19. Januar 2018, 13:47 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Direkt vor dem Toren Lissabons liegt Sintra, ein Ort, den sich wohl auch ein Geschichtenerzähler nicht romantischer hätte ausdenken können. Unzählige Besucher kommen jedes Jahr und staunen über Prachtbauten, prunkvolle Parkanlagen – und einen protzigen Palast, der von einem Deutschen gebaut wurde.
Wer in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon am Terminal do Rossio in einen der stündlich fahrenden Regionalzüge nach Sintra steigt, der ist innerhalb kürzester Zeit nicht nur in einer anderen Stadt, sondern gefühlt auch in einer anderen Welt. Parkanlagen und Paläste wie aus einem Märchen erstaunen jedes Jahr unzählige Besucher – und tatsächlich schrieb einst der dänische Märchenerzähler Hans Christian Andersen über die Stadt: „Sintra, wo Natur und Kunst sich auf wundervolle Weise ergänzen.“
Sintra zählt seit 1995 zum Unesco-Weltkulturerbe
Derart monumental ist die kleine Stadt, dass sie seit 1995 vollständig zum Unesco-Weltkulturerbe zählt – und wer hier auf Sightseeing-Tour geht, versteht schnell warum. Vom Bahnhof von Sintra gelangt man in wenigen Gehminuten in das malerische Stadtzentrum, oder besser gesagt, den Dorfkern, wo die ersten Highlights auf Besucher warten. So zum Beispiel der Palácio Nacional, der vom 15. Jahrhundert an bis 1910 durchgehend der portugiesischen Königsfamilie als Sommerresidenz diente. Die Geschichte des Gebäudes mit seinen zwei beeindruckenden Schornsteinen geht sogar bis in die Zeit der maurischen Herrschaft in Portugal zurück, und es beeindruckt bis heute durch seine einzigartige Bauweise und sein prunkvolles Interieur.
Maurische Burgen und ein deutsches Märchenschloss
Nur ein paar Schritte entfernt liegt das wunderbare ehemalige Herrenhaus Quinta da Regaleira, im gotischen Stil erbaut und bekannt vor allem wegen seiner weitläufigen und wunderschönen Parkanlage. Besonders die Kapelle Santíssima Trindade erstaunt Besucher, denn von ihrer Krypta aus kann man tief in den gewaltigen Initiationsbrunnen hinabsteigen, von wo aus man durch eine Höhle schließlich zurück in die Gartenanlage gelangt.
Zwei sprichwörtliche Highlights von Sintra findet man hochoben über den Dächern der Stadt, auf zwei gegenüberliegenden Gipfeln des Sintra-Gebirges: Der Palácio da Pena und das Castelo dos Mouros. Ersteres ist ein fast schon surreal wirkendes Märchenschloss mit zahlreichen bunten Türmen und einer Architektur, die den Betrachter unwillkürlich an die Bauten von Hundertwasser denken lässt. Auftraggeber war König Ferdinand II, der dem deutschen Bauherrn Baron Wilhelm Ludwig von Eschwege die Erschaffung des Palastes übertrug.
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Das Castelo dos Mouros oder die maurische Burg besteht heute nur noch aus Überresten einer Festungsanlage, die bereits um das 10. Jahrhundert gebaut wurde. Besucher folgen dem Verlauf der erstaunlich gut erhaltenen Burgmauern und staunen dabei über die unfassbar schönen Ausblicke, die sich auf das umliegende Sintra bis hinaus zum nahen Atlantik erstrecken. TRAVELBOOK-Geheimtipp: Wer gleich ein Kombiticket für beide Attraktionen erwirbt, spart sich zumindest einmal das ansonsten meist nervtötend lange Schlangestehen.Wer zudem nicht den besonders an heißen Tagen recht anstrengenden Anstieg auf die Burgberge auf sich nehmen möchte, fährt für kleines Geld mit einem der charmanten Cabrio-Taxis und lässt sich den Wind um die Nase wehen.
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Ein Protz-Palast und ein Kloster
Wer abseits der Touristenmassen bei diesen fast immer überlaufenen Attraktionen etwas Ruhe sucht, der ist mit einem Ausflug zum Palácio de Monserrate ausgezeichnet beraten. Vier Kilometer außerhalb des Stadtzentrums gelegen, beinhaltet die riesige und wunderschöne Parkanlage nicht nur Pflanzen aus aller Welt, sondern auch einen der schönsten Paläste Europas – ein altes Herrenhaus von unfassbarem Prunk und Protz, verziert mit Mosaiken und Schnitzereien, das sogar den englischen Dichter Lord Byron einst inspirierte. Ein skurriles Detail ist neben dem gut erhaltenen Interieur die originalgetreue Besucher-Toilette, komplett mit ihrer Kordelzug-Spülung und Emaille-Waschbecken. Wer möchte, kann in dem kleinen Park-Restaurant günstig sehr gut essen.
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Noch etwas weiter ist es zum Convento dos Capuchos, einem 1560 gegründeten Kloster, das außergewöhnlich gut erhalten ist – dabei lebt hier seit 1843 niemand mehr. Auch in dem alten Kovent lockt eine wunderbare Parkanlage zu einem ausgiebigen Spaziergang, nachdem man die kleinen Zellen der Mönche besucht hat.
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Teurer Spaß
Wem all das immer noch zu hektisch ist, der hat die Möglichkeit, auf unzähligen Spazier- und Wanderwegen die Gegend um Sintra zu erkunden, wobei sich nicht selten spektakuläre Ausblicke auf das umliegende Land und den Atlantik bieten. Eine weitere nahe gelegene Attraktion ist der Cabo da Roca, der westlichste Punkt auf dem europäischen Festland und mit seiner steil abfallenden Küste ein erhabener Anblick. Originell: Man kann sich hier eine Urkunde ausstellen lassen, die bestätigt, dass man dieses Naturschauspiel besucht hat.
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Sintra ist leider nicht günstig
Bei aller Schönheit muss man aber Sintra-Interessierte auch deutlich auf zweierlei hinweisen: Wenn Sie die Stadt wenigstens ein bisschen in Ruhe entdecken möchten, sollten Sie keinesfalls am Wochenende kommen, denn dann fallen die Touristen in Scharen nach Sintra ein. Zudem ist die Erkundung des Ortes alles andere als günstig. Laut TRAVELBOOK-Hochrechnung würde ein einzelner Besucher um die 100 Euro ausgeben, wollte er alle Attraktionen hier besichtigen – allein der Eintrittspreis in den monumentalen Palácio da Pena beträgt beispielsweise für Erwachsene aktuell laut der Seite „Parques de Sintra“ 11,50 Euro.
Dennoch: Das portugiesische Märchendorf vor den Toren von Lissabon ist definitiv einen Besuch wert, und das zu jeder Jahreszeit.