunde Pilcher nichts. Aber in Deutschland kennt jeder ihre Bücher, sie werden fürs Fernsehen verfilmt.“
Übersicht
Deutsche lieben Cornwall – und Rosamunde Pilcher
Die Dame klingt ein wenig entrüstet: „Und deswegen kommen so viele Deutsche nach Cornwall – inzwischen reisen sie sogar in Bussen an!“ Das ist wirklich so. Die liebevolle Schilderung des äußersten Südwestens Englands in den romantischen Büchern Pilchers wirkt wie ein Magnet. Kein Wunder: Zwischen 4 und 5 Millionen Deutsche sitzen vor dem TV, wenn ein Pilcher-Film gezeigt wird.
Rosamunde Pilcher wuchs in Cornwall auf, mit 15 begann sie zu schreiben, 1987 gelang ihr der kommerzielle Durchbruch mit „Die Muschelsucher“. Das ZDF verfilmte die Familiensaga an den Küsten Cornwalls, rund 100 Filme mit Titeln wie „Gewissheit des Herzens“ und „Zauber der Liebe“ folgten. Gedreht wird immer in romantischen Cottages, verwunschenen Gärten und prächtigen Herrenhäusern. Es gibt viele Küsse und Umarmungen – und immer ein Happy End. Mitte der Neunziger setzte der Run auf Cornwall ein – die Touristen wollten das Pilcher-Feeling spüren. Aber das ist gar nicht so einfach.
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Im Sommer ist Cornwall überlaufen
Zwar ist die Küste wirklich ergreifend schön, und die Ortschaften sind so pittoresk wie die Straßen schmal. Aber das genau ist der Haken – Menschenmengen gehören nicht auf eine Halbinsel, deren Charme sich eigentlich erst in Einsamkeit und Weite erschließt. Gerade im Sommer, wenn auch die Briten in der Grafschaft Urlaub machen, wird es einfach überlaufen in Cornwall.
An den Stränden von Cornwall ist man im Sommer ebenfalls nicht allein, egal ob am Ärmelkanal, an der Keltischen See oder am Atlantischen Ozean. Und das, obwohl die Wassertemperatur auch im Sommer selten über 18 Grad steigt. Dafür sind die Strände an der kornischen Küste lang, das Wasser klar und blaugrün, und der Sand schimmert in Goldgelbtönen. Und wer Glück hat, findet zu Füßen der Klippen Ammoniten, schneckenförmige Fossilien.
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Malerisch verfallene Zinkminen
Cornwall ist immer eine eher arme Region gewesen, die Menschen lebten von Fischfang, Landwirtschaft und später Bergbau. Noch heute ragen die alten Fördertürme der Zinnminen aus der Landschaft, meistens malerisch verfallen. Manche Anlagen sind inzwischen zu besichtigen, wie die Minen von Levant oder Geevor. Die Städte im Landesinneren von Cornwall sind wenig aufsehenerregend. Die Hauptstadt Truro ist die einzige Stadt mit einer nennenswerten Zahl schöner Geschäfte für einen Shopping-Ausflug. Die Ortschaften an der Küste aber sind fast durchweg einen Ausflug wert.
Zu den eindrucksvollsten gehört St. Ives. Das Badeörtchen hat einen Hafen, der bei Ebbe weitläufig trocken fällt und dann fast schöner ist als bei Hochwasser. Hunderte Touristen sitzen bei Ebbe mit einer Tüte Fish and Chips oder einer Eiswaffel auf der Kaimauer oder spazieren im Sand des Hafenbeckens herum. In Newquay wiederum branden die Wellen an die Küste, was viele Surfer anzieht.
Ruhe und Erholung am Lizard Point
Falmouth dagegen ist deutlich ruhiger, auch an den Stränden. Dafür gibt es schöne kleine Geschäfte. In einem knetet ein Konditor frischen Fudge, in einem weiteren dekoriert ein Bäcker sein Schaufenster mit den berühmten Pasteten, die früher die Bergleute mit unter Tage genommen haben. Im Hafen schaukeln zahlreiche Yachten. Auf den Hügeln rundum stehen gepflegte Villen, und an der Promenade gibt es hübsche Hotels.
Wer in Cornwall Ruhe und Erholung sucht, sollte nicht nach Land’s End fahren, auch wenn das so schön einsam klingt. Die Heidelandschaft dort ist zwar zauberhaft und der Blick von dort auf das Meer fantastisch. Aber der Rest rund um ein eigentlich ganz hübsches Hotel und Restaurant mutiert im Sommer zum Jahrmarkt, mit Kinderspielplatz, Imbissbuden, Getränkeausschank und Karussell. Landschaftlich ähnlich schön, aber ruhiger ist es auf der Halbinsel Lizard mit Lizard Point als südlichsten Punkt Englands. In den kleinen Ortschaften dort stehen auch noch ganz reizende reetgedeckte Fischerhäuschen.
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Einblick in den Lebensstil des Landadels
Am friedlichsten auch in der Saison ist es noch am ehesten in einem der großen Gärten und Parks des Landes. Die dazugehörigen Landhäuser und Schlösschen können in der Regel besichtigt werden und bieten einen guten Einblick in den Lebensstil des Landadels und der Großgrundbesitzer vergangener Jahrhunderte. Auch Prideaux Place bei Padstow hat einen Park, aber hier lockt vor allem das 400 Jahre alte Gebäude. Sechs Privaträume der Familie sind zu besichtigen. Sie dienten dem Filmteam vom ZDF für Innenaufnahmen für über ein Dutzend Pilcher-Filme.
Am tropischsten wirkt die kleine Anlage von Trebah Gardens in der Nähe von Falmouth. Wenn man hier nach einem Spaziergang durch die Anlage zwei süchtig machende Scones mit Clotted Creme und Erdbeermarmelade genießt, dann stellt es sich spätestens ein – das Rosamunde-Pilcher-Feeling.