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Was aus der Hacienda Nápoles wurde

Forscher alarmiert! Flusspferde von Pablo Escobars Protz-Villa vermehren sich völlig unkontrolliert

Hacienda Nápoles, Escobar, Nilpferd
Der Eingang zum ehemaligen Domizil von Drogenboss Pablo Escobar, der Hacienda Nápoles. Rechts oben: Eines der Nilpferde, die sich nach ihrer Flucht von dem Anwesen explosionsartig vermehrten und jetzt getötet werden sollen. Foto: picture-alliance/ dpa | Julian_Lineros_/_Don_Juan_Magazine_Handout / picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ivan Valencia / Collage TRAVELBOOK
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

8. Juni 2023, 14:14 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Drogenbaron Pablo Escobar ließ sich bereits zu Lebzeiten die Hacienda Nápoles als Monument seines eigenen Größenwahns bauen. Mehr als 20 Jahre nach seinem Tod ist sein riesiges Anwesen fast lebendiger als je zuvor. Dafür sorgte nicht zuletzt die Netflix-Serie „Narcos“, die das Leben des Drogenbosses erzählt und das System der kolumbianischen Drogenkartells erklärt – und ein paar ausgebüxte Flusspferde, die die Umgebung der Protz-Farm bedrohen. Was aus der Hacienda wurde und warum die Dickhäuter immer wieder Probleme verursachen – TRAVELBOOK erzählt die ganze Geschichte.

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Wir schreiben das Jahr 1978, als ein damals 30-jähriger Mann in Kolumbien seine schier unfassbare, Tod bringende „Karriere” beginnt, im Verlaufe derer Tausende unschuldiger Menschen ihr Leben verlieren und er selbst zu einem der reichsten und mächtigsten Männer der Welt werden sollte. Damals stand Pablo Emilio Escobar Gaviria zwar erst am Anfang seiner Laufbahn als einer der später gefürchtetsten Drogenbosse aller Zeiten, doch er ist bereits für zahlreiche krumme Geschäfte und Morde verantwortlich. Es war schon früh klar, dass El Patron del Mal (zu Deutsch: Der Herr des Bösen) oder El Capo, wie er auch genannt wird, ein Mann ist, der sich mit aller Gewalt nimmt, was er will. Und zwar wann und wo immer es ihm passt.

Escobar erträumte sich ein Zuhause, das zeigte: Der Boss (El Capo) bin ich! So entschied er sich für ein Anwesen in Puerto Triunfo, umgeben von einem Grundstück von sage und schreibe knapp 3000 Hektar Fläche. Fast unmittelbar nach dem Erwerb der „Hacienda Nápoles” begannen die Bauarbeiten. Escobar setzte sein damals bereits schier unermessliches Vermögen ein, um auf dem Gelände einiges anzubauen: eine Flugzeuglandebahn, unzählige Luxuswohnungen für namhafte Gäste, mehr als zwanzig künstliche Seen, Heliports, Flugzeug-Hangars, Stallungen für Pferde, ein Dinopark und eine eigene Stierkampfarena, die heute Teil eines Themenparks sind.

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Auch ein „Afrikanisches Museum“ gehörte zur Hacienda Nápoles
Auch ein „Afrikanisches Museum“ gehörte zur Hacienda Nápoles Foto: dpa Picture Alliancepicture alliance / Sinikka Tarvainen/dpa | Sinikka Tarvainen

Hacienda Nápoles hatte 1700 Bedienstete und eigenen Zoo

Bald gab es auf der gesamten Fläche verteilt alles in allem zehn luxuriöse Wohnhäuser. In ihnen lasen rund 1700 Bedienstete Escobar und seinen Geschäftsfreunden sämtliche Wünsche von den Augen ab. Der Wert der Hacienda wurde einst auf mehr als 60 Millionen Dollar taxiert.

Es geht auch die Legende um, dass auf dem Anwesen ein Chevrolet Modell 1934 ausgestellt gewesen sein soll, in dem angeblich das Gangsterpaar Bonnie und Clyde erschossen wurden. Dass Escobar die beiden verehrte, war gemeinhin bekannt. Ganz nebenbei nannte der Drogenbaron auch ein exotisches Arboretum mit seltenen Palmen und anderen Pflanzen sein Eigen.

Der ehemalige Fuhrpark von Pablo Escobar auf der Hacienda hat etwas Rost angesetzt
Der ehemalige Fuhrpark von Pablo Escobar auf der Hacienda hat etwas Rost angesetzt Foto: picture alliance / robertharding | Olivier Goujon

Auch hält sich das Gerücht, die Rolling Stones seien einmal auf der Hacienda Nápoles aufgetreten. Diese Legende wurde freilich niemals offiziell bestätigt – trug aber natürlich zum Mythos bei.

