9. Februar 2020, 8:40 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
In der kleinen Gemeinde Fläsch in der Schweiz leuchten nachts keine Laternen mehr – das Dorf ist damit Vorreiter im Kampf gegen Lichtverschmutzung. Die Maßnahme kommt nicht nur den Menschen zugute, sondern vor allem auch der Natur.
Wenn es Nacht wird über Fläsch, dann passiert in dem Dorf im Kanton Graubünden etwas Besonderes: Alle Straßenlaternen gehen aus, und für vier Stunden liegt der Ort in fast völliger Dunkelheit. Seit November 2019 passiert das nun, und zwar Abend für Abend. Der Grund: Fläsch betreibt die gesamte Straßen-Beleuchtung des Dorfes mittlerweile mit energiesparenden LED-Lampen mit Bewegungssensoren – der Umwelt zuliebe.
Zugegeben, komplett dunkel ist es auch hier nicht, brennt doch weiterhin an den meisten Häusern die Außenbeleuchtung. Die Straßenlaternen von Fläsch jedoch werden für mehrere Stunden auf Stand-by geschaltet – und gehen nur dann an, wenn sich in dieser Zeit jemand auf der Straße bewegt. Für die Maßnahme hatten die Bürger bereits 2016 bei einer Abstimmung mit großer Mehrheit votiert, als es darum ging, das veraltete Beleuchtungssystem auszutauschen. Das wichtigste Motiv der Fläscher für das neue System war dabei der Schutz der nachtaktiven Tiere. Mit der Hufeisennase und dem Mausohr wohnen gleich zwei bedrohte Fledermausarten im Kirchturm des Dorfes. Auch dem Tourismus dürfte die Initiative zuträglich sein: Fläsch ist ein beliebtes Weinbaugebiet, rund um die Berge wie den Rappenstein oder den Rotspitz gibt es hier zahlreiche Wanderwege, auch die Taminaschlucht ist ein bekanntes Ausflugsziel.
„Eine spezielle Erfahrung“
Und so funktioniert die neue Beleuchtung: Um 23 Uhr schaltet sich das System ein und die Lichter gehen aus. Bewegt sich in dieser Zeit jemand auf der Straße, gehen der Laternen für kurze Zeit wieder an, erhellen sich in Lauf- bzw. Fahrtrichtung nacheinander. Zwischen 0 und 4 Uhr morgens bleiben sie ganz aus, bis 6 Uhr morgens dann leuchten sie wiederum nur, falls es auf der Straße Bewegung gibt.
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Umgerechnet etwa 275.000 Euro hat sich die Gemeinde die neue Anlage kosten lasten – Roland Bodenmann, Lichtplaner und Mitglied der sogenannten Schweizer Licht Gesellschaft, setzte das von den Bürgern favorisierte Konzept dann Straße für Straße bis November 2019 um. Auf TRAVELBOOK-Anfrage sagt er, der selber in Fläsch wohnt: „Gegenüber den alten Leuchten haben wir eine Energie-Ersparnis von über 80 Prozent realisiert. Gut sichtbar ist heute schon, dass es im Dorf deutlich dunkler geworden ist. Zwischen 0 und 4 Uhr gibt es nun nur noch private Beleuchtungen. Eine spezielle Erfahrung.“
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Preisgekröntes Konzept
Wirklich belastbare Zahlen zum Umweltschutz ließen sich laut Bodenmann erst gegen Ende 2020 anhand von Nachtbildern der NASA auswerten; somit könne man aktuell noch keine positiven Auswirkungen auf die Natur bestätigen. Jedoch habe man zum Beispiel an dem von Fledermäusen bewohnten Kirchturm die Leuchtfrequenz der Lampen besonders niedrig eingestellt, um die Tiere so wenig wie möglich zu belasten. Das Konzept kommt so gut an, dass es bereits mit einem Preis bedacht wurde und nun weitere Gemeinden daran Interesse zeigen. Bodenmann stolz: „Die Gemeinde Fläsch hat tatsächlich eine gewisse Vorbild-Funktion, auch dank dem Beugger-Preis 2018 für die innovative Beleuchtung.“
Bodenmann berät mittlerweile auch andere Orte zu den Themen „Analysen, Berechnungen, Budgetierung und Smart-City“, wie er sagt. Auch René Pahud, Gemeindepräsident von Fläsch, steht hinter dem neuen Konzept, mit dem man 2019 im Vergleich zu einer Messung von 2016 78 Prozent Stromkosten habe einsparen können. „In Fläsch sind viele Bewohner dankbar, dass der nächtlichen Lichtverschmutzung ein Riegel vorgeschoben wurde – diesen Lichtzirkus braucht wirklich niemand.“