29. Mai 2019, 7:21 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Kleine Häppchen, große Attraktionen: TRAVELBOOK-Autor Robin Hartmann verrät, warum er Madrid liebt – und welche Märkte und Orte Sie unbedingt nicht verpassen sollten.
Ich habe 2010 für sechs Monate in Madrid gelebt, und bin seitdem fast jedes Jahr zurückgekehrt. Ich hatte also schon sehr viel Zeit, diese Stadt in Ruhe kennenzulernen – und ich habe mich unsterblich verliebt. Verliebt in die beeindruckenden Museen mit ihren Kunstsammlungen, die weltweit ihresgleichen suchen. In das bunte Leben im Retiro, einen der schönsten Stadtparks in ganz Europa. In die warmen Nächte, in denen man einen Tinto de Verano zu seinen Tapas trinkt, bevor man bis zum Morgengrauen tanzen geht – oder einfach nur ganz entspannt mit Freunden an einem der unzähligen romantischen Plätze sitzt und über das Leben philosophiert. Ich liebe die endlosen einsamen Spaziergänge am Ufer des Manzanares-Flusses genauso wie das gemütliche Drängeln zwischen unzähligen Einheimischen und Touristen auf dem Rastro-Flohmarkt. Und ich liebe die pulsierenden Markthallen und die kleinen gemütlichen Bars, die lebensfrohen Menschen – Madrid ist für mich ganz klar die vielseitigste, coolste Stadt in Spanien.
Sie ist eine sehr fußgängerfreundliche Stadt, was es leicht macht, sie auch ohne Verkehrsmittel zu erkunden – und spannend, denn überall entdeckt man kleine oder große Sehenswürdigkeiten. Die Straßen im Zentrum rund um die Plaza de Sol beispielsweise sind sehr schmal, Autos fahren deshalb langsam, was dem Ort eine sehr entspannte Atmosphäre verleiht – trotz der Tatsache, das „Sol“ einer der belebtesten Plätze in Madrid ist. Besonders abends und nachts ist es spannend, hier zu flanieren oder auch zu verweilen, um die zahlreichen Straßenkünstler zu bestaunen, sich einen Snack zu kaufen oder in einem der Schaufenster nach einem Souvenir zu stöbern. Wie Sonnenstrahlen gehen die Straßen von Sol aus in alle Richtungen und man gelangt wiederum zu Fuß quasi überall hin, wo es in Madrids Stadtzentrum etwas zu sehen gibt.
Monumentale Museen
Zum Beispiel zum Paseo del Prado, wo mit dem Prado eines der monumentalsten Kunstmuseen der ganzen Welt steht. Die einmalige Sammlung beherbergt zahllose Werke unsterblicher Künstler aus allen Epochen wie Goya, El Greco, Bosch und Rubens, dazu eine umfassende Skulpturen-Ausstellung sowie regelmäßige temporäre Expositionen. Es ist völlig unmöglich, alles an nur einem einzigen Tag vollständig besichtigen zu wollen, weshalb es sich lohnt, vorher zu recherchieren, was man unbedingt sehen möchte – oder einfach mehrmals hinzugehen, denn es ist wirklich schwer, sich an dieser Pracht sattzusehen.
TRAVELBOOK-Tipp: Wenn Sie nur kurz Zeit haben und außerdem Geld sparen wollen, kommen Sie einfach zwei Stunden vor der Schließung des Museums (Mo bis Sa 18 Uhr, So und Feiertage 17 Uhr), dann ist der Eintritt kostenlos.
Alles zum Prado finden Sie auch hier: Die Geschichte des berühmten Kunstmuseums Prado in Madrid
Wem das noch nicht genug Kunst ist: Zwei weitere wunderbare Museen finden sich mit dem Reina Sofia und dem Thyssen-Bornemisza gleich um die Ecke. Ersteres punktet neben seiner modernen Architektur vor allem durch Picassos wohl berühmtestes Werk „Guernica“, ein wahres Epos von einem Gemälde.
Das Thyssen-Bornemisza ist das kleinste der drei Museen, beheimatet aber eine nicht weniger imposante Bilder-Sammlung von Künstlern wie Gaugin, van Gogh und Canaletto – vor allem, wenn man bedenkt, dass all die hier gezeigten Werke von nur einer Familie zusammengetragen wurden.
Auch diese beiden Häuser haben zeitweise freien Eintritt: das Reina Sofia montags sowie mittwochs bis samstags von 19 bis 21 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 13.30 bis 19 Uhr. Das Thyssen-Bornemisza öffnet immer montags von 12 bis 16 Uhr gratis seine Pforten. An Wochenenden wird aber auch die Paseo del Prado selbst zu einer Attraktion, denn diese in ihrer Mitte von Bäumen und einer Promenade gesäumte Prachtstraße ist dann regelmäßig für den Autoverkehr gesperrt; in der Zeit der großen Finanzkrise in Spanien fanden hier dann allerdings auch häufig Demonstrationen statt.
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Prachtvoller Park und belegte Brötchen
Von hier aus ist es nur noch ein kurzer Spaziergang zum Retiro-Park, der grünen Lunge von Madrid, in dem sich die ganze Stadt gerne auf einen Spaziergang trifft. Der weitläufige Park ist Heimat zahlreicher Skurrilitäten, zum Beispiel einer Art Katzenasyl, wo sich unzählige der Vierbeiner tummeln. Eine andere ist der Estanque, ein viereckiger, künstlich angelegter Teich, auf dem man mit einem gemieteten Ruderboot ein paar Runden drehen kann, während immer wieder fette Karpfen nach Luft schnappend an der Oberfläche auftauchen.
