
21. März 2025, 7:44 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Der bei Touristen überaus beliebte Reynisfjara-Strand im Süden von Island hat ein Ampelsystem. Nicht allerdings, um Verkehr zu regeln, sondern um vor einer tödlichen Gefahr zu warnen, die hier vom Atlantik ausgeht. Denn immer wieder gehen Menschen zu nahe an das Wasser, und werden dann von heimtückischen Killer-Wellen hineingezogen. Eine Rettung ist in einem solchen Fall nahezu aussichtslos, daher sollen die Ampeln jetzt für mehr Sicherheit sorgen.
Unter den zahllosen Naturwundern in Island ist der Reynisfjara-Strand wohl eines der bei Touristen beliebtesten. Sein schwarzer Vulkansand und seine dramatische Küstenlinie machen ihn zu einem spektakulären Fotomotiv und einem Ort, an dem man die Macht der Elemente in all ihrer Gewalt erleben kann. Doch so schön der Strand ist, so tödlich ist er auch. Denn immer wieder kommt es hier zu Unfällen, bei denen Besucher von scheinbar plötzlich auftauchenden Wellen in das eiskalte Wasser des Atlantik gerissen werden. In einem solchen Fall gibt es meist keine Rettung. Daher hatte das isländische Tourismusbord im Jahr 2022 eine ungewöhnliche Idee: ein Ampelsystem als Frühwarnung.
Wie die offizielle Seite der Behörde berichtet, wurden die Arbeiten daran im Dezember 2022 abgeschlossen. Seitdem stehen hier zur Information über die besondere Gefahr, die vom Reynisfjara-Strand ausgeht, mehrere beleuchtete Tafeln. In drei Sprachen klären diese Touristen darüber auf, dem Wasser keinesfalls allzu nahezukommen. Und damit das auch wirklich jeder begreift, ist zusätzlich auf manchen Tafeln ein Ampelsystem montiert. Grünes Licht bedeutet keine Gefahr, logisch. Leuchtet aber etwa das gelbe oder gar das rote Licht, darf man entsprechend markierte Bereiche des Strandes keinesfalls mehr betreten, wenn man nicht sein Leben riskieren möchte. Die Daten, mit denen die Ampel-Warnanlage gesteuert wird, stammen direkt von der isländischen Behörde für Straßen und Küste.
Immer wieder Todesfälle

Bevor man sich zu diesem ungewöhnlichen Schritt entschloss, war es am Reynisfjara-Strand immer wieder zu Todesdramen gekommen, weil sich Menschen unbedacht zu nahe ans Meer wagten. Und dann Opfer sogenannter „Sneaker Waves“ wurden, wie die isländische Tourismuswebseite berichtet. „Sneak“ bedeutet im Englischen so viel wie „sich anschleichen“, und genau das tut diese Art von Phänomen. Im Klartext bedeutet das, dass sich auch in ruhigerer See mit kleineren Wellen plötzlich wahre Wassermonster auftürmen können, die alles in ihrem Umkreis mit unvorstellbarer Kraft ins Meer reißen. Die höchsten Wellen, die in der Gegend um den tödlichen Märchen-Strand gemessen wurden, hatten 40 Meter. So viel wie ein zehnstöckiges Hochhaus.
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Auch geübte Schwimmer hätten in einem solchen Fall keine Chance und würden entweder ertrinken oder innerhalb von Minuten an Hypothermie sterben. Eine Rettung ist alleine schon daher unwahrscheinlich, weil am Reynisfjara-Strand keinerlei Sicherheitspersonal eingesetzt wird. Ohnehin könnte auch dieses jemandem, der einmal Opfer der Wellen würde, gar nicht aus eigener Kraft helfen. Und so soll zukünftig eben das Ampel-Warnsystem Besucher darüber aufklären, wie weit sie sprichwörtlich gehen können. Zusätzlich wurde eine mehrere hundert Meter lange Kette installiert, die direkt vom Parkplatz und an den Ampel-Informationstafeln vorbei auf einem sicheren Weg führt.
„Schilder werden niemanden abhalten“
Man habe mit den speziellen Schildern allerdings nicht nur Verbote aussprechen wollen, so die Tourismusbehörde. Sondern vielmehr sachlich informieren und die Menschen aufklären, was sie am Reynisfjara-Strand sicher tun könnten. Dass die Gefahr damit keinesfalls gebannt ist, dessen ist man sich aber selbst bewusst: „Schilder, egal wie gut sie sind, werden niemanden davon abhalten, der um jeden Preis hinunter an den Strand gehen möchte. Aber sie sind notwendig, um so viele Menschen wie möglich zu sicheren Orten zu leiten, wo sie ihn in all seiner Pracht genießen können.“
Auch die offizielle isländische Tourismuswebseite hält Informationen bereit, was man am Reynisfjara-Strand als Besucher keinesfalls tun sollte. Dazu gehört zum Beispiel, am Strand für ein Selfie dem Meer den Rücken zuzudrehen. Im Zweifel können „Sneaker Waves“ nämlich im Bruchteil von Sekunden zuschlagen. Daher solle man natürlich auch nie zu nahe an das Wasser gehen oder gar darin schwimmen oder surfen. Auch, anderen Besuchern einfach gutgläubig zu folgen, kann zu einer tödlichen Gefahr werden. Und die geht am Schwarzen Strand, wie er auch genannt wird, nicht nur vom Meer aus, sondern auch von Steinschlägen und Erdrutschen.
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Andere tödliche Gefahren
Auch bei ruhiger See kann übrigens vom Reynisfjara-Strand eine tödliche Gefahr ausgehen. Denn immer wieder wurden Spaziergänger in der Vergangenheit von der einbrechenden Flut überrascht und von ihr in Höhlen in der Felsenküste eingeschlossen. Daher empfiehlt es sich auch, vor einem Besuch auf einer offiziellen Seite die Gezeiten zu prüfen. Am sichersten und spektakulärsten lässt sich die Gewalt der Natur an dem Vulkanstrand aber ohnehin aus einiger Höhe auf der Steilküste stehend beobachten. Ob das Ampelsystem nun letztlich wirklich für mehr Sicherheit gesorgt hat, kann man im Netz nicht ohne Weiteres nachvollziehen. Denn natürlich rettet Technik alleine keine Leben, solange Menschen bereit sind, für ein besonders spektakuläres Bild Risiken einzugehen. Scheinbar nicht einmal, wenn diese dann im schlimmsten Fall tödlich sind.

Erst während meiner Recherche zu diesem Artikel wurde mir langsam klar, dass ich selbst bereits einmal am Reynisfjara-Strand gewesen war. Im September 2017 stand ich bei regnerischem Wetter mit einigen anderen Tapferen auf einer Klippe hoch über dem Meer und staunte eine Ewigkeit darüber, mit welche roher Kraft die gletschereisblauen Wellen sich an der Küste brachen. So mächtig waren sie, dass mir mitunter auch in schätzungsweise 25 Meter Höhe die Gischt ins Gesicht spritzte. Besonders fasziniert war ich dabei von ein paar Dohlen, die im stürmischen Küstenwind eine akrobatische Flugshow der Extraklasse hinlegten.