26. Juni 2015, 16:16 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Glurns zählt keine 900 Einwohner und ist damit nicht nur die kleinste Stadt Südtirols, sondern ganz Italiens. Warum der Ort im Mittelalter eine ganz besondere Rolle gespielt hat.
Alles begann mit einem Streit: Jahrhundertelang hatte im Vinschgau der Bischof von Chur das Sagen – in religiöser wie in weltlicher Hinsicht. Dann beanspruchten die Grafen von Tirol den Landstrich zwischen Meran und dem Reschenpass für sich. Weil der Bischof nicht klein beigeben wollte, setzte ihm Graf Meinhard II. im Jahr 1290 kurzerhand den Ort Glurns vor die Nase.
Glurns besteht nur aus 30 Häusern
Der Ort bestand zwar nur aus 30 Häusern, die sich an einer einzigen Gasse aufreihten, der Laubengasse. Er verfügte aber über das Marktrecht und hatte viele Privilegien. Vor allem der Handel mit Salz aus dem Inntal, Wein aus dem Veltlin und Metallen aus der Lombardei machte Glurns rasch zu einem blühenden Ort. 1304 wurde das Stadtrecht erstmals urkundlich erwähnt.
Christine Wallnöfer kennt Glurns bestens. Im Rathaus erläutert die Fremdenführerin die große Geschichte des kleinen Städtchens. Dann begleitet sie die Besuchergruppe erst durch die Laubengasse, vorbei an Bürgerhäusern zum Stadtplatz, und dann zur Pfarrkirche St. Pankratius, die erhöht außerhalb der alten Mauern steht. „Die heutigen Stadtmauern stammen nicht aus der Zeit der Stadtgründung. Sie wurden um 1500 erbaut – bis zu zehn Meter hoch und mit Wehr- und Tortürmen verstärkt“, erzählt Wallnöfer.
Erbauen ließ die Mauern Kaiser Maximilian von Österreich, der auch Herr in Tirol war. Er hatte 1499 nahe Glurns in der Calvenschlacht eine verheerende Niederlage gegen die Schweizer einstecken müssen und wollte Glurns nun zur Grenzfeste machen. Dass die Stadtmauern, die heute noch begehbar sind, bereits bei ihrer Fertigstellung wertlos waren, weil sie den neuen Waffen nicht mehr standhielten, erlebte der Kaiser ebenso wenig wie den Niedergang der Stadt.
„Glurns wurde bald zu einem unbedeutenden Flecken am Rande Österreichs – heimgesucht von Überschwemmungen durch die Etsch, verheerenden Stadtbränden und der Pest“, erklärt Wallnöfer. Die ehemals wohlhabenden Händler verarmten zu einfachen Bauern, die sogar ihre Kinder als „Schwabenkinder“ in die Fremde schicken mussten, weil sie diese nicht mehr ernähren konnten.
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Vor den Toren: Italiens einzige Whisky-Destillerie
So sehr die Menschen litten, für die Stadt als Ensemble war die Armut ein Segen. Denn so blieb das mittelalterliche Juwel erhalten – mit schmucken Gassen und herrlichen Bürgerhäusern. Und es gibt noch eine besondere Spezialität: Vor den Stadttoren hat seit 2010 das Unternehmen Puni seinen Sitz, die erste und einzige Whisky-Destillerie Italiens.