12. September 2017, 12:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Dutzende Gästezimmer mit goldenen Armaturen, ein riesiger Swimmingpool und ein Helikopterlandeplatz: Drogenbaron Pablo Escobar baute sich überall in Kolumbien geheime Luxus-Villen, die ausgestattet waren wie 5-Sterne-Hotels. Ein besonders fürstliches Schlupfloch des kolumbianischen Gangsters liegt auf der Isla Grande im Nordwesten Cartagenas. Der belgische Fotograf Stefaan Beernaert hat den verwunschenen, aber immer noch streng bewachten Ort besucht.
Die dritte Staffel von „Narcos“ ist endlich online. Und während Millionen von Zuschauern zu Hause auf ihren Bildschirmen verfolgen, wie das Cali-Kartell nach Pablo Escobars Tod die Macht übernimmt, verfallen in Kolumbien die letzten Verstecke des wohl berüchtigtsten Verbrechers Lateinamerikas.
Von denen hatte „El Patrón“ mehr als genug: Da ihm eine ganze Armee von Polizisten auf den Fersen war, brauchte der Anführer des Medellín-Kartells jederzeit einen Schlupfwinkel, der leicht zu erreichen war. Dabei handelte es sich bei seinen Zufluchtsorten nicht um feuchte Höhlen und schmutzige Baracken: Escobar war bis zum Ende einer der reichsten und geltungssüchtigsten Männer seiner Zeit. Er liebte den Luxus und legte wenig Wert auf Diskretion. So waren fast alle seine geheimen Häuser protzige Villen und Haciendas mit riesigen Ländereien.
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Eine Trauminsel als Versteck
Auf der Karibikinsel La Isla Grande nordwestlich der Küstenstadt Cartagena baute Escobar sich eine Villa, die Platz für 300 Gäste bot. Goldene Duschköpfe, ein riesiger Swimmingpool und ein Helikopterlandeplatz inklusive. Der belgische Fotograf Stefaan Beernaert hat die seltsame Atmosphäre der Isla Grande mit seiner Kamera eingefangen. Dazu fuhr er gemeinsam mit seiner kolumbianischen Frau in einem kleinen Holz-Kanu zu den Islas de Rosario, auf denen außer dem berühmten Escobar auch andere Drogenhändler Verstecke hatten.
Die Inseln sind seit dem Tod Escobars im Besitz des kolumbianischen Staates: Sie werden von Wächtern beschützt und sind auch in Kolumbien noch relativ unbekannt. Die Villa Escobars, in der sich einst alle Größen der kolumbianischen Unterwelt trafen, um Partys zu feieren und neue Coups zu planen, ist nun ziemlich heruntergekommen.
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„Verlassene Orte und Gebäude faszinieren mich“, sagt Fotograf Stefaan Beernaert im Interview mit TRAVELBOOK. „Sie sind mein Ausbruch aus der täglichen Routine und sie sorgen dafür, dass ich mich lebendig fühle. Sie sind gegen die Regeln.“ Sein persönliches Lieblingsbild der Serie zeigt Escobars Luxusvilla vor dem leeren Pool, in dem vertrocknete Palmenwedel liegen (siehe Bildergalerie oben). Während das Medellín-Kartell in seinem Auftrag unzählige Zivilisten und Polizisten ermordete, ließ Escobar es sich oft in seinen Wohlfühlverstecken gut gehen.
Da der Staat bis jetzt keine Anstalten gemacht hat, die verlassenen Gebäude zu renovieren, glaubt Beenart, dass sie bald endgültig verfallen sein werden. „Meine Fotos werden dann vielleicht ein historisches Zeugnis sein und den Ort lebendig halten“, hofft er.
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Narcos-Tourismus
Spätestens seit Erscheinen der Netflixserie „Narcos“ boomt in Kolumbien der Escobar-Tourismus. Neben der berühmten Hacienda Nápoles, über die auch TRAVELBOOK schon berichtet hat, kann man so zum Beispiel an einer Tour in Medellín teilnehmen, in der man unter anderem einen Kaffee mit Pablo Escobars Bruder trinkt. Die Isla Grande ist einer der Orte, zu denen der Mainstream-Tourismus noch nicht vorgedrungen ist. Abseits der verfallenen Luxusverstecke leben hier 800 Kolumbianer, hauptsächlich Fischer und Bauern ohne jeden Zugang zu Strom oder fließendem Wasser.
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Den wachsenden Escobar-Tourismus, der von vielen Kolumbianern kritisiert wird, weil er den Mörder Hunderter Menschen glorifiziert, findet Fotograf Stefaan Beenart nicht verwerflich. Dennoch glaubt er, dass man Kolumbien nicht auf seinen Ruf als Herz des Kokainhandels reduzieren sollte. „Kolumbien öffnet sich mehr und mehr für Touristen und bemüht sich sehr, sein Image zu verbessern. Nur für den Escobar-Tourismus nach Kolumbien zu gehen, wäre genauso unzureichend wie nur in die USA zu reisen, um sich die Bandenkriminalität mal anzuschauen.“