25. November 2024, 6:51 Uhr | Lesezeit: 12 Minuten
Wie in vielen Teilen der Welt sind auch in Italien zahlreiche Gemeinden von einer intensiven Abwanderung betroffen. Denn auf der Suche nach Arbeitsmöglichkeiten zieht es immer mehr Menschen in die größeren Städte. Dadurch werden kleine, abgelegene Orte immer verlassener und verfallen mit der Zeit. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, engagiert sich die Initiative „I borghi più belli d’Italia“, was übersetzt „die schönsten Dörfer Italiens“ bedeutet. Jedes Jahr wird eine Liste der besonders schönen und erhaltenswerten Orte erstellt, um diese zu schützen und ihnen Beachtung zu schenken.
In den vergangenen Jahren ist es in vielen Regionen Italiens ein regelrechter Trend geworden, verlassene Häuser zu einem Spottpreis von einem Euro zum Verkauf anzubieten oder Menschen mit finanziellen Anreizen zum Zuzug zu bewegen. Nicht selten sind es sogar die besonders malerischen Dörfer und Städtchen, welche um Neuzugänge kämpfen. Viele dieser Gemeinden stehen auf der Liste der Associazione dei borghi più belli d’Italia. Jedes Jahr stellt der Nationale Verband der schönsten Dörfer Italiens neue Dörfer vor, die besonders viel Charme besitzen. So finden sich auf der Liste der schönsten Dörfer Italiens mittlerweile bereits 371 Dörfer. TRAVELBOOK zeigt die zehn Neuzugänge des Jahres 2024.
Übersicht
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Inzwischen 371 Dörfer und Kleinstädte Italiens
Die im Jahr 2001 ins Leben gerufene private Vereinigung hat es sich zur Aufgabe gemacht, geschichtsträchtige und architektonisch bedeutsame Ortschaften zu bewahren und vor dem Verfall zu schützen. Dazu werden in den jeweiligen Gemeinden zahlreiche Veranstaltungen organisiert. So fanden in den letzten Jahren viele Feste, Ausstellungen und Konzerte statt, um das kunsthistorische und kulinarische Erbe in den Mittelpunkt zu stellen.
Gestartet mit anfangs nur einigen Dutzend der meist mittelalterlichen Dörfer, zählt die Liste mittlerweile 371 Ortschaften, die Teil der Vereinigung sind. Ein Kriterium der Liste ist es, dass nicht mehr als 15.000 Menschen in den Dörfern und Kleinstädten wohnen dürfen. Inzwischen zählen landesweit mehr als 300 Dörfer und Kleinstädte bis maximal 15.000 Einwohner zu den Borghi più belli d’Italia. Erst vor kurzem sind zehn neue hinzugekommen: Rassa in Piemont, Bagolino in der Lombardei, Bertinoro in Emilia-Romagna, Mulazzo in der Toskana, Ripatransone in den Marken, Scheggino in Umbrien, Capranica Prenestina in Latium, Introdacqua in den Abruzzen, Forza D’Agrò in Sizilien und Gravina in Puglia in Apulien. Letzteres ist das Gastdorf für die Jahre zwischen 2025 und 2027. TRAVELBOOK stellt die Dörfer näher vor.
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Die zehn Neuzugänge unter den schönsten Dörfern Italiens
1. Rassa – in Piemont
Das besondere an Rassa in der Region Piemont ist sicherlich seine Lage. Hoch oben in den Bergen liegt das verschlafene Dorf eingebettet in den Wäldern. Rund 932 Meter über dem Meeresspiegel leben hier gerade einmal um die 60 Menschen. Getrennt wird das Dorf durch einen Bergfluss, eine kleine Brücke verbindet beide Seiten miteinander. Und als würde der kleine Ort nicht ohnehin schon an Auszüge aus der Kinderserie „Heidi“ erinnern, bestehen hier noch dazu die meisten der Häuser aus Stein und Holz und runden das idyllische Bild ab. Kein Wunder also, dass Rassa neuerdings zu den schönsten Dörfern Italiens gehört. Hier kann man fernab des Alltags so richtig zur Ruhe kommen. Zu erkunden gibt es neben der stattlichen Kirche San Giovanni Battista auch tolle Wanderwege, die direkt in das Gebirge des Monte Rosa führen.
2. Bagolino – in der Lombardei
Wer sich im Urlaub am Gardasee aufhält, sollte sich unbedingt für eine Fahrtstunde ins Auto setzen, um dieses charmante Dorf gesehen zu haben. In einem Seitental des Val Sabbia gelegen, befindet sich das Bergdorf Bagolino versteckt in den lombardischen Alpen. Die Gegend um den Idrosee ist traumhaft schön, Bagolino ist noch dazu von Dutzenden kleinen Gassen durchzogen, immer wieder führt der Weg an Brunnen aus Stein vorbei. Es ist der perfekte Ort für einen Urlaub in den Bergen, denn auch die Unterkünfte hier sind ein Traum. Viele verfügen über verträumte Balkone mit verschnörkelten Geländern aus Eisen, die Zimmer sind typisch italienisch und sehr geschmackvoll eingerichtet. Außerdem überzeugt ein weiterer Fakt, denn die Kulinarik spielt in Bagolino eine besonders große Rolle. Der langen Tradition eines bestimmten Hartkäses ist es nämlich zu verdanken, dass das Dorf einen Überschuss an Lebensmittelgeschäften besitzt. Bagòss ist der Name dieses Käses, welcher traditionell mit einer Prise Safran verfeinert wird. Seinen Ursprung hat er hier, aber bekannt ist er weit über die Grenzen des kleinen Dorfes hinaus. Immerhin wohnen etwa 3700 Menschen hier, in einem der schönsten Dörfer Italiens.
