7. September 2017, 11:38 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Wer jahrelang als Nachtportier in bekannten Berliner Sterne-Hotels hinter dem Rezeptionstresen stand, hat einiges zu erzählen. So wie der ehemalige Hotel-Mitarbeiter, der mit TRAVELBOOK aus dem Nähkästchen plauderte – und dabei so manche lustige Gutenachtgeschichte zu Tage förderte.
Sie arbeiten dann, wenn die meisten im Bett liegen und sind zur Stelle, wenn die Geister der Nacht, ein Übermaß an Alkohol und gesellschaftliche Moral-Defizite zuweilen eine explosive Mischung eingehen: die „Night-Auditors“, die Rezeptionisten, die nach Sonnenuntergang für das leibliche Wohl der nicht-schlafenden Gäste sowie für die Nachtruhe derer sorgen, die diese suchen.
Keine Frage: Wer diesen Job macht, hat einiges zu erzählen, vor allem, wenn er jahrelang in der deutschen Partyhauptstadt Berlin hinter dem Rezeptionstresen stand und zudem nicht auf den Mund gefallen ist – so wie der ehemalige Portier, der für uns aus dem Nähkästchen plauderte – und hier, natürlich, anonym bleiben möchte. Wir wünschen schon mal viel Vergnügen und: eine geruhsame Nacht!
Döner-Talk mit deutschem Comedian
Die witzigsten Geschichten habe er mit der deutschen Comedy-Prominenz erlebt, erzählt unser Insider. So habe er sich beispielsweise einmal beim Check-in mit einem bekannten Komiker eine Stunde lang über Döner unterhalten. Der Gast wollte sich zunächst nur erkundigen, wo es denn in der Nähe den besten gebe und welcher um 3 Uhr morgens unter der Woche noch offen hätte. „Geendet hat die Diskussion bei der tiefen sozialen und kulturellen Bedeutung des Döners für die Stadt Berlin, deren Bewohnern und natürlich für hungrige Promis, die mitten in der Nacht in Hotels einchecken – spontane Standup-Comedy!“ schwärmt der frühere Hotel-Angestellte. Verschwunden sei der Gast dann letztlich ohne Döner auf sein Zimmer, aber mit zwei Bier von der Bar.
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Persönliches Ständchen zum Weckruf
Ein anderer deutscher Moderator und Komiker – Stammgast und immer sehr freundlich zum Personal – hatte einmal einen ganz besonderen Wunsch: „Er bestellte wie gewohnt direkt bei mir einen Weckruf und ich fragte das eine mal, ob es denn etwas Besonderes sein darf. ‚Ein Morgenständchen wäre schön‘ war seine Antwort. Um 5.45 Uhr nahm ich dann also all meinen Mut zusammen und trug unter den Augen und Ohren meiner Kollegen ‚Guten Morgen Sonnenschein‘ vor. Verschlafen erwiderte er, ich würde zwar wirklich gruselig singen, es hätte aber seinen Zweck erfüllt.“
Band checkt unter falschem Namen ein
Das Anreisen unter falschem Namen, auch „false-flag-check-in“ genannt, ist in der Hotellerie ein alter Hut und wird von kundigen Rezeptionisten schon dann vermutet, wenn die Übernachtungen bereits im Vorfeld bezahlt wurden, etwa durch große Unternehmen, private Manager oder Plattenfirmen. So war es auch im Falle einer bekannten deutschen Rock-Band, die angeblich selten ohne Pseudonym in Hotels eincheckt. „Einmal standen drei Mitglieder der Band vor mir – leicht alkoholisiert – und wollten unter ihren Namen Ben Bienenkompott, Roman Tisch und Oli Venöl einchecken“, erzählt der einstige Nachtportier, „Ich nahm es mit Humor und fragte nur, wo sie denn diesmal ihren Begleiter Max Imum gelassen hätten. Lachend verschwanden sie in ihren Zimmern.“
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Swingerparties, Prostituierte, Drogen
Man ahnt es bereits: Prostitution, so bestätigt auch unser Insider, ist im Hotelgewerbe „ein Dauerbrenner“ und praktisch allzeit gegenwärtig. „Da artet der normale Damenbesuch auch mal schnell in eine schlecht geplante Swingerparty aus, bei der man dann unzufriedene Halbnackte in der Hotellobby davon überzeugen darf, dass es vom Hotel keinerlei Erstattung ihres ‚Eintrittsgeldes‘ geben wird“, berichtet der Rezeptionist. Auch sei er regelmäßig von Gästen gefragt worden, wo es denn die besten oder günstigsten „leichten Damen“ geben würde und ob man sich um die „Logistik“ bis aufs Zimmer kümmern könne. „Am liebsten hätte ich erwidert, ob es nicht auch noch ein paar Gramm Koks und etwas Gras sein dürfen und wir lassen dann alles aufs Zimmer kommen.“
Sex in der Hotellobby
Während sich die einen die Gesellschaft am liebsten auf das Zimmer bringen lassen möchten, schaffen es andere noch nicht mal bis dahin. So erzählt unser Insider: „Es kam zuweilen vor, dass wildfremde Menschen, die sich gerade erst kennengelernt hatten, nur nach Aufforderung des Fahrers das Taxi verließen, in dem sie bis dahin wild kopuliert hatten. Manche wussten dann nicht mehr, wo ihr Zimmer war, andere standen auf ‚Dirty-Talk‘ vor den ersten Frühstücksgästen, während sie sich auszogen.“ Gerade um die Weihnachtszeit hätten sich diese unkontrollierten Aktionen gehäuft. „Da spielte sozialer Status oder Alter keine Rolle. Schier unbegreiflich, was nach manch einer Feier abging,“ so der Portier.
