14. November 2023, 11:07 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Unter Europa-Reisenden ist das polnische Krakau bereits seit Jahren eines der festen Ziele. Kein Wunder, bietet die Metropole an der Weichsel doch einen aufregenden Mix aus Historie und Moderne. Die wunderbar erhaltene Altstadt und das Trendviertel Kaziemierz sind dabei nur einige der Orte, die es zu entdecken gibt. Unser Autor war bereist mehrfach in Krakau und hat Tipps für den perfekten City-Trip.
Es ist voll auf dem Rynek Glówny von Krakau, dem zentralen Platz, auf dem wohl mehr oder weniger jeder City-Trip durch Krakau beginnt. Sehr voll, die Sonne scheint Ende Oktober noch einmal so schön, als wolle sie sich schon vorab für die kommenden dunklen Monate entschuldigen. Doch jetzt ist jetzt, und Menschen aus aller Welt wuseln über den bekanntesten Platz der Stadt, ein babylonisches Sprachgewirr der Aufregung und Freude. Die Tuchhallen sind voll von Touristen auf der Jagd nach einem Souvenir oder dem nächsten Schnappschuss. An der Ecke zwischen dem Mariacki-Platz und der Floriańska-Straße thront gewaltig die erhabene Bazylika Mariacka, die Marienkirche. Willkommen in Krakau, einer der schönsten Städte Europas.
Urkundlich erstmals erwähnt 956, also vor mehr als 1000 Jahren, war die Stadt am Weichsel-Fluss bis zum Beginn des 17. Jahrhundert die Hauptstadt des damaligen Königreichs Polen. Und für viele ist Krakau immer noch die heimliche Kapitale, wie das „Auswärtige Amt“ mitteilt. Von den rund 800.000 Einwohnern sind mehr als 170.000 Studenten, die an den 20 Hochschulen der Stadt lernen. Über die gesamte Stadt verteilen sich mehr als 100 Kirchen, von denen viele ob ihrer Schönheit zu den Touristenhighlights zählen. Noch immer ist es der ganze Stolz jedes Krakauers, dass der immens populäre Papst Johannes Paul II. aus einem Vorort der Stadt stammt. So ist denn auch der internationale Flughafen von Krakau nach dem „Papa“ benannt. Von hier aus erreicht man bequem und in kurzer Zeit entweder mit Bus oder Bahn die historische Innenstadt.
Flipper-Automaten und Sterneküche
Und hier starten auch, wie bereits erwähnt, die wohl meisten City-Trips in Krakau. Wer sich nicht so sehr für die teils riesigen Sakralbauten interessiert, findet in Krakau auch mehr als 40 Museen zu verschiedenen Themen, allein in der Altstadt habe ich bei einem Blick auf eine Karte 19 gezählt. Ein besonderes ist wohl das zu Ehren des Nationalmalers Jan Matejko, des berühmtesten historischen Künstlers Polens. Wer es moderner und ausgefallener mag, wird sicherlich im Pinball-Museum Spaß haben. Im Ticketpreis mit inbegriffen ist schon die Spielzeit an den Flipper-Automaten, von denen der älteste aus dem Jahr 1936 stammt.
Zunächst einmal muss man aber einfach den prachtvollen Rynek Glówny sehen, den ehemaligen Hauptmarkt von Krakau. In den sogenannten Tuchhallen verkaufen Händler in schönen historischen Ständen Schmuck aus Bernstein, handgeschnitzte Figuren, Krakau-Kuscheldrachen und T-Shirts mit Stadtlogo, um nur einige mögliche Souvenirs zu nennen. Die Marienkirche ist allein schon ob ihrer schieren Größe sehenswert, verziert ist sie mit Fresken von Matejko und seinen Schülern. Rund um den Markt versuchen zahllose Cafés und Restaurants, fußmüde Touristen auf einen Drink oder gleich ein Abendessen zu locken. Unter ihnen ist besonders das Szara Gęś erwähnenswert. In einem alten Gewölbe mit schönen Deckengemälden speist man hier Haute Cuisine von Weltklasse, das allerdings auch zu gesalzenen Preisen.
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Die Drachen-Legende
Lohnenswert ist auch ein Gang entlang der gut erhaltenen Stadtmauern, besonders am Florianstor, wo Künstler unter freiem Himmel ihre Werke zeigen, und natürlich auch zum Kauf anbieten. Weiter geht es in Richtung Wawel. Auf dem gut 200 Meter hohen Hügel befindet sich die beeindruckende Burganlage, die jahrhundertelang als Sitz der polnischen Könige diente. Genau wie die historische Altstadt gehört die Wawel-Burg seit 1978 zum Unesco-Welterbe. Der bei Touristen wohl beliebteste Ort findet sich allerdings unter dem Schloss am Ufer der Weichsel. Denn hier steht die Statue eines Drachen, der alle paar Minuten unter Begeisterungsstürmen von Menschen aus aller Welt tatsächlich Feuer spuckt.
