20. August 2024, 12:42 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
TRAVELBOOK-Autorin Anna Wengel (jetzt Chiodo) hat eine Reise durch Schottland kürzlich mit einem Besuch in dessen Hauptstadt Edinburgh begonnen – und sich Hals über Kopf in die Stadt verliebt, die sie als historisch architektonischen Vintage-Himmel im musikalischen Gewand erlebt hat. Ein Reisebericht.
Wer im August nach Edinburgh reist, darf sich auf Trubel gefasst machen, den die schottische Hauptstadt so sonst eigentlich nicht kennt. Natürlich weiß ich das eigentlich nicht, bin ich bis vor wenigen Tagen weder in Schottland, noch in dessen Hauptstadt jemals gewesen. Aber so wurde es mir mehrfach erzählt, weshalb ich das nun gutgläubig einfach so weitererzähle.
Edinburgh im Zeichen des Fringe
Der Grund für die aktuellen Menschenmassen, sind jede Menge Darbietungen zahlreicher Menschen. Die liegen wahlweise unter rot-besprenkelten Tüchern reglos auf der Straße, während andere in blauen Krankenhausuniformen Dinge rufen und Flyer verteilen. Sie stehen an diversen Straßenecken und stellen in solch einer Vielzahl Gänsehaut erregende Stimmen zur Schau, dass ich mich zu der Aussage berufen fühle, das Edinburgh eine Hauptstadt etlicher unerkannter Stimmtalente zu sein scheint. Oder sie balancieren riesige Stäbe aus weiß Gott welchem Grund auf ihren Oberkörpern herum, während sie die kreisbildende Menge um sich herum zum Klatschen und Lachen animieren.
Sie alle sind Teil des Festivals „Fringe”, das jedes Jahr im August in Schottlands Hauptstadt einzieht und deren Zentrum in ein Sammelsurium aus Bühnen jedweder Art verwandelt. Das Fringe hat besonders die Innenstadt fest im Griff und sorgt nicht nur dafür, dass man beim touristischen Sehenswürdigkeiten-Gebummel nie allein ist, sondern dass dieses auch immer von Musik untermalt wird. Drums, Dudelsack, Ed-Sheeran-Songs, you name it.
Menschenmassen im August
Der Andrang ist besonders im Stadtzentrum Edinburghs übertrieben sichtbar. Und so muss ich ein bisschen lachen, als ich mich umgeben von offensichtlichen „Harry Potter”-Fans in einer Schlange wiederfinde, um mir mal eben das „echte“ Grab von Tom bzw. Thomas Riddle anzuschauen.
Noch viel voller ist es, wenig überraschend, auf und um das beliebte Straßenzentrum Royal Mile herum, durch das ich mich nur im Kuschelgang mit scharenweise Touristen schieben lassen kann. Das berühmte Scott-Monument ist immer wieder nur deshalb sichtbar, weil es so unendlich riesig ist. Sein Sockel wird jedoch die ganze Zeit fast verdeckt von posierenden, fotografierenden oder anderweitig umherstehenden Menschen.
Und selbst im etwas abseits gelegenen Dean Village stapeln sich gefühlt die Besucher. Der Grund dafür überaus offensichtlich, stehen hier gleich mehrere aufgedonnerte und schwerlich ins romantische Bild passende Influencer herum und im Weg. Edinburgh steht zur Zeit offenbar auf der Liste. Und so steht dieser selbstzentriert anmutende Menschenschlag an gleich etlichen Stellen des malerischen Edinburghs herum, gern auch mal mitten auf der Straße, und lässt sich fotografieren.
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Edinburgh ist ein Vintage-Paradies
Und das alles macht nichts. Denn nicht nur laufe ich mit einer gefühlten rosaroten Brille durch diese wunderbare Stadt, in die ich mich allein schon wegen ihres faszinierenden Stadtbilds bis über beide Ohren verliebt habe. Abseits der diversen Menschenströme finde ich auch jede Menge Orte und Begebenheiten, von denen ich zuvor nichts wusste und über die ich mich mehr als freue.
Etwa den Umstand, dass Edinburgh ein Vintage-Shoppingparadies ist. Allein auf dem schmucken, nicht gerade Tourismusfernen, Grassmarket muss ich mich gleich zwei Mal zügeln, werde ich sowohl in der schicken Torn-Vintage-Boutique als auch im wühligen Armstrongs Vintage mehrfach fündig. Auch hatte ich Edinburgh als nicht halb so hip eingeschätzt. Neben den diversen Gestalten im Straßenverkehr, die mit Leichtigkeit mit Berlins Hipster- und Feiervolk mithalten, sind es besonders die aufgehübschten Anglo-Bauten aus dunklem Stein mit bunten Türen, Pubs, Geschäften und Co., die mich restlos begeistern. Und als Fan von kleinen Cafés mit „specialty coffee“, finde ich mich immer und immer wieder in einem davon wieder – und bin zufrieden. Eins davon etwa das Braw Brunch, das ich gerne wärmstens weiterempfehle.
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Stadt- und Strandleben in einem
Ein anderer Fund, auf den ich nicht so richtig eingestellt war, ist die Küste. Seit Jahren mit Sehnsucht nach einer Metropole mit Meerzugang behaftet, hat mich der Umstand, dass Edinburgh am Meer liegt und ich Stadt- mit Strandleben verbinden kann, bereits bei meiner Unterkunftssuche begeistert.
Und so lag unser nettes Airbnb im Haus einer lieben schottischen Familie auch unweit des Strands, im Stadtteil Portobello. Der ist weit weniger aufregend als die Innenstadt. Aber er besitzt eine Strandpromenade, diverse Restaurants und Co. Und er ist alles andere als trubelig. Bei sonnigem Wetter kommen gerade am Wochenende etliche Menschen hierher, aber dennoch bleibt es entspannt. Und bildet so gerade im August einen wunderschönen Kontrast zum quirligen Fringe-Alltag im Stadtzentrum.