3. Bertinoro – in Emilia-Romagna
Inmitten der weitläufigen Landschaft liegt ein kleines Dorf auf einem Berg. Eines der schönsten Dörfer Italiens trägt den Namen Bertinoro und liegt in der Region Emilia-Romagna. Hier kann man herrlich durch die charmanten Gassen schlendern. Alle 11.000 Leute des Ortes scheinen sich einheitlich auf eine Farbpalette für den Anstrich ihrer Hausfassaden geeinigt zu haben. Alle Wege führen hier nicht etwa nach Rom, sondern zur Piazza della Libertà. Der „Platz der Freiheit“ ist oben im Bild zu sehen und wer hier am Geländer steht, versteht schnell, weshalb der Platz diesen Namen trägt. Die Sicht ist atemberaubend und neben der wunderschönen Landschaft gibt es am Horizont sogar das Meer zu sehen. Das kleine Dorf wird deshalb auch „Balkon der Romagna“ genannt. Wen das alleine nicht von einem Besuch in Bertinoro überzeugt, überlegt es sich vielleicht doch noch anders. Denn neben der hübschen Zitadelle und den alten Türmen hat das mittelalterliche Dorf noch ein weiteres Ass im Ärmel. Bertinoro verfügt nämlich über eine lange Weintradition. So wird es nicht nur als „die Stadt des Weins“ bezeichnet, sondern verfügt auch über zahlreiche Weinwanderwege.
4. Mulazzo – in der Toskana
Rund 50 Kilometer von Pisa entfernt leben rund 2300 Menschen in einem der schönsten Dörfer Italiens. Es trägt den Namen Mulazzo und befindet sich in der Region Lunigiana mitten in der Toskana. Eingebettet in die Berge, gibt es hier trotz der geringen Größe einiges zu sehen! Denn da der italienische Dichter und Philosoph Dante das kleine Dörfchen für sich entdeckte, steht hier der Dante-Turm. Auch die Gegend um Mulazzo herum bietet die ein oder andere Sehenswürdigkeit. So gibt es neben stattlichen Schlössern aus dem Mittelalter auch einige richtig alte Kirchen. Mulazzo bietet Besuchenden somit alles, was man sich unter dem Stereotyp eines italienischen Dorfes vorstellt und ist es allemal wert, gesehen und besucht zu werden.
5. Ripatransone – in den Marken
Auch die Häuser dieses Ortes siedeln sich alle hoch oben auf einem Berg an, sie alle scheinen sich Himmel und Sonne entgegenstrecken zu wollen. Und weil der Platz auf dem Hügel begrenzt ist und sie dafür eng zusammenrücken müssen, findet sich im Dorf Ripatransone eine echte Attraktion. Das Dorf ist nun nicht nur eines der schönsten Italiens, sondern besitzt ganz offiziell die engste Gasse Italiens. „Vicolo più stretto d‘Italia“ wird sie hier genannt und misst an der engsten Stelle nur 38 Zentimeter. Das ist so wenig, dass viele diese Stelle nur im Seitwärtsgang passieren können. Das Dorf, welches etwa 12 Kilometer von der Adria entfernt ist, hat aber auch durchaus mehr Freiraum zu bieten. Nicht umsonst wird Ripatransone daher auch als „der Balkon der Marken“ bezeichnet. Denn dank seiner Lage bietet das Dorf einen grandiosen Ausblick auf die umliegenden Weinberge, die vielen Olivenbäume und nicht zuletzt das Meer.
6. Scheggino – in Umbrien
Das Dorf Scheggino im italienischen Umbrian bietet einen speziellen Anblick, welcher nicht zuletzt dafür sorgte, dass der Ort nun zu einem der schönsten Dörfer Italiens gehört. Die Häuser Schegginos scheinen nämlich alle dem Steinhang zu entspringen. Ursprünglich wurden die ersten Häuser hier erbaut, um als Wachposten und somit der Verteidigung vor Angriffen zu dienen. Nach und nach siedelten immer mehr Menschen am Ufer des Flusses Nera an und Scheggino entstand. Wegen seines Alters verfügt der Ort über architektonische Highlights, wie beispielsweise den Palazzo Graziani, einem Herrensitz aus dem 18. Jahrhundert. Dieser wurde an die erste Stadtmauer des Dorfes gebaut und dort steht er noch heute. Auch das Rathaus strahlt noch in voller Pracht, obwohl auch dieses Gebäude bereits einige Jahre auf dem Buckel hat, denn es stammt aus dem 17. Jahrhundert. Es gibt aber ein weiteres Highlight Schegginos, welches nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist. Die Gegend ist nämlich für ihren Reichtum an Schwarzem Trüffel bekannt. So findet er sich hier nicht nur in vielen Gerichten wieder, ihm zu Ehren findet außerdem jedes Frühjahr das Fest des Trüffels statt. Die Frage, welche Zeit als die beste Reisezeit gilt, ist somit hinfällig!
7. Capranica Prenestina – in Latium
Rund 60 Kilometer vom lebhaften Rom entfernt befindet sich diese Oase der Ruhe. Das Dorf Capranica Prenestina zählt mit seinen gerade einmal rund 300 Seelen zu den kleinsten Gemeinden des Landes Italien. Zeitgleich zählt es zu den am höchsten gelegenen Dörfern der Region Latium. Sanft abfallende Hügel umgeben das kleine Capranica Prenestina und sorgen für eine Atmosphäre, die alle Alltagssorgen auszulöschen scheint. Die schmalen Gassen werden von uralten Steinhäusern gesäumt, viele von ihnen stammen aus dem Mittelalter. Die besinnliche Aura dieser Gegend wusste auch Papst Johannes Paul II. zu schätzen. Ziel seiner Reise war daher die Wallfahrtskirche Mentorella, welche sich unweit des Dorfes befindet und hier auf dem Foto zu sehen ist. Wenig verwunderlich also, dass Capranica Prenestina nun auch auf der Liste der schönsten Dörfer Italiens zu finden ist.
8. Introdacqua – in den Abruzzen
Der Name des Dorfes Introdacqua ist Programm. Denn der Name des Ortes, der sich eingebettet zwischen zwei Flüssen befindet, bedeutet übersetzt „zwischen den Wassern“. 640 Meter über dem Meeresspiegel bietet Introdacqua etwa 2000 Menschen ein Zuhause. Ein Zuhause, welches sich nun stolz zu den schönsten Dörfern Italiens zählen darf. Zurecht! Denn bei einem Spaziergang durch Introdacqua geht es auf Kopfsteinpflaster durch malerische Gassen. Diese münden immer wieder in hübschen Marktplätzen und werden von antiken Steinhäusern gesäumt. Das Wahrzeichen des Bergdorfes ist auch hier auf dem Foto zu sehen: Der mittelalterliche Turm diente einst der Verteidigung. Damals wie heute ist der Ausblick von hier oben grandios. Ein weiteres Highlight ist der Nationalpark Abruzzen, welcher sich ganz in der Nähe befindet und das ideale Ziel für einen Tagesausflug bietet.
9. Forza D’Agrò – auf Sizilien
Das sizilianische Dorf Forza D’Agrò erlangte seine Berühmtheit nicht erst durch das Erscheinen auf der Liste der schönsten Dörfer Italiens. Denn seinen größten Auftritt hatte es bereits im Mafia-Film „Der Pate“. Einige Szenen der Francis-Ford-Coppola-Szenen wurden hier gedreht. Seither zieht es immer wieder Fans des Films in das kleine Küstendorf Siziliens. Neben seiner Berühmtheit ist vor allem seine Lage durchaus attraktiv, denn Forza D’Agrò befindet sich direkt am Meer auf einem Küstenhang. Rund 850 Menschen leben hier, für sie gehört nicht nur der Blick auf das Meer, sondern auch der auf den Vulkan Ätna zum Alltag. Dieser ist dafür verantwortlich, dass sich immer wieder schwarze Asche unter den üblichen Straßenstaub mischt und ganze Häuserfassaden und Städte schwarz gefärbt wirken.
10. Gravina – in Puglia in Apulien
Eindrucksvoll in die Felsen gebaut, erkennt man auf manch einem Foto die Stadt als solche erst auf den zweiten Blick. Gravina liegt an der gleichnamigen Schlucht in der Region Puglia in Apulien. Sieht man sich die Gegend um das Dorf herum an, so verwundert es beinahe, dass Gravina erst jetzt auf der Liste der schönsten Dörfer Italiens auftaucht. Die Filmindustrie hat das kleine Dorf dagegen bereits seit längerer Zeit auf dem Radar. Vor allem die Brücke Ponte Acquedotto hatte bereits einige Auftritte. So ist sie in Matteo Garrones „Pinocchio“ und im „James Bond – Keine Zeit zum Sterben“ zu sehen. Mit 43.000 Menschen ist Gravina verhältnismäßig groß und verfügt wegen ihres steinigen Untergrunds über zahlreiche unterirdische Gänge und Höhlen, von denen man einige besichtigen kann. Gravina liegt außerdem im Süden Italiens und hat neben der spektakulären Brücke die Höhlenkirche Chiesa Rupestre di San Michele zu bieten, welche sehr sehenswert ist. Zudem ist Gravina ist zum Gastdorf für die Jahre zwischen 2025 und 2027 auserkoren worden, was erklären dürfte, warum es deutlich mehr als 15.000 Einwohner hat. Definitiv ausreichend Gründe, die für einen Besuch in der außergewöhnlichen Stadt sprechen!