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Geht uns bald der Sand am Strand aus?

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TRAVELBOOK Redaktion

4. September 2014, 12:56 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Im Urlaub wollen viele nur eines: an den Strand und die Zehen in den Sand graben. Doch damit könnte es bald vorbei sein. Denn der Sand wird knapp, schreibt die Wochenzeitung „Zeit“.

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Der erste Tag am Meer: Raus aus den Schuhen und die Zehen in den warmen Sand graben, tief einatmen, den Wellen lauschen und – Urlaub! Barfuß durch den Sand laufen ist ein ganz besonderes Glück, ein Gefühl, für das es keinen Namen gibt, das man einfach kennen muss, spüren, erfahren und später: ersehnen. Aber werden unsere Enkel und Urenkel noch wissen, was es bedeutet?

Wer letzte Woche „Die Zeit“ las, hat Anlass, dies in Frage zu stellen. Denn die Strände schrumpfen, stand dort. Der Sand schwindet und scheint der Menschheit so leicht abhanden zu kommen wie die Handvoll Sand, die gedankenlos durch die Finger rieselt – an einem dieser glücklichen Tage am Strand, die offenbar gezählt sind.

Doch was ist geschehen? Warum verschwindet der Sand? Warum schrumpfen die Strände? TRAVELBOOK hat die wichtigsten Gründe zusammengefasst.

1. Der Nachschub versackt

Der Sand für den Strand wird von den Bächen und Flüssen geliefert. Erst landet er in einer Mündung. Von dort wird er in Wellen weitergetragen. Und Sand gibt es nach wie vor genug: In jeder Sekunde, so schätzen Geologen, entstehen auf der Welt eine Milliarde Sandkörner – durch das Zerbröseln von Gestein und Gebirgen. Allerdings: Immer öfter findet der Sand nicht mehr den Weg zum Strand. Im Bauboom der Ferienorte wurden Flüsse verlegt und eingemauert – und damit oft auch Strömungen verändert.

Auch hat der Mensch Wehre und Staudämme angelegt. Die halten zwar das Wasser auf, wenn es nötig ist, aber leider auch den Sand. Ein Drittel des gesamten Materials, so schreibt die „Zeit“, bleibe auf dem Weg zum Strand einfach irgendwo liegen. Die Rhone in Frankreich und der Ebro in Spanien, zum Beispiel, transportierten heute 20-mal weniger Sedimente ans Meer als noch im Jahr 1950. Am Delta des Nils in Ägypten kommt schon gar nichts mehr an.

2. Künstliche Strände schrumpfen schneller

Natürlich gibt es eine einfache Lösung für den schwindenden Sand. Man karrt ihn einfach selbst heran. Nicht aus den Flüssen fischt man ihn – sondern aus dem Meer. Gewaltige Unterwasser-Staubsauger – oder besser: Sandsauger – tasten den Meeresboden ab und holen die Körner aus der Tiefe. Damit werden die Strände dann aufgepolstert. Viele Strände dieser Welt kommen ohne diese regelmäßigen Schönheitsoperationen gar nicht mehr aus, viele verdanken ihr gar die Existenz.

Hätten Sie gedacht, dass diese Strandschönheiten operative Eingriffe hinter sich haben?

Inzwischen gibt es regelrechte Strand-Designer – und die haben alle Hände voll zu tun. So sind etwa in Florida von den 800 Meilen Strand schon 350 künstlich. Und die amerikanische Regierung pumpt eine Menge Geld in die Aufschüttung der Strände. Denn bei einem Hurrikan wirken die Sandstreifen wie ein Puffer gegen die Flut, der aufwirbelnde Sand wie ein Entschleuniger.

Doch so schön einfach, wenn auch kostspielig die Aufschüttungsarbeiten auch sind, sie haben einen Haken: Aufgeschüttete Strände nämlich erodieren bis zu zehnmal schneller als natürliche. Und wenn es stark stürmt, geht es besonders rasch. Und es kommt noch schlimmer: Da die Körner vom Meeresboden sehr leicht sind, sinken sie nicht auf den Meeresboden zurück, sondern verfangen sich in den Korallen, die sie damit: ersticken.

