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Im Rollstuhl um die Welt

Wie ein Neuseeländer sich seine Freiheit erobert

Neuseeländer im Rollstuhl
Europa, Amerika und Asien bereiste der Neuseeländer im letzten Jahr Foto: Eamon Wood
Louisa Wittek Freie Autorin

4. Dezember 2017, 12:35 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Eamon Wood liebt es, seine Grenzen auszutesten und lässt sich von nichts und niemandem unterkriegen. Ende 2016 reiste er neun Monate durch die Welt. Immer dabei: Rucksack, Gitarre – und sein Rollstuhl. Auf TRAVELBOOK berichtet der Neuseeländer von seinem Abenteuer. Es ist die inspirierende Geschichte eines Mannes, der sich und die Welt neu kennenlernt.

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Backpacker im Rollstuhl
Eamon in der Schweiz. Die Nacht zuvor schlief er in einer Hängematte in den Bäumen. Foto: Eamon Wood

Eamon war vier Jahre alt, als er nach einem Autounfall plötzlich auf einen Rollstuhl angewiesen war. Als Kind zog er des Öfteren um, lebte eine Zeit lang sogar in einem Hausbus. Vor allem aber spielte er Rollstuhl-Tennis und -Basketball – so erfolgreich, dass er mit dem Sport durch die Welt reiste. Eamon war gerade mal 16 Jahren alt, als er auf seine erste Übersee-Reise ging. „Ich reise, seitdem ich mich erinnern kann“, sagt der heute 28-Jährige zu TRAVELBOOK.

Dann die Weltreise als Backpacker. Diese Art des Reisens war „von Menschen inspiriert, die ich während meines Lebens traf und dem Verlangen, das loszulassen, was ich kannte“. Er habe sich nach Freiheit gesehnt.

Ob es viel Mut brauchte, seinen Lebensstil so drastisch zu verändern? „Ich denke, den meisten Mut braucht man, einfach Ja zu sagen.“ Ja zur Veränderung. Denn wenn man erst mal Ja zu sich selbst gesagt habe, sei alles plötzlich gar nicht mehr so schwierig.

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„Viele Orte auf dem Globus sind nicht für Rollstühle gemacht“

Eine Reise im Rollstuhl bedeutet natürlich auch, sich einigen Herausforderungen zu stellen. Auch Eamon begegnete unterwegs einigen Hindernissen: „Viele Orte auf dem Globus sind nicht für Rollstühle gemacht, und das ist auch okay. Ich musste selbst herausfinden, wie ich Treppen überwinde und Orte erkunde, die nicht für mich gemacht sind“, erzählt Eamon TRAVELBOOK. „Im Rollstuhl brauchen gewisse Dinge ihre Zeit – aber nichts ist unmöglich.“

Backpacker im Rollstuhl
Eamon genießt seine Freiheit in vollen Zügen (hier in Norwegen) Foto: Eamon Wood

„Werde mit wunderschönen Momenten belohnt“

Am meisten am Backpacker-Alltag genoß er „die Freiheit und die Liebe all der Menschen, die du triffst“. Ein weiterer positiver Aspekt sei es, dass er immer gefordert werde und immer wieder an die eigenen Grenzen gelange, um diese dann wieder ein Stück zu versetzen. „Ich bringe mich immer wieder aus meiner normalen Routine und werde so mit wunderschönen Momenten belohnt“, sagt der Neuseeländer zu TRAVELBOOK.

Bisher zog es ihn nach England, Schottland, die USA, Spanien, Frankreich, Dänemark, Schweden, Norwegen, Hongkong und in die Schweiz. Obwohl er zwar durch seinen Sport schon viele Orte gesehen hatte, erlebt er die Welt und das Reisen als Backpacker noch mal ganz neu.

Backpacker im Rollstuhl
Eamon während einer Buschwanderung in Dänemark Foto: Eamon Wood

Pläne? Sind überbewertet!

Der Neuseeländer folgte auf seiner Reise keiner vorher festgelegten Route. Vielmehr ließ er die Situationen entscheiden, wohin ihn die Reise führte. „Ich versuche, keinen Plan zu haben und einfach zu schauen, was kommt“, zum Beispiel ein günstiger Flug, eine spontane Mitfahrgelegenheit. Oder er treffe Menschen, mit denen er sich gut verstehe – und die er dann einfach etwas begleitet.

Wie er das alles finanziert hat? Unterwegs versuchte Eamon möglichst oft für eine Unterkunft und etwas zu Essen zu arbeiten. Auch Übernachtungen in freier Natur gehörten zu seinen Abenteuern. Das spare viel Kosten ein, verrät der Neuseeländer. „Aber ich habe ja auch immer meine Gitarre dabei, wenn ich reise – ich kann also auch auf der Straße spielen“, sagt er. Den Hauptteil seiner Reisekosten deckte er aber, wie die meisten Menschen, mit einem festen Job in der Heimat: Er ist gelernter Ingenieur.

Backpacker im Rollstuhl
Eamon auf einer Brücke in Norwegen Foto: Eamon Wood

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Wo es ihm am besten gefalle? Er wünsche, er könne diese Frage beantworten.

Natürlich gibt es auch Orte, die ihm nicht gefallen haben: die großen Städte der USA wie New York. „Zu hektisch für meinen Geschmack. Aber dennoch habe ich meine Zeit dort genossen.“

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Brücken in Florida bergen so manche Abenteuer

Sein verrücktestes Erlebnis hatte Eamon in Florida: Mit einem Touristen aus Deutschland überquerte er eine Brücke. Bei sich hatten die beiden nur ein paar sommerliche Klamotten und ihre Gitarren, als ein heftiges Gewitter über sie zog. „Ich hatte solche Angst, von einem Blitz getroffen zu werden. Der ganze Sturm dauerte nur solang, wie wir uns auf der Brücke befanden, aber es war das extremste Wetter, das ich je erlebt habe.“

Backpacker im Rollstuhl
Eamon genießt den Sonnenuntergang auf der Insel Iona in Schottland. Foto: Eamon Wood

Auch sein wohl gefährlichstes Erlebnis hatte Eamon in Florida: Mitten in der Nacht überquerte er eine große Brücke auf den Florida Keys – ohne Straßenbeleuchtung! Die Autos fuhren an ihm vorbei, und „es war Spring Break, die Leute waren also am Feiern“. Mit etwas Glück landete Eamon aber unversehrt auf der anderen Seite.

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Erinnerungswürdiges Schottland

Einer seiner wohl schönsten Momente hatte Eamon auf der Insel Iona in Schottland.

Inzwischen ist Eamon zurück in Neuseeland – hier arbeitet er nun wieder und spart, um sein Abenteuer in sechs Monaten fortführen zu können. Wohin es gehen dann soll? Einen festen Plan hat er noch nicht, berichtet die neuseeländische Website Stuff.co.nz.

Wer mehr über Eamons Abenteuer erfahren möchte, kann ihm unter dem Namen „Wayward Wheeler – a Backpack, a Chair and a Beard“ auf seiner Facebook-Seite, seinem Instagram-Account oder seinem Blog folgen.

Backpacker im Rollstuhl
Mettmenstetten in der Schweiz – hier arbeitete Eamon und erhielt als Gegenleistung eine Unterkunft. Foto: Eamon Wood

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