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Ausgesperrt beim Rollenspiel
Auch ausgesperrte Gäste waren keine Seltenheit, was immer dann für Aufsehen sorgte, wenn sie merkwürdig gekleidet oder sogar nackt waren. „Eines Nachts sperrte eine Frau ihre Begleitung – ein bekannter deutscher Unternehmer, obendrein nur mit Frauenunterwäsche bekleidet – während eines Rollenspiels aus dem Zimmer aus. Nur blöd, dass es auf dieser Etage 30 weitere voll belegte Zimmer gab und es in einer Stadt wie Berlin nie wirklich Nachtruhe gibt“, erzählt der ehemalige Hotel-Angestellte belustigt. Auch das Betteln und Klopfen habe ihm nicht die erhoffte Erlösung gebracht. Das Personal musste die peinliche Situation letztendlich beenden und die dominante Dame bitten, den Herren doch wieder ins Zimmer zu lassen.
Streiterei mit Feueralarm beendet
Aber nicht nur Rollenspiele können die Nachtruhe eines Hotels stören: „Den heftigsten Streit bekam ich zwischen einem Pärchen mit, aus dem sich die Frau anscheinend nur durch das Auslösen des Feueralarms befreien konnte.“ Die Folge sei eine stressige Nacht für alle Gäste und eine höhere finanzielle Aufwandsentschädigung für das Pärchen gewesen.
Ungewöhnliche Zwangsneurosen
Einmal habe ein Gast sämtliche Wände mit seinem Kot beschmiert. Aber nicht nur an fäkale Sachbeschädigung, sondern auch an skurrile (Zwangs-)Verhalten der Gäste kann sich der einstige Rezeptionist erinnern. „Manche bestanden stur darauf, dass alle Fenster abgeschlossen werden sollten – aus Angst vor Einbrechern. Daran änderte auch der Hinweis nichts, dass sich das Zimmer doch in der achten Etage befindet. Andere konnten hingegen nur mit offenen Türen schlafen. Da hat man sich des Öfteren ordentlich erschreckt, wenn die Zimmertür offen stand und bei schummrigen Licht nur zwei Füße aus dem Bett geguckt haben.“
„Sie verschwand unter Tränen“
Es geht aber auch andersrum: Einmal habe sich ein weiblicher Gast selbst im Zimmer eingesperrt und total hysterisch an der Rezeption angerufen, dass sie befreit werden müsse. Auch gab es hilflose Anrufe von Frauen, die sich, nachdem sie eine Spinne in ihrem Zimmer gesehen haben, auf ihren Betten verschanzt hatten oder sich nicht mehr in ihr Zimmer trauten: „Einmal musste ich mitten in der Nacht ihren Koffer packen. Sie verschwand unter Tränen.“
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Ein Happy End
Zum Schluss ein Happy End: Ein Pärchen sei einmal extra für die Geburt ihres Kindes nach Berlin gereist. Das Baby kam allerdings früher als erwartet. Als eines Nachts die Wehen einsetzten und der Rezeptionist schließlich den Notarzt rufen musste, sei der werdende Vater allerdings auswärts unterwegs gewesen. „Zum Glück ging alles auf die Sekunde gut – für den Transport ins Krankenhaus war es zwar zu spät, der glückliche Papa kam aber doch noch rechtzeitig.“ Die entstandenen Kosten seien selbstverständlich vom Hotel übernommen worden.