20. März 2021, 12:57 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Auf einem Hügel nahe der Stadt Regensburg ließ der bayerische König Ludwig I. ab 1830 einen gigantischen Tempel errichten. Vorbild war ein legendäres griechisches Bauwerk. Auf diese Weise entstand eines der wohl wunderlichsten Denkmäler Deutschlands.
Auf einem Hügel nahe der bayerischen Stadt Regensburg thront hoch über den Ufern der Donau eine Anlage, bei deren Anblick man meinen könnte, unvermittelt im antiken Griechenland gelandet zu sein: ein riesiger Tempel, 20 Meter hoch, gut 30 Meter lang, erbaut im Stile alter hellenischer Meister. Der Bau, der den martialischen Namen Walhalla trägt, ist aber noch nicht einmal 170 Jahre alt. Erbauen ließ ihn ein bayerischer König, der eine ganz spezielle Vision hatte.
Es ist das Jahr 1806, als der bayerische Kronprinz Ludwig I. beginnt, sich Gedanken über eine Ruhmeshalle zu machen. Darin soll künftig das Andenken der größten Deutschen geehrt werden, wie die Autorin Pia Volk in ihrem Buch „Deutschlands schrägste Orte. Ein Fremdenführer für Einheimische“ schreibt. Soeben ist das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen zerfallen, und Ludwig ist betrübt darüber, dass in den Napoleonischen Kriegen Deutsche gegen Deutsche kämpfen. So wurde sein Vater überhaupt erst vom französischen Feldherren Napoleon in den Königsstand erhoben, weil er sich mit diesem unter anderem gegen die Preußen und Österreicher verbündet hatte.
Gedenkstätte für die Vergangenheit
Ludwig I. selbst ist ein Kriegsgegner und will „die Deutschen wieder zusammenführen und ihnen zeigen, dass sie eine Kulturnation sind“. Der junge Prinzregent besucht damals Berlin, wo er bei dem Bildhauer Johann Gottfried Schadow einige Büsten mit den Abbildern seiner Meinung nach verdienstvollen Deutschen in Auftrag gibt. Diese sollen in seinem Gedenktempel ausgestellt werden sollen. Es dauert allerdings noch fast 20 Jahre, bis er mit der Umsetzung seines Traumes beginnen kann.
1825 stirbt Ludwigs Vater. Der neue König (also Ludwig selbst) kauft der Familie von Thurn und Taxis das Stück Land über der Donau ab, auf dem er später „sein“ Walhalla errichten lassen wird. Der Name des Ortes ist der nordischen Göttersage entlehnt. Er bezeichnet den Ort im Jenseits, in den heldenhafte Krieger eingehen, nachdem sie gefallen sind. Ludwig reist nach Griechenland, um sich von der dortigen Architektur für einen Tempel inspirieren zu lassen. Bei seiner Rückkehr ruft er einen Ideen-Wettbewerb aus.
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Legendäres Vorbild
Schließlich beginnt der Architekt Leo von Klenze am 18. Oktober 1930 mit dem Bau, der auf den Tag genau zwölf Jahre später abgeschlossen wird. Wie die touristische Seite „Schlösser Bayern” schreibt, ließ sich Klenze von dem legendären Parthenon beeinflussen. Dieser wurde im 5. Jahrhundert vor Christus auf der Athener Berg Akropolis errichtet, wo er bis heute steht. Ludwigs Walhalla errichtet er im damals vorherrschenden klassizistischen Stil, getragen von 52 Säulen.
In dem Tempel sind bis heute die Büsten der berühmten Persönlichkeiten ausgestellt, die Ludwig I. zusammentragen ließ. So findet man hier unter anderem die Komponisten Johann Sebastian Bach und Anton Bruckner, aber auch die flämischen Maler Peter Paul Rubens und Jan van Eyck. 1962 beginnt das Land Bayern damit, Ludwigs Sammlung von ursprünglich 96 Büsten zu erweitern. So kommt alle fünf bis sieben Jahre eine neue Berühmtheit hinzu. Laut Autorin Pia Volk gibt es aktuell nur sieben Frauen, eine davon Sophie Scholl, die als Widerstandskämpferin von den Nazis 1943 hingerichtet wurde.
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Viel Spott und Kritik
In den Jahren seit der Erbauung hat sich die skurrile Ruhmeshalle mit etwa 140.000 Besuchern pro Jahr zu einem echten Touristen-Highlight entwickelt. Zu Ludwigs Zeiten wurde sie nach ihrer Fertigstellung hingegen kaum frequentiert. Es gab lange Zeit nicht mal eine befestigte Straße, die vom nahen Regensburg nach Walhalla führte. Die Anlage erntete damals viel Spott und brachte Ludwig I. die Kritik der Verschwendungssucht ein, obwohl er sie aus eigener Tasche bezahlt hatte.
Heute kann man Walhalla von Regensburg aus problemlos erreichen, und auch aus anderen Gründen ist die Stadt an der Donau einen Besuch wert. So fahren Passagierschiffe durch die berühmte Gesteinsformation Donau-Durchbruch zum Kloster Weltenburg, und mit der Kelheimer Befreiungshalle, die an die Leipziger Völkerschlacht erinnert, befindet sich in der Nähe noch ein anderer monumentaler Bau.