Gerade am Wochenende finden sich hier viele Künstler, Zauberer und Musiker ein, die das Publikum bei ihrem Spaziergang hervorragend unterhalten. Im ebenfalls im Park gelegenen Palacio de Cristal, einer Art riesigem Gewächshaus aus Glas, finden regelmäßig Kunstausstellungen und –installationen statt.
TRAVELBOOK-Tipp: Suchen Sie unter den vielen Brunnen im Park doch einmal nach der Fuente del ángel caído – die Figur, die den gefallenen Engel Luzifer darstellt, befindet sich auf exakt 666 Meter Höhe über dem Meer.
Verständlich, dass so viel Bewegung hungrig macht, und auch hier finden sie rund um den Prado und den Retiro-Park zahlreiche Möglichkeiten, kostengünstig zu schlemmen. Wer wie ein echter Madrilene essen möchte, geht ins Museo del Jamón. Die Ladenkette ist berühmt für ihre belegten Brötchen, die Bocadillos, die man hier mit zusammen mit einem Bier vom Fass ab zwei Euro serviert bekommt – die oft sehr lautstarke Atmosphäre gibt es gratis dazu.
Eine ähnliche Institution ist die Kette Casa de 100 montaditos, in der man sich sehr günstig eine Auswahl aus 100 belegten Mini-Brötchen oder anderen Köstlichkeiten zusammenstellen kann, dazu sollte man unbedingt den Tinto de Verano probieren, einen mit Soda aufgespritzten Rotwein. Besonders an warmen Sommerabenden ist der Drink die beste Erfrischung und eine echte Alternative zu einem Bier. Im El Brillante gibt es das wohl berühmteste Tintenfischringe-Brötchen der gesamten Stadt, allerdings hat das auch seinen Preis.
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Das Wetter in Madrid
Auf der Spur der Tapas
Überall in der Stadt kann man zudem Tapas essen, denn in fast jeder Bar bekommt man sie automatisch und gratis obendrauf zu einer Getränkebestellung geliefert – das kann Käse oder Wurst sein, aber manchmal auch Exotisches wie Muscheln oder frittierte Fischbällchen, eine echte Delikatesse. Natürlich kann man die Tapas aber auch leicht zum Hauptdarsteller seines Abends machen: Es konkurrieren zahllose hervorragende Bars und Restaurants rund um die Plaza de Sol um Gäste, was sich vor allem in den niedrigen Preisen bemerkbar macht. Diese sollte man denn auch eher unterstützen als die großen Ladenketten, denn sie sind es, die Madrid so aufregend und abwechslungsreich machen.
Eine Alternative, um authentisch zu essen und zu trinken sind die vielen Märkte Madrids, deren berühmtester wohl der Mercado de San Miguel gleich neben dem Rathausplatz (Plaza Mayor) ist. Hier speist man edlen Fisch oder frittierte Schweineschwarten, das Ganze allerdings doch zu gehobenen Preisen, denn der Markt befindet sich ja quasi auch im Tourismus-Epizentrum.
Authentischer sind der Mercado Anton Martín und der Mercado de San Fernando im Viertel Lavapiés, wo man lokale Produkte wie Wurst, Käse und Craft Beer verkosten und mit nach Hause nehmen kann. In Lavapiés findet sich auch die Tabacalera, das Refugium für einheimische wie auch internationale Künstler, wo regelmäßig Ausstellungen und Konzerte stattfinden.
Am Wochenende tummeln sich Einheimische wie Touristen gleichermaßen auf dem Rastro, einem riesigen Flohmarkt, auf dem man von Kunsthandwerk über antike Möbel und Schallplatten bis hin zu hippen T-Shirts fast alles kaufen kann.
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Madrids berühmte Gran Vía
Wer ausgedehnte Spaziergänge gerne mit Shopping verbindet, sollte die Gran Vía herunterschlendern, denn diese Hauptstraße mitten im Stadtzentrum bietet auf breiten Bürgersteigen endlose Fensterfronten und Einkaufsmöglichkeiten – und führt außerdem zum Plaza de España, einem der schönsten Plätze Madrids.
Auf einem Hügel ganz in der Nähe findet sich der Templo de Debod, ein echter ägyptischer Tempel, der Spanien von dem Land am Nil geschenkt wurde. Hier hat man eine umwerfende Aussicht auf die Stadt und auch auf den Königspalast, der ebenfalls nur ein paar Fußminuten entfernt liegt. Schließlich gelangt man von hier aus auch hinunter zum Fluss Manzanares, an dem sich auf mehreren Kilometern eine Promenade mit Restaurants, Spielplätzen und einem Skateboardpark befindet – die Tatsache, dass man das Stadtbild hier durch die Beton-Begradigung des Flusses regelrecht verschandelt hat, wird dadurch auf sehr ansehnliche Weise abgemildert.
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Wann ist die beste Zeit für einen Trip nach Madrid?
Wenn es um die beste Zeit geht, Madrid zu besuchen, empfehle ich persönlich den Hochsommer, etwa im August: Viele Einheimische fliehen dann ob der Hitze aus der Stadt und man kann sie noch ungestörter genießen, denn es kommen auch kaum andere Touris, dafür gibt es aber tolle Veranstaltungen und Straßenfeste, wie die Veranos de la Villa, wo teilweise wochenlang bei Musik und gutem Street Food gefeiert wird. Ein Nachteil: Um diese Zeit ist es oft sehr heiß, an einem Tag erlebte ich tatsächlich Temperaturen von über 40 Grad.
Übrigens: Auch das Madrider Umland ist durchaus einen oder mehrere Besuche wert. Städte wie Toledo und Segovia warten mit einer jahrhundertealten geschichtsträchtigen Kulisse und jeder Menge kulinarischen Spezialitäten wie Marzipan oder Spanferkel auf Besucher.