16. Februar 2020, 17:27 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Unter den Straßen von San Francisco liegen die Wracks von Dutzenden Schiffen – und immer noch finden Archäologen diese Zeugen einer längst vergangenen Zeit. TRAVELBOOK erzählt, wie sie dorthin kamen – und was das mit Gold zu tun hat.
Es ist schon erstaunlich, was Ausgrabungen so mitunter zutage fördern – die Funde aus der Vergangenheit geben uns einen Einblick in vergangene Zeiten, und manchmal sind auch solche darunter, die ihre Entdecker erst einmal ratlos staunen lassen. So dürfte es wohl auch den Historikern und Archäologen vom San Francisco Maritime National Historical Park ergangen sein, als sie mitten in der Stadt die Wracks von gesunkenen Schiffen fanden. Nicht nur ein paar, sondern Dutzende liegen unter den Straßen der Millionen-Stadt begraben. TRAVELBOOK erzählt, wie es dazu kam.
Es ist das Jahr 1848, als in Kalifornien spektakuläre Goldfunde einen wahren Rausch auslösen. Jeder, ob Glücksritter oder Geschäftsmann, sucht nun einen Weg, um möglichst schnell in das Gelobte Land zu kommen und sich seinen Anteil zu sichern. Und der führt über Schiffe, unzählige laufen die Yerba Buena Bucht vor San Francisco an, laden täglich neue Goldsucher ab. Allein, sie können nicht wieder zurück – oder wollen nicht, denn erstens finden sich für Fahrten aus der Stadt keine Passagiere, und außerdem wollen Kapitän und Crew, einmal angekommen, nicht selten selbst auch ihr Glück versuchen.
Kampf um Bauland
In der Folge werden die nun nutzlos gewordenen Schiffe oft einfach in flachem Meerwasser versenkt, denn das damalige Immobilienrecht erlaubt es dem jeweiligen Besitzer, anschließend den Boden unter dem Wrack für sich zu beanspruchen. Wer sein Schiff nicht selbst versenken konnte oder wollte, heuerte dafür einfach jemand anderen an. Zahlreiche Schiffe fielen aber auch einer großen Feuersbrunst im Jahr 1851 zum Opfer. Nachzulesen sind diese Ereignisse in dem neu erschienenen Band „Kartenwelten“ von National Geographic bzw. auf der Webseite des Magazins.
Auch interessant: 14 Dinge, die man in San Francisco unbedingt tun sollte
Dort wird berichtet, dass es bei der Besetzung von solchem anfangs noch mit Wasser bedecktem „Bauland“ schließlich sogar zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam, denn die Yerba Buena Bucht wurde nach und nach mit Sand und Schutt zugeschüttet. Zuerst wurden dort Kais gebaut, auf denen man zu den in tieferem Wasser liegenden Schiffen gelangen konnte, doch nicht wenige Findige gelangten auf diese Weise zu eigenem Grundbesitz. Im Falle eines Schiffes, der „Nantic“, wurde auf ihrem Wrack sogar ein Hotel errichtet.
Schaurige Vergangenheit Klein Curaçao – die Geisterinsel mitten in der Karibik
Nachgefragt Warum zeigen manche Karten im Flugzeug auch Schiffswracks an?
In 270 Metern Tiefe! Forscher machen Sensationsfund im Lago Maggiore – durch Zufall
Straßenbahnfahrt durch einen Schiffsrumpf
Ein anderes Schiff, die „Rome“, wurde 1990 südlich der Market Street bei Bauarbeiten zu einem Tunnel für die Verlängerung der Straßenbahnlinie N-Judah entdeckt. Wer heute diese Linie oder die Linien T und K nutzt, fährt mitten durch den Vorderrumpf des Schiffes.
Ein historisch besonders interessanter Punkt ist eine alte Abwrackwerft, in der Schiffe auseinander genommen und ihre verwertbaren Bestandteile dann weiter verkauft wurden. Der Brand von 1851 zerstörte sie, doch an dem Ort der damaligen Werft wurden die Wracks von gleich sechs Schiffen entdeckt.
Und auch andere skurrile Funde machte man, darunter Schildkrötenknochen einer von den Galapagos-Inseln stammenden Art – viele Schiffe nahmen die Reptilien damals als Frischfleisch-Proviant auf ihre mitunter langen Reisen, und so gelangten sie auch nach San Francisco. Laut dem Bildband „Kartenwelten“ sei Schildkrötensuppe in der Stadt damals ein typisches Gericht gewesen.
Im Übrigen hat sich die Yerba Buena Bucht, unter der auch heute noch dutzende Schiffswracks begraben liegen, im Nachhinein nicht als idealer Baugrund erwiesen, der Boden ist hier vielerorts schlicht zu weich. Beweis dafür ist der 2009 fertig gestellte Millenium Tower, der langsam kippt, da er in genau diesem Boden langsam einsinkt.