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Zwischen Hamburg und Berlin

Hier versteckt sich eine bezaubernde Kleinstadt direkt hinterm Autobahnkreuz

Blick auf das charmante historische Zentrum von Wittstock/Dosse
Blick auf das charmante historische Zentrum von Wittstock/Dosse Foto: picture alliance / ZB/euroluftbild.de | euroluftbild.de/Bernd Clemens
Anna Löhlein
Anna Löhlein Freie TRAVELBOOK-Autorin

23. Dezember 2024, 15:21 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Viele kennen die Stadt mit dem Namen aus Ort und Fluss aus den Verkehrsberichten oder als Autobahnkreuz auf dem Weg zwischen Hamburg und Berlin: Wittstock/Dosse. Doch Brandenburgs bezaubernde Mittelalterstadt ist mehr als nur eine Durchreise wert. TRAVELBOOK-Autorin Anna Löhlein war dort.

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Manchmal liegen die wundervollen kleinen und größeren Entdeckungen direkt am Wegesrand. Man ist schon x-mal daran vorbeigekommen, bevor man genauer hinschaut und sie entdeckt. Zum Beispiel Wittstock an der Dosse. Unzählige Male habe ich das Autobahnkreuz passiert, aber mich nie gefragt, welcher Ort dahinter steckt. Bis zu jenem Tag, als ich auf dem Rückweg aus dem Urlaub spontan beschloss, vor der Rückkehr in den Alltag noch einen letzten Schlenker zu machen…

Ein Stadtrundgang durch Wittstock/Dosse

Dieser entpuppte sich als eine Reise in die Vergangenheit. Wittstock ist eine bezaubernde Kleinstadt in Brandenburg, in der das Mittelalter ebenso wie die Zeit des Dreißigjährigen Krieges lebendig sind. Zudem war Wittstock an der Dosse vom 13. bis ins 16. Jahrhundert hinein Sitz der Bischöfe von Havelberg, die hier in einer Burg lebten. Als eine der ältesten Städte des Bundeslandes gehört Wittstock zur Arbeitsgemeinschaft historischer Stadtkerne in Brandenburg – ein Titel, der nicht ohne Grund verliehen wurde. Die autofreie historische Altstadt mit ihren wunderschön sanierten Häuschen, teils Fachwerk, ist vollständig von einer knapp 2,5 Kilometer langen Backsteinmauer umgeben. Früher war diese bis zu 11 Meter hoch.

Durch die Stadtmauer hinein ins Mittelalter

Meine Stadterkundung beginnt am Gröpertor in der Stadtmauer und führt durch romantische Kopfsteinpflastergassen direkt zum Marktplatz. Hier erhebt sich das Rathaus im neugotischen Stil aus Backstein, bei dessen Umbau 1905 der mittelalterliche Keller des Vorgängerbaus und die Gerichtslaube integriert wurden. Vom Marktplatz aus erblicke ich schon mein eigentliches Ziel: den roten Turm der St. Marienkirche mit seiner barocken Haube. Wer kleine Stadterkunder im Schlepptau hat, kommt vor dem Betreten der Kirche nicht an einer Pause auf dem Vorplatz umhin, auf dem sich eine abenteuerlich hohe Kletterrutsche befindet.

Stadtansicht Wittstock/Dosse
Das historische Rathausgebäude auf dem Marktplatz Foto: picture alliance/dpa | Monika Skolimowska

Prachtvolle Backsteingotik

Die Evangelische Stadtpfarrkirche St. Marien und St. Martin ist ein Paradebeispiel norddeutscher Backsteingotik. Mit dem Bau des stattlichen Gotteshauses wurde schon 1240 begonnen, in der Mauer fliegen Schwalben ein und aus. Das Innere beeindruckt mit kunstvollen, filigranen Holzschnitzereien des Klappaltars im spätgotischen Stil, der ebenfalls aufwändig geschnitzten Kanzel, der Sandsteinmadonna aus dem 14. Jahrhundert und der imposanten Orgel mit ihren 3575 Pfeifen. Doch mein eigentliches Highlight ist der Glockenturm. Wenn immer ich eine neue Stadt besuche, zieht mich ihr höchster (begehbarer) Punkt wie magisch an. Noch ahne ich nicht, dass mich neben dem herrlich weiten Ausblick auch eine Geräuscherfahrung mit besonderer Note erwartet.