3. Der Meeresspiegel steigt

Der Meeresspiegel steigt, das ist nichts Neues. Nur: Bisher wussten sich die Strände zu helfen. Sie taten das, was auch jeder Mensch tut, wenn die Flut kommt und das Strandtuch durch die anrückenden Wellen droht, nass zu werden: Man geht einfach ein paar Meter zurück. Und so zog sich auch so mancher Strand einfach etwas zurück.

Doch das ist heute nicht immer möglich. Straßen, Brücken, Promenaden und Ferienappartements stehen dort, wo der Strand liegen könnte. Die Küsten sind eingeklemmt, in der Falle, unverrückbar. Tragisch wird das natürlich dann, wenn eintritt, wovor die Klimaforscher schon lange warnen: dass die anschwellenden Meere in nächster Zeit die Strände fluten. Auch nehmen schwere Tropenstürme zu – und die reißen immer auch ein gutes Stück Strand weg.

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4. Sandklau und Sandmafia

Sand ist auch ein Rohstoff – und unverzichtbar überall dort, wo gebaut wird. Denn Beton besteht zu etwa 40 Prozent aus Sand. Und zwar aus dem Sand von der Küste. Wüstensand eignet sich nicht dafür, seine Körner haften zu schlecht. Auch steckt Sand in vielem anderen: in Glas, Asphalt und Plastik, auch in Shampoo, Zahnpasta, Wein, Klebstoff, Farben und Mikroprozessoren.

In vielen Ländern – Indien etwa oder China – werden die Strände daher regelrecht abgetragen und mit dem wertvollen Stoff gedealt wie mit Drogen. Vielerorts hat sich eine Art Sandmafia gebildet, sagt auch der Geologe Michael Welland im Gespräch mit „Arte“. In manchen Ländern ist sie schon die mächtigste kriminelle Organisation überhaupt. In China soll knapp die Hälfte des Sandes, der an die Bauindustrie geht, aus illegalen Quellen stammen.

An den deutschen Küsten ist der Sandklau natürlich kein Problem. Dafür aber der Klimawandel und der Anstieg der Meere. Um 18 bis 59 Zentimeter soll der Meeresspiegel nach dem vierten Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) in den kommenden 100 Jahren steigen. Zudem müsse man mit häufigeren und potenziell stärkeren Überflutungen von Küstengebieten rechnen.

Der Sandschwund ist schon sichtbar. Große Teile von Wangerooge und Kühlungsborn sind bereits künstlich geliftet, vielerorts ist Küstenschutz ein wahrlich existentielles Thema. Und wer sich schon immer gefragt hat, warum er beispielsweise nicht in die Dünen laufen soll, muss sich nur mal vorstellen, wie deren Bepflanzung, etwa der Strandhafer, den Sand halten kann. Ohne sie würde der Sand beim Hochwasser einfach weggespült.

Allerdings, keine Entwicklung ohne Gegentrend. Wer einmal auf Usedom in Swinemünde an der Konzertmuschel des polnischen Badeortes stand, dürfte dort über ein Bild gestutzt haben, das denselben Platz vor gut 100 Jahren zeigt. Da schlugen fast direkt an den Pavillon die Wellen an, der Strand war lediglich ein schmaler Streifen. Heute indes muss man von dem Gebäude gut 100 Meter laufen, um den Zeh ins Meer zu tauchen: über die Düne und einen herrlich breiten Strand.

Jedes Jahr, so erklärt der Guide, hat das Meer der Stadt einen Meter Strand geschenkt. Aber das, wiederum, ist eine andere Geschichte. Nur, was macht die Stadt mit dem vielen Strand? Sie baut Häuser darauf.

Themen Florida
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