2. Mai 2016, 9:39 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die kanadische Künstlerin Trina Merry hat sich auf Outdoor-Bodypainting spezialisiert. Dafür werden Models so bemalt, dass sie sich perfekt in die Landschaft integrieren. Das Ergebnis sind faszinierende Aufnahmen – eine optische Täuschung ganz ohne Photoshop. Die Künstlerin hat TRAVELBOOK einen Einblick in ihre Arbeit gewährt.
Wasser, der Himmel, viel Beton und noch mehr Fenster: Wer einmal versucht hat, die Skyline von New York City zu malen, weiß, wie facetten- und detailreich das Motiv ist. Kein einfaches Unterfangen und ziemlich zeitintensiv. Wie schwierig es erst wird, wenn man das Ganze auf einen Körper bringen will, der sich dann auch noch perfekt in das Stadtbild einfügen soll, kann man nur erahnen.
Der kanadischen Bodypainting-Künstlerin und Fotografin Trina Merry ist dieses Kunststück gelungen. Insgesamt sieben Hochhäuser – oder besser: Teile von Hochhäusern – hat sie auf ihrem fast nackten Model exakt so angeordnet, dass sie am Ende auf der Fotografie wieder ein großes Ganzes ergeben. Die Beine sind das Wasser, die Körpermitte ein Steg, und der halbe Kopf wird zum Himmel.
„Urban Camouflage“ nennt Trina Merry diese Technik. Schon seit 2010 kreiert sie Bodypaintings, nach und nach auch solche, die mit ihrer Umgebung interagieren. „Als ich dieses Jahr nach New York gezogen bin, wollte ich etwas Neues ausprobieren. Ich war fasziniert von New Yorks Architektur“, sagt die gebürtige Kanadierin zu TRAVELBOOK. So entstand die Idee, die urbanen Strukturen der US-Metropole auf ihren menschlichen Leinwänden festzuhalten.
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Jedes Details muss sitzen
Auf manchen Aufnahmen verschmelzen die bemalten Models regelrecht mit ihrer Umgebung, sodass man ganz genau hinsehen muss, um die Täuschung zu erkennen. Perfekt gelungen ist das zum Beispiel bei einer Aufnahme vor der New York Public Library (siehe Foto-Galerie oben).
Die Künstlerin malt nicht nach einem Foto, sondern geht mit ihren Models direkt raus an den Ort, wo später die Aufnahme entstehen soll. Dabei achtet sie auf jede Kleinigkeit. „Ich male die Details, die ich von einer bestimmten Perspektive aus sehe und laufe immer wieder zwischen diesem Punkt und dem Model hin und her. Es auf diese Art zu machen, ist eine riesige Herausforderung, und ich muss mit allen möglichen äußeren Einflüssen klarkommen.“
Parkt beispielsweise während des Bemalens ein Auto, wird die Veränderung auch auf dem Model vorgenommen. Schließlich muss am Ende auf dem Foto alles ganz genau passen. Ein Problem sind manchmal auch die vielen Menschen, die stehenbleiben, um Trinas Arbeit zu beobachten und zu fotografieren. Ab und zu kommt sogar die Polizei – schließlich sind die Models bis auf eine schmale Unterhose komplett nackt.
Dann spielen natürlich auch das Wetter und die Lichtverhältnisse eine Rolle: Ist der Himmel bewölkt, muss eine andere Farbe her, als wenn er leuchtend blau strahlt. Auch Wasser hat je nach Lichteinfall und Wellengang täglich eine andere Farbe. Das alles genau abzupassen und auf dem Körper des Models entsprechend genau wiederzugeben, braucht seine Zeit.
„Je nach Komplexität des Hintergrundes brauche ich bis zu acht Stunden, um eine Aufnahme zu realisieren. Es kommt auch darauf an, wie oft ich unterbrochen werde“, sagt Trina Merry. Die Künstlerin macht in den meisten Fällen alles selbst, ohne Hilfe: die Auswahl des Motivs, das Bodypainting und am Ende das Foto. Am längsten dauert natürlich das Bemalen. Das Foto hat Merry dann relativ schnell im Kasten. „Ich brauche nur ein einziges gutes Bild. Vor Kurzem hatte ich ein Shooting an den Steilklippen von Moher“, erzählt sie TRAVELBOOK. „Ich bin nach Irland geflogen, drei Stunden gefahren, habe bei Windstärke 100 gemalt – und am Ende nur acht Fotos geschossen. Es war ein gutes dabei, und das war’s.“
Eine Auswahl ihrer Bilder sehen Sie oben in der Foto-Galerie. Weitere Fotos und Informationen zu aktuellen oder kommenden Ausstellungen finden Sie auf der Website der Künstlerin.