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Hexenmarkt in La Paz verkauf Popo-Pulver und Lama-Föten

Der skurrilste Markt der Welt

Auf den Märkten Perus werden kleine Wunschpuppen verkauft
Auf den Märkten in La Paz werden kleine Wunschpuppen verkauft Foto: Getty Images
Inna Hemme

26. Mai 2016, 17:01 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Sie wünschen sich einen super Po, Geldregen oder Haarausfall für die Nebenbuhlerin? Kein Problem, auf dem Hexenmarkt Mercado de Hechicería in La Paz findet man für jedes Problem eine Lösung – in Form von Pulver, Seife, Zuckerguss oder Lama-Föten.

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Die meisten Verpackungen sehen hier aus wie Bilder aus der „Bravo“-Love-Story. Eine Frau fasst sich an die Hüfte: „Pulver für einen super Po“ steht drauf. Eine andere steht böse blickend in der Ecke, dahinter ein Brautpaar: „Pulver für die Trennerin“. Diese Verpackung verstehe ich nicht ganz. „Soll ich das Pulver nehmen, wenn ich die beiden trennen will oder wenn ich weiß, dass die in der Ecke uns trennen will?“, hake ich bei der Verkäuferin nach. „Für beides, mein Kind, für beides.“ Die Bolivianer sind flexibel – auch moralisch. Mit gebrochenen Herzen lässt sich eben das meiste Geld verdienen auf dem Hexenmarkt von La Paz in Bolivien.

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Die Pulvermischungen sorgen für einen super Po oder mehr Kunden. Wozu man aber das Pulver der „Trennerin“ genau braucht (grüne Verpackung unten), konnte nicht abschließend geklärt werden. Foto: Inna Hemme

Ihn zu finden, ist nicht schwer. Einfach am Plaza San Francisco mit der gleichnamigen Kirche die angrenzende Straße Calle Santa Cruz hinauflaufen. Nach nur wenigen Minuten erreicht man den Mercado de Hechicería (zu Deutsch: Markt der Zauberei) mit den bunten „Chiflerías“, den Läden der Hexen. An den Eingängen hängen oft bestickte Tücher, Rucksäcke und anderer Touristen-Kram. Erst wenn man reingeht, wird es ernst.

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Vor den Eingängen zu den Chiflerías hängen bunte Decken und Rucksäcke. Foto: Inna Hemme

Im Kerzenrauch baumeln von der Decke Lama-Föten, in den Regalen liegen Schlangenfleisch und Zündschnuren.

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In den Chiflerías werden Lama-Föten in verschiedenen Entwicklungsstadien verkauft. Foto: Getty Images

Wozu ordentlich gestapelte Pulver und Seifen gut sind, lässt sich meistens schon an den Bildern auf ihrer Verpackung erahnen. Trotzdem steht es mit großer Schrift noch mal drauf: „mehr Kunden“, „Glück bei der Gerichtsverhandlung“, „Entfachen der Leidenschaft“, „schnellere Hochzeit“. Manche Packungen haben einen „Verbesserte Formel“-Stempel – die sind dann etwas teurer. Besonders beliebt ist das Pulver „Don Dinero“ (Herr Geld), denn es „vermehrt das Geld mit einer außergewöhnlichen Kraft“. Wenn es mit den Münzen nicht geklappt hat, kann man es ja immer noch mit den Liebeskünsten versuchen. Denn gleich neben Don Dinero liegt die Seife: „7 Machos“. „Warum ganze sieben?“, frage ich wieder die Verkäuferin. „Ein einziger Macho kann nicht alles. Außerdem ist sieben eine Glückszahl.“ Aha.

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Besonders gut läuft „Don Dinero“. Auch beliebt: „7 Machos“ soll einem Mann Manneskraft für sieben schenken. Foto: Inna Hemme

Den echten Hexenmeisterinnen, die schon seit Jahrzehnten um die Calle Santa Cruz ihre Läden betreiben, ist der Hype um ihr Handwerk ein Dorn im Auge. Denn ihre wahre Aufgabe besteht eigentlich darin, maßgeschneiderte Mixturen für ein „K’oa“– so nennt man das Brandopfer – für Pachamama (Mutter Erde) zusammenzustellen. Dabei werden auf einem Bogen Papier zunächst Kräuter kreisförmig gestreut. Darauf kommen Zuckertäfelchen, die Wünsche der Kunden wie Geld, Auto, Gesundheit oder ein Kind symbolisieren. Darüber dann noch etwas Schlangenfleisch, Coca-Blätter und Goldpapier. Fertig! Die Mischung wird umwickelt und muss am Freitag angezündet werden, denn dann hat die Papachama den Mund offen, ist also besonders empfänglich für Wünsche. Wer ein Haus baut, legt dem Brandopfer noch einen Lama-Fötus bei und benutzt die Asche für das Fundament. Denn ohne wird es nicht lange halten, glauben die Bolivianer.

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Die bunten Zuckertafeln kommen in das Brandopfer K’oa, damit Pachamama weiß, was man sich überhaupt wünscht. Foto: Inna Hemme
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Doch die Frauen vom Mercado de Hechicería beherrschen auch die dunklen Zauberkünste. Die größte Kundschaft dafür sind betrogene Ehefrauen. Sie kaufen sich zwei Kerzen in Tiergestalt, in eine wird der Namen des treulosen Ehemannes eingeritzt, in die andere der der Nebenbuhlerin. Bei Nacht müssen beide Kerzen in einer Kirche angezündet werden. Das soll den Ehemann wieder zurück in das heimische Bett bringen. Und seine Gehaltschecks auf das heimische Konto.

Da sich aber kein Tourist nachts mit einer Zündschnur in die Kirche stellt oder Lama-Föten einmauert, wurden irgendwann die Popo-Pulver und Geld-Seifen erfunden. Ob authentisch oder nicht, um eine Sache brauchen sich die Hexen von La Paz zumindest keine Sorgen zu machen: Ihre Chiflerías weisen die geringste Diebstahlquote in der ganzen Stadt auf. Wer will schon den Fluch einer Hexe auf sich ziehen?

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Wer sich bei seinen Wünschen noch unschlüssig ist, nimmt einfach eine All-inclusive-Flasche. Drin sind Geldscheine, Plastikbabys, Goldautos und Häuser. Foto: Inna Hemme
Themen Bolivien
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