All dieser Größenwahn aber wurde komplett in den Schatten gestellt von einer privaten Leidenschaft, in die Escobar Millionen von Dollar investierte. Es handelte sich um einen eigenen Zoo, unter anderem mit Giraffen, Nashörnern, Elefanten, Kängurus, Kamelen und Flusspferden – wobei letztere noch heute für viel Ärger sorgen.

Escobar kaufte für Millionen Tiere für seinen Zoo – und zahlte in bar

Ein befreundeter Narco hatte El Capo auf die Idee gebracht, verriet Escobars Sohn, der sich heute Sebastián Marroquín nennt, nach dem Tod seines Vaters. Unter den Drogenbossen Kolumbiens waren solche Extravaganzen damals scheinbar Normalität. Das Absurde: . „E

Der kolumbianische Journalist Juan Felipe Lopez Lara erklärt TRAVELBOOK, warum es damals für einen Gangster wie Escobar so einfach war, unter den Augen der Behörden derart verschwenderisch und auffällig zu leben, ohne Untersuchungen durch die Polizei befürchten zu müssen: „Die Narcos regierten damals das ganze Land, sie waren es, die die Politik und vor allem die Wirtschaft von ganz Kolumbien lenkten. Es war eine Epoche der puren Anarchie, sie kontrollierten einfach alles, von den Geschicken des Staates hin bis zum Sport.” So soll Escobar 1989 sogar den wichtigsten südamerikanischen Fußball-Wettbewerb, die Copa Libertadores, gekauft haben, um seinen geliebten Club Atlético Nacional de Medellín gewinnen zu sehen.

Nicht nur schnelle Autos haben es Pablo Escobar, hier auf einer historischen, undatierten Aufnahme, angetan
Nicht nur schnelle Autos haben es Pablo Escobar, hier auf einer historischen, undatierten Aufnahme, angetan Foto: picture-alliance / dpa | RED CREEK PRODUCTIONS/SEBASTIAN MARROQUIN/HANDOUT

Escobar öffnete den Zoo für die Öffentlichkeit

Doch zurück zur Hacienda Nápoles, die schon zu Lebzeiten Escobars sein Vermächtnis an die Nachwelt werden sollte. Sobald die Bauarbeiten auf dem Grundstück abgeschlossen waren und sein privater Zoo mit einer beeindruckenden Anzahl an Tieren bestückt war, tat Pablo Escobar etwas Überraschendes. Anstatt das Anwesen abzuschotten und sich dort zurückzuziehen, öffnete er das Gelände für die Öffentlichkeit.

„Mein Sohn, dieser Zoo ist für die Allgemeinheit da”, erklärte der Drogenboss seine Entscheidung seinem Nachwuchs. „Solange ich lebe, wird hier niemals jemand Eintritt zahlen müssen. Es gefällt mir, dass die armen Leute kommen und über die Wunder der Natur staunen können.” Und die Menschen kamen in Scharen. War die ursprüngliche Besuchsdauer in Escobars Zoo anfangs von ihm selbst auf etwa zehn Minuten pro Person veranschlagt worden, so gab es bald aufgrund des enormen Andrangs Wartezeiten von bis zu zwei Stunden.

Escobar baute sich sein eigenes Gefängnis

Doch die Ära des Drogenkönigs sollte nicht mehr lange währen: Escobar fühlte sich als Liebling des kleinen Mannes und der Massen zu sicher, immer dreister ging er zu Werke – und brutaler. Tausende Menschen starben im Drogenkrieg. Kolumbien schien den Kampf gegen den übermächtigen Escobar verloren zu haben. Und die USA drängten darauf, den Mann, der ihr Land mit Kokain überschwemmte, endlich in ein US-amerikanisches Hochsicherheitsgefängnis zu stecken.

Zwar hatte sich Escobar zwischenzeitlich auf einen Deal mit den Behörden eingelassen und sich hinter Gittern begeben – allerdings in ein Gefängnis, das innen einem Luxushotel glich und er selbst hatte bauen lassen. Nach seiner Flucht schien klar, dass nur der Tod des Staatsfeinds Nummer eins dem Land ein Atempause in diesem Drogenkrieg verschaffen und die USA zufrieden stellen würde.