Der Smok Wawelski, also der Wawel-Drachen, erzählt auch gleichzeitig eine schöne Legende um die Entstehung der Stadt. Demnach terrorisierte die Bestie das junge Krakau, bis sie mit einer List zur Strecke gebracht wurde. So mussten die Bewohner der Stadt ihr stets Vieh als Opfer darbringen, in manchen Versionen ist auch von Jungfrauen die Rede. Die tapfersten Ritter des Landes konnten den Drachen im Kampf nicht besiegen. Das gelang erst einem jungen Schusterlehrling. Dieser füllte ein Lamm mit Schwefel und warf es dem Monster zum Fraß vor. Nach seiner Mahlzeit bekam der Drachen daraufhin derart gewaltigen Durst, dass er alles Wasser aus der Weichsel trank, und platzte. Auch heute noch ehrt die Stadt die Erinnerung an diese Mär jedes Jahr mit einer großen Drachenparade.
Das hippe Herz der Stadt
Vom Wawel-Hügel ist es dann nicht mehr weit bis ins „echte“, junge Herz der Stadt, das jüdische Viertel Kazimierz. Benannt nach seinem Gründer, König Kazimierz dem Großen, ist es heute der bei Touristen und Einheimischen gleichermaßen wohl beliebteste Bezirk. Und ein Ort, an dem sich offenbart, dass Krakau europaweit ganz vorne mitspielt, wenn es um kulinarische Genüsse geht. Erste Anlaufstation ab morgens bis in die späte Nacht hinein ist der alte Markplatz am Plac Nowy, bei der Rotunde Okrąglak. Hier verkaufen zahlreiche Schaufenster den wohl beliebtesten polnischen Snack, Zapiekanka. Dabei handelt es sich um ein meist mit Käse und Champignons überbackenes warmes Baguette, das man wahlweise auch noch mit anderen Leckereien garnieren lassen kann. Vorsicht, die Zapiekanki (Mehrzahl) hier sind ob ihrer Größe eine wahre Herausforderung auch für gute Esser.
Eine gute Idee von der großartigen Kaffeekultur in Krakau bekommt man im „Hevre“, einer in eine opulente Bar umgewandelten alten Synagoge. Wie ein historischer Ballsaal mutet der elegante Ort mit seinen riesigen Kristall-Lüstern an, in den Sesseln lässt es sich gut bei chilliger Lounge-Musik und einem Drink versinken. Von 10 bis 13 Uhr gibt es hier auch sehr leckeres Frühstück, zum Beispiel das typisch israelische Schakschuka. Und obwohl der Spot zu jeder Tageszeit sehr gut gefüllt ist, bekam ich bei meinem Besuch auch als Teil einer großen Gruppe problemlos einen Platz.
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Baklava und Klezmer-Musik
Wem nach noch mehr Köstlichkeiten ist, sollte das „Hamsa“ besuchen, das sich an der Szeroka-Straße auf dem wohl schönsten Platz von Kaziemierz befindet. Hier findet man typisch israelische bzw. levantinische Gerichte in einem sehr stilvollen Ambiente. Hinterher unbedingt noch die Zahnschmelz-zersetzend süßen Baklava und den Kaffee mit Kardamom probieren. Auch in den anderen Restaurants am Ort können sie aber vermutlich nichts falsch machen, und mitunter spielt bei gutem Wetter sogar eine Klezmer-Band live melancholische Lieder. Bei diesem betörenden Sound kann man, wenn man einfach kurz die Augen schließt, mitunter sogar die Menschenmassen um sich herum vergessen.
Und diese sind vielleicht auch der einzige Störfaktor im ansonsten magisch schönen Krakau. Denn egal welche Tages- oder Jahreszeit, die Stadt wird immer geradezu brechend voll sein. Ich war mittlerweile dreimal dort, einmal sogar zu einer Neujahrsfeier, und es scheinen immer noch mehr Menschen zu werden. Wem würde man es ob der Schönheit der Stadt verdenken, hierherzukommen? Doch gerade nachts offenbart sich leider mitunter ein anderes, hässlicheres Krakau rund um den Rynek Glówny und den Straßen von Kazimierz. Denn die City ist mittlerweile ein beliebtes Ziel für Junggesellen-Abschiede und Trink-Urlaube gleichermaßen, das alles eben in einzigartig schönem Ambiente.
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Nach dem Trip ist vor dem nächsten Trip
Bei meinem aktuellen Aufenthalt sah ich auch direkt vor mir eine Kleingruppe Männer, die mit Tränengas und Schlagstöcken bewaffnet auf einen Einzelnen losgingen, der Anlass blieb mir bei meiner raschen Flucht vom Tatort verborgen. Natürlich sind das aber nur Momentaufnahmen, und ich lasse mir meine Sympathie für Krakau dadurch in keiner Weise trüben. Ich denke lieber zurück an Menschen wie den alten Mann, den ich an einem Sonntagmorgen in Kazimierz sah. Mit einer Leiter und einem Lappen bewaffnet zog er durch das Viertel und polierte jedes Straßenschild liebevoll auf Hochglanz.
Ich denke an Menschen wie den Einheimischen Greg, der für uns ein internationales Treffen für über 60 junge Menschen aus ganz Europa in seinem Krakau mitorganisierte. Ich denke an weitere schöne Tage, die ich in dieser herrlichen Stadt an der Weichsel verbringen durfte, und natürlich denke ich auch schon ans Wiederkommen. Ja, man kann hier an nur einem Wochenende einen perfekten City-Trip mit unzähligen unvergesslichen Eindrücken genießen. Aber bei Krakau wird es sehr schwerfallen, es bei nur einem Mal zu belassen. Denn wer weiß schon, welche Abenteuer hier beim nächsten perfekten Trip warten?