21. Dezember 2018, 10:30 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wie ein zweiter Vatikan unter Palmen sieht diese Basilika in Westafrika aus der Ferne aus. Der Bau der Kirche war ein Herzensprojekt des ivorischen Präsidenten – dem Papst dagegen ist das gigantische Gotteshaus ein Dorn im Auge.
Nein, der Petersdom ist nicht in tropische Gefilde umgezogen. Dieses Bild zeigt nicht die berühmteste Kirche des Vatikans, sondern ihren afrikanischen Zwilling: die Basilika Notre-Dame de la Paix. Sie steht im Herzen der Elfenbeinküste in Yamoussoukro, der Hauptstadt des Landes.
Die Geschichte des Nachbaus ist ebenso skurril wie traurig: 1985 beschloss Félix Houphouët-Boigny, der damalige Präsident der Elfenbeinküste, dass er als leidenschaftlicher Katholik dem Vatikan ein Geschenk machen müsse. Seine Idee: eine Kirche bauen, die wie der Petersdom aussieht – nur größer. In nur drei Jahren wurde die Kirche fertiggestellt und bot fortan auf einer Gesamtfläche von 7400 Quadratmetern 7000 Sitz- und 11.000 Stehplätze.
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Höher als der Kölner Dom
Papst Johannes Paul II. war skeptisch, was das Ego-Projekt von Houphouët-Boigny anging. Er stimmte einer päpstlichen Einweihung der Kirche nur unter zwei Bedingungen zu: Erstens dürfe die Kuppel der Kirche nicht höher sein als die des Petersdoms, zweitens müsse der Präsident direkt neben der Kirche ein Krankenhaus errichten.
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Houphouët-Boigny senkte daraufhin die ursprünglich angesetzte Höhe der Kuppel, dafür ließ er das Kreuz an deren Spitze so hoch bauen, dass das Gebäude das Original insgesamt doch überragt. Damit ist das afrikanische Pendant des Petersdoms nach dem Ulmer Münster und noch vor dem Kölner Dom der zweithöchste Sakralbau der Welt. Das päpstlich erwünschte Krankenhaus wurde dagegen zwar halbherzig geplant und gebaut, aber bis heute nicht fertiggestellt.
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Umstrittenes Prestige-Projekt
Obwohl die Basilika einzigartig auf dem afrikanischen Kontinent ist, wurde und wird sie daher bis heute heftig kritisiert. Der wichtigste Grund: Katholizismus ist in der Elfenbeinküste eine absolute Minderheiten-Religion. Von den 23 Millionen Ivorern (so nennt man die Einwohner der Elfenbeinküste) sind laut einer offiziellen Zählung von 2014 weniger als ein Drittel Christen und nur etwa 17 Prozent Katholiken. Die Größe und die enormen Kosten für den Bau stehen also in keinem Verhältnis zu der lokalen Bedeutung der Religion.
Der zweite Kritikpunkt sind die enormen Baukosten von umgerechnet mehr als 250 Millionen Euro. Vor allem, wenn man bedenkt, dass das monatliche Einkommen der Bevölkerung laut Angaben der Weltbank und des OECD bei etwa 100 Euro pro Kopf liegt. Als der Bau der Basilika beschlossen wurde, befand sich das Land zudem in einer schweren wirtschaftlichen Krise. Wie der britische „Guardian“ berichtete, verdoppelte Houphouët-Boigny mit der Investition in die Kirche die damaligen Staatsschulden.
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An guten Tagen hat die Kirche nur ein paar hundert Besucher
Zudem baute der ivorische Präsident die Kirche nicht in der Nähe der mit Abstand größten und bedeutendsten Stadt der Elfenbeinküste, Abidjan, sondern in Yamoussoukro, seiner Heimatstadt, die er erst zwei Jahre vor dem Bau der Basilika zur Hauptstadt des Landes ernannt hatte, obwohl sie keinerlei wirtschaftliche oder politische Bedeutung hat. Das Ergebnis: Die Gottesdienste in Notre-Dame de la Paix sind meistens beinahe leer. An guten Tagen, wie etwa jetzt zu Weihnachten, füllen die bombastischen Innenräume der Kirche höchstens ein paar hundert Besucher.