3. Dezember 2015, 17:53 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Lust auf ein Jahrgangs-Steak von anno 2000? Die Edel-Fleischerei des Franzosen Alexandre Polmard ist weltberühmt für ihr einzigartiges Fleisch von blonden Rindern. Mit einer speziellen Eis-Blastechnik wird es so behandelt, dass Feinschmecker ihren Lieblings-Jahrgang wie beim Wein bestellen können.
Die Vorstellung, ein 15 Jahre altes Steak zu essen, klingt auf Anhieb nicht verlockend. Echte Gourmets allerdings lecken sich die Finger danach – und sind sogar bereit, mehr als 3000 Euro für das besondere Geschmackserlebnis auszugeben.
Steaks wie Wein nach Jahrgang genießen
Allerdings nur, wenn das Steak aus der exklusiven Fleischerei des Franzosen Alexandre Polmard stammt. Seine Boucherie ist unter Insidern auf der ganzen Welt berühmt. Absolut einzigartig sind seine Jahrgangs-Steaks: Ähnlich wie beim Wein können Feinschmecker auch Fleisch aus ihrem Lieblings-Jahrgang wählen, zum Beispiel von 2000, 2002 oder 2003. Wie ist so etwas möglich? „Durch unsere spezielle Konservierungs-Methode kann unser Fleisch über viele Jahre ohne Qualitätsverlust aufbewahrt werden”, heißt es auf der Website der Boucherie Polmard.
Spektakuläre „Winterschlaf“-Methode
„Hibernation” nennt Polmard seine Spezial-Methode, „Winterschlaf“ heißt das wörtlich übersetzt. Dabei wird das Fleisch bei sagenhaften minus 43 Grad mit kalter Luft angeblasen, und zwar mit einer Geschwindigkeit von 120 Stundenkilometern. „Diese Technik der Hibernation garantiert einen außergewöhnlichen Geschmack“, verspricht das Familienunternehmen. „Das Fleisch bleibt zart und saftig und behält sein Aroma”.
Gourmets reißen sich darum. So richtete das Michelinstern-Restaurant „Caprice“ in Hongkong ein spezielles Polmard-Dinner aus, Highlight: ein 15 Jahre altes Steak, das pro Portion mehr als 3.000 Euro kostete. Das berichtete der Nachrichtensender „CNN“ unter der Headline „Wie schmeckt das teuerste Fleisch der Welt?“
Glückliche blonde Kühe
Warum bezahlen Feinschmecker so viel Geld für ein Gericht? Das Fleisch aus dem Hause Polmard ist unabhängig von der Konservierungsmethode für seinen besonderen Geschmack berühmt. Einer der Gründe ist, dass die Fleischerei nur Fleisch von ihrem eigenen Hof im Nordosten Frankreichs anbietet.
Die blonde Rinderrasse „Blonde d‘ Aquitane“ ist unter Kennern für hervorragende Fleischqualität bekannt und hat auch in Deutschland begeisterte Anhänger. Zudem legt das Familienunternehmen, das seit 1849 besteht, großen Wert auf artgerechte, gute Haltung. „Unsere Rinder wachsen in Freilandhaltung auf den grünen Weiten und Wäldern der Gegend um Saint Mihiel auf“, erklärt Polmard auf seiner Website.
Tägliche Gespräche mit den Rindern
Da glückliche Rinder das beste Fleisch liefern, tut die Familie alles für ihr Wohlergehen. Dazu gehören auch tägliche Gespräche mit den Kühen, erzählt Alexandre Polmard im Interview mit CNN. „Wenn sie wollen, etwa bei schlechtem Wetter, können sie in ihren Unterkünften Schutz suchen. Sie leben wirklich wie im Fünf-Sterne-Luxusresort“
Die Rinder sollen wenig Stress empfinden: Ein hoher Milchsäure- und Glykogenpiegel beim Schlachtvieh mache das Fleisch zäh und verderbe den Geschmack. Daher werden bei Polmard nur vier Rinder die Woche geschlachtet, und zwar unter möglichst tierfreundlichen Bedingungen in der eigenen Schlachterei, erzählt der Boulanger im Interview mit CNN: „Alle Liebe und Fürsorge, die wir unseren Tieren geben, zeigt sich später im Geschmack des Fleisches.“ Dass sich der Aufwand auch im Preis zeigt, liegt auf der Hand.
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Schon von vornherein „gereift“
Es gibt noch eine weitere Besonderheit der Boulangerie neben der besonderen Rinderrasse und ihrer Haltung: die Reifung. „Dadurch entfaltet das Fleisch das gewisse Aroma, das Markenzeichen von Polmard“, erklärt der Edel-Schlachter auf seiner Website.
„Wir veredeln unser Fleisch durch eine bestimmte Technik: die ‚Vakuum-Reifung‘. Dabei lassen wir das Rindfleisch bei reguliertem Sauerstoff- und Feuchtigkeitsgehalt unter UV-Folie zwischen vier und acht Wochen reifen“. Die Dauer richte sich nach Fettgehalt, Ph-Wert und Beschaffenheit der einzelnen Portionen.
Bei so viel Mühe verwundert es nicht, dass Gourmets den Geschmack eines bestimmten Jahrgangs bewahren wollen, um ihn auch viele Jahre später zu genießen – als „millésime“ (deutsch: „Jahrgangs“)-Fleisch. „Ich wollte in Anlehnung an die Welt des Weingenusses etwas Neues schaffen und die traditionelle Welt der Fleischerei etwas aufrütteln“, so Alexandre Polmard zu CNN. „Mit meinem außergewöhnlichen Angebot möchte ich die Menschen verführen, wieder mehr Rindfleisch zu essen“.
Es scheint ihm gelungen. So heben Besucher des Restaurant Boos im luxemburgischen Bridel hervor, dass es das einzige in Luxemburg sei, wo man Fleisch von Alexandre Polmard essen könne. Und mit seiner exklusiven Schlachterei im Pariser Viertel Saint-Germain-des-Prés hat der Star-Schlachter derzeit so viel Erfolg, dass er TRAVELBOOK mit Bedauern mitteilen ließ, dass er aufgrund der großen Nachfrage vor Weihnachten für ein Interview leider keine Zeit fände.