203 Stufen auf der Himmelsleiter

Eine enge, steinerne Wendeltreppe, die ins Gebälk des Glockenturms, den Glockenstuhl, führt, windet sich im Turm hinauf. Schwindelfreiheit ist hier kein schlechter Begleiter, da, wie häufig in alten Glockentürmen, der Blick tief durch die Stufen hinunterfällt. Im Bauch des Turms wird die überlebenswichtige Bedeutung, die die Glockentürme damals für ihre Stadt hatten, sehr bewusst. Sie läuteten nicht nur die Stunden oder zum Gottesdienst, sondern warnten vor allem auch vor Feinden und Feuer.

Nach insgesamt 203 Stufen erreiche ich die Aussichtsplattform in etwa 65 Metern Höhe und werde mit einem Ausblick auf die Stadt und auf das umliegende Dosseland belohnt. Von hier aus erblicke ich auch den trutzigen Bergfried der ehemaligen Bischofsburg – mit seinen 32 Metern Höhe wirkt er von hier oben aus fast winzig. Die Burg war von 1291 bis 1548 Sitz der Bischöfe von Havelberg. Heute beherbergen die erhaltenen Gebäude das Museum des Dreißigjährigen Krieges sowie den historischen Bischofsrosengarten, der 2019 im Zuge der Landesgartenschau verschönert wurde. Wittstock trägt übrigens den Beinamen „Stadt der 1000 Rosen“.

Der Glockenturm der Kirche in Wittstock/Dosse
Der Glockenturm der Kirche in Wittstock/Dosse Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Soeren Stache

Näher die Glocken nie schwingen

Gerade als ich mich in die herrliche Aussicht vertieft habe, schlägt es 12 Uhr Mittag. Die vier Glocken beginnen ihr dreiminütiges Mittagsgeläut und es zieht mich zurück in den Turm. Die mächtigen Klänge erfüllen den Raum und bringen meinen Körper buchstäblich zum Vibrieren. Von wegen „Süßer die Glocken nie klingen“ – in diesem Moment heißt es „Lauter die Ohren nie klingeln“. Denn mit einem Durchmesser von über einem Meter klingen diese Glocken aus der Nähe enorm eindringlich. Mein persönlicher akustischer Meilenstein.

Ehrfurchtsvoll betrachte ich die schwingende Apostelglocke, die 2021 nach einem Riss repariert wurde und nun wieder läutet. Die Glocken der St. Marienkirche Wittstock haben ihre eigene bewegte Geschichte. Während des Zweiten Weltkrieges verstummte der mächtige Glockenturm. Wie die meisten großen Kirchen musste auch Wittstock seine Glocken wegen ihres „kriegswichtigen“ Bronzegehalts abliefern. Lange Zeit blieben sie verschollen, bis schließlich insgesamt vier von ihnen in Berlin und Hamburg wiederentdeckt wurden und an ihren rechtmäßigen Platz im Kirchturm zurückkehrten.

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Fazit: Ein Abstecher, der sich lohnt

Wittstock an der Dosse ist mehr als nur ein Zwischenstopp – es ist eine wahre Entdeckung. Die Marienkirche mit ihrem imposanten Turm und dem beeindruckenden Glockengeläut ist ein Erlebnis, das ich so schnell nicht vergessen werde. Wer das nächste Mal am Autobahnkreuz Wittstock/Dosse vorbeikommt, sollte einfach mal abbiegen und diese Perle Brandenburgs selbst erleben. Oder, noch besser, einen Ausflug in die „Stadt der 1000 Rosen“ charmante Kleinstadt planen!

Themen Brandenburg Deutschland
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