19. August 2022, 15:42 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Kein Paradies ohne Schlange! Doch auf der brasilianischen Insel Queimada Grande, 33 Kilometer vor der Südostküste gelegen, gibt es nicht nur eine, sondern viele, sehr viele. Auf einen Quadratmeter kommt hier mindestens eine Schlange. „Die tödliche Insel” wird Queimada Grande auch genannt.
Früher gab es hier noch einen Leuchtturmwärter. Denn für die Schiffe im Großraum São Paulo ist das Lichtzeichen von der Insel, die 33 Kilometer vor der Küste Brasiliens liegt, wichtig für die Orientierung. Doch kein Leuchtturmwärter überlebte lange auf Queimada Grande. Als innerhalb weniger Jahre gleich drei Wärter ums Leben kam, zog man Konsequenzen: und stellte den Leuchtturm auf Automatik um.
Die Todesursache der Männer und ihrer Familien, so erzählt man sich, war immer dieselbe: Sie starben nach einem Schlangenbiss. Denn auf der 43 Hektar großen Insel Queimada Grande kommt mindestens eine Schlange auf einen Quadratmeter. Man kann also kaum einen Schritt gehen, ohne auf eine Schlange zu treffen. Und auf was für eine!
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Niemand darf Queimada Grande betreten
Die Insel ist die Heimat der Insel-Lanzenotter, der Bothrops insularis, einer Schlangenart aus der Familie der Vipern. Sie ist hellbraun bis goldfarben, etwa 70 Zentimeter lang und: hochgiftig. Da sich die Schlange vorwiegend von Vögeln ernährt, die sie in kürzester Zeit flugunfähig machen muss, wirkt das Gift rasant. Eine Maus ist binnen zwei Sekunden tot. Wird ein Mensch gebissen, hat er so gut wie keine Chance.
Wie der Fischer, dessen Geschichte man hier gern erzählt. Er wollte eigentlich nur Bananen pflücken. Doch dabei wurde er von einer Schlange gebissen und noch bevor er sein Boot erreichte, tötete ihn das Gift. Und wer weiß, so tuscheln die Menschen von der Küste, wer noch alles den Tod fand auf der Schlangeninsel. Denn niemand darf sie betreten.
Aber: Wer will das schon, nach Geschichten wie diesen?
Niemand. Niemand, bis auf Wissenschaftler, die hier weiterhin Zutritt haben. Denn Schlangenforscher finden hier ihr Paradies – vorausgesetzt ihr Forschungsgegenstand ist die Insel-Lanzenotter, die nirgendwo sonst auf der Welt lebt, nur hier auf Queimada Grande. Allerdings: Wer weiß wie lange noch.
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Ein Gramm Gift für mehrere tausend Dollar
Die Bothrops insularis ist vom Aussterben bedroht. Die Inzucht infolge der Insellage führte zu Störungen im Mechanismus der Geschlechtsfestlegung. Inzwischen gibt es einfach zu wenige Weibchen, die Hälfte der Ottern sind zwar männlich, aber viele intersexuell und deshalb nur selten fortpflanzungsfähig.
Hinzu kommt, dass das Gift für die Pharmazie interessant ist, was den illegalen Tierhandel auf den Plan gerufen hat. Ein Gramm Gift dürfte mehrere tausend Dollar wert sein, weshalb die Schlangen illegal gefangen werden. Sogar auf einem Tiermarkt in Amsterdam tauchte schon eine Schlange aus Queimada auf. Der illegale Fang minimiert die Population also zusätzlich. So kann es passieren, dass es bald keine Schlangen mehr auf der Insel gibt – und diese ihren Schrecken verliert.
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Mit dem Film „Queimada“ hat die Insel nichts zu tun
Auch wenn die Geschichten von der Schlangeninsel überaus gruselig klingen, mit „Queimada – Insel des Schreckens“ (1969) war die brasilianische Insel nicht gemeint. Der Film mit Marlon Brando in der Hauptrolle und der Musik von Ennio Morricone spielt auf einer fiktiven Insel der Karibik, und Schrecken jagen sich die Menschen da schon selbst ein, dafür brauchen sie keine Schlangen.
Auch mit dem Getränk Queimada haben die Schlangen nichts zu tun. Dabei handelt es sich um einen Mix aus Tresterschnaps, Zucker, Orangen- und Zitronenschalen sowie Kaffee oder Rotwein, den man in Galizien serviert. Während das Gebräu flambiert wird, murmelt man eine Art Zauberspruch, der Hexen, Teufel, Geister und beschwört. Und vielleicht schützt so viel Hexenzauber ja auch vor Schlangenbissen…