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Nach Escobars Tod verfiel die Hacienda Nápoles

Am 1. Dezember 1993 wurde er schließlich gestellt und durch einen Schuss ins Herz getötet.  Seine Hacienda Nápoles wurde beschlagnahmt. „Der kolumbianische Staat und die Anti-Drogenbehörde haben damals das Gelände übernommen“, so Journalist Lopez Lara zu TRAVELBOOK.

In den folgenden Jahrzehnten fiel die ehemals so elegante und pompöse Finca immer mehr der Zerstörung anheim. Plünderer nahmen mit, was es zu stehlen gab, die Natur eroberte sich ihren Lebensraum zurück und überwucherte die Hacienda zusehends. Die erstaunlichste Wandlung vollzog sich jedoch mit dem einst so glanzvollen Privat-Zoo. Schon zu Escobars Lebzeiten waren zahlreiche Flusspferde entkommen, die der Drogenboss auch geholt hatte, weil ihr Dung genutzt wurde, um den Geruch von Drogen zu überdecken.

Flusspferde von Pablo Escobars Protz-Villa vermehren sich völlig unkontrolliert

Heute haben sich die Tiere einen eigenen Lebensraum geschaffen. Es sind die einzigen frei lebenden Flusspferde außerhalb Afrikas. Die Tiere fühlen sich so wohl in Kolumbien, dass sie sich stetig und unkontrolliert vermehren. Sie werden sexuell sogar deutlich früher aktiv als ihre Artgenossen in Afrika. Bislang ging man davon aus, dass circa 100 Exemplare die Region bevölkerten – doch eine aktuelle Zählung berichtet nun von einem deutlich größeren Problem.

Für eine neue Studie hatte ein Forscherteam der Nationalen Universität von Kolumbien in Bogotá, des Humboldt-Instituts und Cornare, einer Umweltbehörde, die ein Gebiet verwaltet, in dem die Flusspferde leben, die Tiere in den Jahren 2021 und 2022 persönlich gezählt. Sie gehen nun von 181 bis 215 Tieren aus, wie unter anderem das Fachmagazin „Nature“ berichtet. Problematisch ist die große Anzahl der Tiere unter anderem, weil es immer wieder zu Unfällen kommt. So gab es etwa 2020 und 2021 schwere Angriffe auf Menschen. Auch fürchten Experten, dass sich die vermehrungsfreudigen Tiere in noch größeren Teilen Kolumbiens niederlassen könnten.

Seit Jahren wird deshalb überlegt, wie man die Flusspferd-Plage eindämmen kann. Es wurde bereits überlegt, die Tiere zu töten, um das Problem des ungebremsten Populationswachstums in den Griff zu kriegen. Laut Forschern sei das „die schnellste und humanste Lösung“, sie fürchten vor allem einen weiteren Verlust der Artenvielfalt in Kolumbien. Deutlich weniger drastisch ist eine andere Strategie, die derzeit bereits erprobt wird. Dabei werden den Tieren mit Pfeilen Verhütungsmittel verabreicht. Allerdings ist diese Methode, laut „Nature“, langsam und kostspielig, ebenso wie eine schrittweise Kastration der Tiere. Eine ideale Lösung des Problems wurde bislang also noch nicht gefunden.

Wurde einst von Pablo Escobar importiert und genießt jetzt seine Freiheit: Nilpferd in der Nähe der Hacienda Nápoles
Wurde einst von Pablo Escobar importiert und genießt jetzt seine Freiheit: ein Nilpferd in der Nähe der Hacienda Nápoles Foto: picture-alliance/ dpa | epa efe Julian Lineros
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Hacienda Nápoles ist heute ein Themenpark

Zumindest für die Überreste der Hacienda Nápoles selbst gab es allerdings eine passende Lösung. Sie ist heute wieder ein Zoo und ein touristischer Themenpark mit eigenen Hotels und Attraktionen. Das Portal Tripadvisor hat ihr für das Jahr 2014 ein „Certificate of Excellence” verliehen. Natürlich kommen die meisten weniger wegen der Tiere, sondern um einmal in die Welt des Mannes einzutauchen, der es am Höhepunkt seiner Verbrecher-Karriere einst sogar in die Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt geschafft hatte.

Auf dem Eingangstor der Hacienda Nápoles findet man ein Kleinflugzeug, mit dem einst die ersten Kokainladungen in die USA geschmuggelt wurden. Drinnen können sich Besucher im Wasserpark austoben oder die Dinos bestaunen, die Escobar für seinen Sohn einst aufstellen ließ. Und natürlich kann man in einem Museum mehr über Escobar selbst erfahren, dem Mann, der Kolumbien Tod und Verderben brachte.

Themen Kolumbien Südamerika
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