29. Januar 2018, 13:55 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Eine Marktstraße, durch die mehrmals am Tag ein Zug durchfährt, eine Korbschlittenfahrt, die gar Hemingway das Fürchten lehrte, und allerlei Superlative – das Magazin „Travel + Leisure“ hat die verrücktesten Straßen der Welt zusammengestellt. TRAVELBOOK stellt die spannendsten von ihnen vor.
1. Thailand: Ein Markt, ein Zug
Wenn in den sozialen Netzwerken ein Filmchen vom Maeklong-Markt in Thailand auftaucht, wird dieses garantiert oft geteilt. Denn was er zeigt, ist einfach unglaublich. Und so geht die Handlung: Man sieht einen Markt mitten in Asien, der so aussieht wie Märkte in Asien nun mal aussehen – es ist eng, Planen schützen vor der Sonne, es gibt Obst und Gemüse, Fisch und Frösche und noch so allerlei anderes Getier, das die wenigsten Europäer zuvor je gesehen haben.
Plötzlich fangen die Verkäufer an, die Planen einzuklappen. Sie räumen Tische und Stühle beiseite. Nur, was nicht auf oder innerhalb der Schienen steht, lässt man an seinem Platz. Dann ertönt ein Signal und von hinten schiebt sich ein orangefarbener Zug ins Bild, während sich so mancher Verkäufer an die Mauer drückt. Der Zug kommt näher, bewegt sich durch die enge Straße, füllt sie nahezu aus – und unweigerlich hält man den Atem an. Ist der Zug durchgefahren, räumen die Verkäufer ihre Waren wieder an ihren Platz und binnen weniger Minuten erinnert nichts mehr daran, dass hier gerade noch ein Zug durchgefahren ist.
So sieht das zum Beispiel aus:
Wer seinen eigenen Film von dem Spektakel drehen will, hat achtmal am Tag Gelegenheit dazu. