20. April 2018, 18:07 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wo einst der Zweite Weltkrieg tobte, verbringen Urlauber aus aller Welt heute ihre Ferien. Die polnische Halbinsel Hel hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Ein Besuch vor Ort.
Endlose Strände mit weißem Puderzuckersand, tiefblaues Meer, urtümliche Wälder und verträumte kleine Städtchen, in denen es teilweise heute noch so aussieht wie vor 100 Jahren: Die Halbinsel Hel ist eine mehr als 30 Kilometer lange Landzunge – und eines der beliebtesten Urlaubsziele in Polen. Wer hier herkommt, den erwartet Erholung pur, frischer Fisch, so viel man essen mag – und eine Überraschung, ob der die meisten Besucher sich wohl erst einmal ungläubig die Augen reiben.
Mitten am Strand befinden sich alte Bunker, im Meer liegen verfallene Verteidigungsanlagen im Wasser – überall auf der Halbinsel verteilt findet man diese Zeugnisse einer Zeit, die zum Glück längst vergangen ist. Denn wo heute Urlauber baden und Kinder lachend im Sand spielen, nahm vor mehr als 75 Jahren eines der traurigsten Kapitel der Menschheitsgeschichte seinen Anfang: der Zweite Weltkrieg. Doch der Reihe nach.
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1936 wurde Hel befestigtes Gebiet
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts, nämlich am 21. Juni 1896, wurde Hel als Freibad und Erholungsort für Touristen geöffnet. Das zwei Jahre später erbaute Kurhaus, das den Namen „Polnia“ trug, mauserte sich zu einem der besten Hotels des Landes, besonders nachdem Polen nach Ende des Ersten Weltkrieges seine Unabhängigkeit wieder erlangt hatte. Doch dunklere Zeiten warfen bereits ihre Schatten voraus: Schon 1928 richtete die polnische Armee auf Hel einen militärischen Hafen ein, und achte Jahre später, 1936, wurde die Halbinsel schließlich befestigtes Gebiet. Etwa 3000 Soldaten wurden auf Hel stationiert, die der Division Helski Rejon Umocniony (zu Dt.: befestigte Region Hel) angehörten.
Ab 1933 wurde hier auch die damals größte und modernste Verteidigungsbatterie in ganz Polen gebaut, die unter anderem schwere großkalibrige Geschütze, Feuerleittürme, Bunker für Artilleriezentralen sowie Luftabwehrstellungen beinhaltete. 1936 waren auch die Kasernen für die Soldaten fertig. Diese eigentlich nur als Vorsichtsmaßnahme geplante Initiative sollte sich jedoch leider als berechtigt erweisen, denn am 1. September 1939 begann mit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen der Zweite Weltkrieg.
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Auf Hel wurde bis zuletzt Gegenwehr geleistet
Bereits am Tag des Kriegsbeginns wurde Hel von der deutschen Luftwaffe bombardiert, und wenig später auch vom Wasser aus von den Schiffen „Schleswig-Holstein“ und „Schlesien“ unter Beschuss genommen. Die Garnison kämpfte dennoch unerbittlich, und so schätzt man, dass in dem einen Monat, in dem sie Widerstand leistete, rund 50 deutsche Flugzeuge abgeschossen wurden.
Während andere Orte reihenweise den Nazis in die Hände fielen, leistete man auf Hel dank der schweren Verteidigungsanlagen – die in Teilen heute noch dort zu finden sind – bis zuletzt Gegenwehr. Erst am 2. Oktober 1939 reichte der polnische Marineoberbefehlshaber Józef Unrug die Kapitulation seiner Streitkräfte ein.
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Anlagen als Monument gegen das Vergessen
Auch nach dem Krieg blieb Hel eine Verteidigungszone: Die noch bestehende Batterie wurde mit sowjetischen 130mm-Geschützen ausgestattet und bis 1974 um mehrere Bunkeranlagen erweitert. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs war jedoch auch endlich das Ende dieser Anlagen gekommen, und so verfielen einige unbeaufsichtigt zusehends. Dennoch sind viele von ihnen heute noch in einem Zustand, in dem sie von neugierigen Touristen besichtigt werden können. Auf der gesamten Halbinsel gibt es Bunkermuseen und geführte Touren durch die ehemaligen militärischen Anlagen.
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Einige der alten Anlagen sind auch noch erhalten. Der polnische Staat hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit ihrer Erhaltung und Restaurierung auf der Halbinsel Hel ein Monument gegen das Vergessen zu schaffen. Doch trotz seiner vom Krieg des vergangenen Jahrhunderts geprägten Vergangenheit ist Hel heute vor allem eines: ein Urlaubsziel, ein Kurort am Meer, und zwar ein wunderschöner.