7. April 2017, 16:01 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Den Jakobsweg kennt jeder. Hierzulande kaum bekannt ist hingegen der spanische Wallfahrtsort Caravaca de la Cruz. Und 2017 feiert er sogar ein Heiliges Jahr.
Seit Hape Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg“ pilgern jährlich nicht mehr nur tausende Christen zum Pilgern auf den Jakobsweg, sondern auch mehr und mehr unreligiöse Menschen, die Ruhe und Meditation suchen. Doch gerade, weil der Pfad so beliebt ist, hat er an Anziehungskraft verloren.
Im vergangenen Jahr wurden 278.041 Pilger auf dem Jakobsweg gezählt. Bei überfüllten Herbergen, Wandern im Entenmarsch oder stundenlangem Anstehen vor dem Grab des Jakobus fallen spirituelle Erfahrungen immer schwerer: Pilgern ist einfach zu kommerziell geworden. Doch es gibt eine Alternative für Pilger und Wanderer, die sich nach einsamen Wanderwegen sehnen: Caravaca de la Cruz.
Nur fünf Pilgerorte weltweit dürfen ein heiliges Jahr feiern
Die mittelalterliche Kleinstadt in der südspanischen Mittelmeerregion Murcia gehört neben Jerusalem, Santo Toribio de Liébana, Rom und Santiago de Compostela zu den einzigen fünf Pilgerorten der Welt, die ein Heiliges Jahr feiern dürfen. Pilgert man in solch einem Jahr mit mindestens zwei anderen Menschen zu der Relique des Pilgerorts, werden einem alle Sünden erlassen. Erst 1998 erhielt die Ortschaft Caravaca von Papst Johannes Paul II. das Privileg, ab 2003 alle sieben Jahre ein solches Jahr auszurufen – 2017 ist es wieder so weit.
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„Obwohl Caravaca unter den heiligen Stätten des Christentums noch eine Art Newcomer ist, gehen die Ursprünge als Wallfahrtsort auf das 13. Jahrhundert zurück, als ein Holzstück des Jesus-Kreuzes in die Stadt gelangte“, erklärt Priester Emilio Andrés Sánchez Espin. Er ist Rektor der Real Basílica de la Vera Cruz, in der heute die Reliquie aufbewahrt wird, die die Stadt zum Pilgerort gemacht hat.
Wie Caravaca de la Cruz zum Pilgerort wurde
Wie der erste Holzsplitter im 13. Jahrhundert nach Caravaca kam, ist nicht ganz klar. Eine irdische Version besagt, der damalige Bischof von Jerusalem habe das Kreuz 1231 nach Caravaca gebracht. Der religiösen Legende nach gelangte das Kreuz jedoch in jenem Jahr durch ein Wunder auf die maurische Festung, wo heute hoch über der Stadt die barocke Basilika thront.
Damals herrschte noch der muslimische König Abu-Zeid im Süden Spaniens. Er forderte den gefangenen Priester Chirinos auf, ihm eine christliche Messe zu zeigen. Ohne das Symbol des Heiligen Kreuzes könne er dies nicht machen, entgegnete Chirinos dem maurischen Herrscher. In diesem Moment sollen zwei Engel vom Himmel herabgestiegen sein, um ihm das Lignum Crucis zu geben. Von der wunderbaren Erscheinung überwältigt, ließ sich Abu-Zeid taufen und konvertierte zum Christentum. Tatsache ist: Die Nachricht über die Heilige Reliquie verbreitete sich in Windeseile. Schon wenige Jahre später besetzten die Tempelritter Caravaca, um das Kreuz vor den muslimischen Feinden zu schützen.
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Nur wenige Pilger zieht es nach Caravaca
Die meisten Touristen kommen im Mai nach Caravaca, um das über 600 Jahre alte Weinpferde-Fest und das Mauren-und-Christen-Fest zu sehen, bei dem die alten Religionsschlachten nachgespielt werden. Doch nur wenige tausend echte Pilger verirren sich jährlich nach Caravaca. Massenaufläufe wie in Santiago de Compostela sind hier selbst im Heiligen Jahr nicht zu erwarten. Priester Sánchez Espin holt zu den Pilgermessen sogar die Reliquie aus dem Schrein, damit jeder Gläubige sie küssen kann, so gering ist der Andrang noch.
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Bis zu neun Pilgerwege sollen neu erschlossen werden
Die Pilgerrouten zur Basilica sind zahlreich, aber noch wenig gekennzeichnet: Um Caravaca als Pilgerort attraktiver zu machen, sollen in den kommenden Jahren bis zu neun verschiedene Pilgerrouten in der Region Murcia wieder gekennzeichnet werden. Darunter ist der 900 Kilometer lange Camino de la Vera Cruz, der Weg zum Wahren Kreuz, der in Nordspanien bei Roncesvalles vom Jakobsweg abzweigt und bis tief in den Süden nach Caravaca führt.
Eine Alternative ist der Camino del Levante, der über 120 Kilometer von Orihuela nach Caravaca verläuft. Der Weg führt durch wunderschöne mediterrane Landschaften mit Pinienwäldern, Weinfeldern und vorbei an sehenswerten Ortschaften wie Cehegín, dem zweifellos schönsten Dorf der gesamten Region. Die malerische Altstadt ist gespickt mit kleinen Palästen, Kirchen, maurischen Stadttoren und alten Adelshäusern.
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In einem Kloster in Mula sind Jesus-Reliquien ausgestellt
Ein obligatorischer Stopp für alle Pilger und Reliquien-Touristen ist Mula. Im Kloster de la Encarnación hüten die Ordensschwestern neben einem Splitter des Jesus-Kreuzes, einer Kordel, mit der Christus ans Kreuz gebunden wurde, und einem Stein vom Kreuzigungsort sogar einen Dorn von der Dornenkrone Jesu.
Bis vor Kurzem zeigten die Schwestern ihren Schatz nur ein einziges Mal im Jahr. Doch mit dem Heiligen Jahr konnte man die Nonnen überzeugen, die Reliquien permanent für die Caravaca-Pilger auszustellen. Vielleicht darf sich ja auch Mula schon bald in die Liste der Heiligen Stätten einreihen.