28. Oktober 2020, 17:49 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Es ist offiziell: Chemnitz wird Deutschland als Europäische Kulturhauptstadt 2025 vertreten. Das teilte die europäische Auswahljury in Berlin mit. Damit setzte sich die sächsische Stadt gegen Hannover, Hildesheim, Magdeburg und Nürnberg durch. Doch was macht Chemnitz so besonders? TRAVELBOOK weiß Bescheid.
Als Kulturhauptstadt 2025 will die Stadt „all die Leute und Orte sichtbar machen, die man nicht sieht, und damit auch ein Chemnitz, das in Europa – noch – keiner auf dem Schirm hat“, so das Bewerbungsteam. Und tatsächlich bietet Chemnitz nicht nur eine sich stetig erneuernde Industrie, sondern auch eine aufregende architektonische Mischung und eine exzellente Kulturlandschaft.
Mit ca. 245.000 Einwohnern ist Chemnitz im Südwesten des Freistaates Sachsen das Herz einer Region mit mehr als einer Million Einwohnern. Die Stadt erlebte im 19. Jahrhundert im Zeitalter der Industrialisierung einen schnellen Aufstieg: Textilindustrie, Maschinen- und Fahrzeugbau. Bekannte Unternehmer waren am Werke, wie der „Sächsische Lokomotivkönig“ Richard Hartmann oder die Strumpffabrikanten-Dynastie Esche. Aber auch Unternehmen wie „Wanderer“ und „Auto Union“ ließen die Stadt in rund 100 Jahren zu einer der reichsten Kommunen Deutschlands aufsteigen.
Villa Esche von Van de Velde in Chemnitz
Nach verheerender Kriegszerstörung, fast 80 Prozent der Innenstadt, künden vom einstigen Reichtum noch heute Unternehmervillen wie die von Henry van de Velde geplante Villa Esche sowie das Gründerzeit- und Jugendstilviertel Kaßberg und weitere Bauten von den goldenen Zwanzigern. Dazu gehören das 1910 eröffnete neoklassizistische Neue Rathaus, die Oper Chemnitz und die gegenüber liegenden Staatlichen Kunstsammlungen im einstigen König-Albert-Museum. Zu den Staatlichen Kunstsammlungen gehört auch das Museum Gunzenhauser, in einem der ersten Hochhäuser Deutschlands eingerichtet.
Karl-Marx-Büste im Zentrum von Chemnitz
Einem Intermezzo als Karl-Marx-Stadt zu DDR-Zeiten von 1953 bis 1990 folgte nach teilweiser Deindustrialisierung großer maroder Industriebetriebe ein erneuter Aufschwung nach 1990. An die DDR-Zeit erinnern im Stadtzentrum der mächtige Komplex der Stadthalle und angeschlossenem einstigen Interhotel (heute Hotel Mercure) sowie die riesige Porträtbüste von Karl-Marx, von den einheimischen liebevoll „Nischel“ genannt.
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Widerhall fand der erneute wirtschaftliche Aufschwung nach 1990 in einer sehenswerten neuen Architektur in der Innenstadt. Renommierte Architekten wie Helmut Jahn, Hans Kollhoff und Christoph Ingenhoven prägten mit ihren Entwürfen das verdichtete und durchaus sehenswerte Stadtzentrum von Chemnitz.
Überregional bekannte Kunstsammlungen
Kulturell glänzt Chemnitz heute mit den renommierten Kunstsammlungen Chemnitz (2010 als Museum des Jahres ausgezeichnet) am Theaterplatz und mit dem Museum Gunzenhauser. Mit legendären Ausstellungen zu Bob Dylan, Edvard Munch, Pablo Picasso, Henri de Toulouse-Lautrec und Andy Warhol haben sich die Kunstsammlungen Chemnitz deutschlandweit einen Namen gemacht.
Ein Schmuckstück von Weltrang ist das Museum Gunzenhauser mit einer der größten Privatsammlungen von Kunst der Klassischen Moderne und der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Chemnitz hat das einzige Fünf-Sparten-Theater in Deutschland
Das vielfältige kulturelle Angebot der Stadt umfasst darüber hinaus die Theater Chemnitz sowie das Sächsische Industriemuseum. 2014 erhielt Chemnitz mit dem Staatlichen Museum für Archäologie ein Landesmuseum. Das Museum befindet sich im Gebäude des von Erich Mendelsohn, von dem auch der Einsteinturm auf dem Telegrafenberg in Potsdam stammt, erschaffenen ehemaligen Kaufhauses Schocken. Für seine Ausstellungsgestaltung erhielt es unter anderem den Red Dot Award 2015, einem der größten und renommiertesten Designwettbewerbe der Welt. Auch der 290 Millionen Jahre alte versteinerte Wald, zu erleben im Kunstkaufhaus Tietz, ist eine Attraktion in Chemnitz.
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Tipp für das Umland: Wasserschloss Klaffenbach
Auch die kleinste Ritterburg Sachsens, die Burg Rabenstein, das idyllische Wasserschloss Klaffenbach, das Museum für Sächsische Fahrzeuge oder das Sächsische Eisenbahnmuseum in Europas größtem erhaltenen Dampflok-Betriebswerk sind Anziehungspunkte für Touristen. Das Wasserschloss Klaffenbach befindet sich im gleichnamigen Stadtteil von Chemnitz. Es stellt ein für Sachsen nahezu einzigartiges Beispiel eines Wasserschlosses der Renaissance dar und beinhaltet neben Museum und Kulturzentrum ein Vier-Sterne-Hotel mit einem mehrfach prämierten Restaurant.
(Text: Dieter Weirauch)