26. August 2022, 14:33 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wie sehen Städte aus, in denen wir auch in 50 Jahren noch gerne leben? Wohl die wenigsten sehen als Antwort auf diese Frage graue Hochhäuser nah beieinander vor sich. Stattdessen stehen Ökologie und Nachhaltigkeit im Fokus. Immer mehr Planstädte weltweit wollen genau diesen Traum verwirklichen. Jüngstes Beispiel: Die Stadt „Telosa“, die ein Milliardär in den USA errichten möchte. Die Details – und warum nicht alle von der Idee begeistert sind.
Weltweit gibt es immer mehr Ideen, wie eine „Stadt der Zukunft“ aussehen könnte. Während in Saudi-Arabien mit „Neom“ die wohl längste Stadt der Welt gebaut wird, ist vor Südkorea mit „Oceanix Busan“ die größte schwimmende Stadt geplant. Nun gibt es auch Pläne für eine futuristische Metropole in den USA – zumindest, wenn es nach Milliardär Marc Lore geht.
Lore ist ein bekannter US-Unternehmer, der zwei Unternehmen für Milliarden an Walmart und Amazon verkaufte. Ein Teil dieses Vermögens soll die Zukunftsstadt Telosa finanzieren. Ein Projekt, das insgesamt 400 Milliarden US-Dollar kosten soll, wie CNN berichtet. Die Stadt soll auf einem Gelände von 150.000 Hektar mitten in der Wüste erbaut werden, 36 Bezirke von Nevada, Arizona und Utah könnten Teil des Projekts werden. Lores ambitionierter Plan: Bis 2030 sollen 50.000 Menschen in Telosa leben. Interessierte können sich bereits mit dem Wunsch, Einwohner zu werden, registrieren. Doch was genau wird sie in der Stadt erwarten?
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Die Pläne für Telosa
Der Name Telosa leitet sich vom griechischen Wort für „höchstes Ziel“ ab. Dieses Ziel soll in der Stadt sowohl hinsichtlich der Nachhaltigkeit als auch der Vielfältigkeit der Bevölkerung erfüllt werden. So wird in der Stadt vor allem auf erneuerbare Energien gesetzt, alle Gebäude sollen etwa mit Solarpaneelen ausgestattet werden. Es soll auch mehrere Wasseraufbereitungsanlagen geben. Die Stadt werde zudem so geplant, dass die Bewohner alle Geschäfte des täglichen Bedarfs in unmittelbarer Nähe haben und so weitgehend auf Autos verzichten können. Der Fokus läge auf Fußgängern und Fahrradfahrern. Würden dennoch Autos benötigt, sollen diese elektrisch und autonom fahren, heißt es auf der Website von Telosa.
Aktuelle Entwürfe zeigen eine ultramoderne Stadt mit Hochhäusern, auf denen Bäume wachsen, und viele Landschaftsparks mit Spazierwegen. Zudem sieht man zahlreiche Gewächshäuser und Windräder.
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Teil des „höchsten Ziels“ ist auch, dass die Bevölkerung der Stadt bewusst vielfältig ist. Man wolle deswegen zunächst 50.000 „diverse“ Menschen einziehen lassen. Was genau unter „divers“ zu verstehen ist, ist aktuell nicht bekannt. Allerdings sagte Lore auf einer Stadtversammlung bereits, man baue „nicht nur eine neue Stadt, sondern ein neues Gesellschaftsmodell“. In Telosa würde die „Gleichheit“ regieren, so soll es etwa keine privaten Eigentümer geben, sondern eine Stiftung, die das Geld aus Pachtverträgen in soziale Leistungen investiert. Die Einwohner sollen zudem bei politischen Entscheidungen direkt Einfluss nehmen können.
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Wird Telosa wirklich ein „Vorbild für andere Städte“?
Telosa soll, so Lore, ein „Vorbild für andere Städte werden“. Doch nicht jedem scheint dieses Vorbild zu gefallen. So schreibt etwa Autorin Jess Crispin im „Guardian“: „Die Ultrareichen sind angesichts der sich verschlechternden Weltlage zunehmend daran interessiert, dem Rest von uns vorzuschreiben, wie wir zu leben haben. Sie begnügen sich nicht mehr damit, von ihren Privatjets aus auf uns herabzublicken, sondern übernehmen unsere Häuser, unsere Städte, unsere Gesellschaft.“
Und auch wenn der Gründer von seinem Projekt vollends begeistert ist, wird bereits vor Baubeginn infrage gestellt, ob das Projekt je vollendet wird. In vielen Medienberichten wird Telosa mehr als Utopie als ein realistisches Vorhaben dargestellt. In einem „Bloomberg“-Interview reagierte Lore allerdings auf die Frage, ob er beim Städtebau naiv sei, so: „Es ist eine Naivität, die man haben muss.“ Ob er damit recht hat, wird sich spätestens im Jahr 2030 zeigen.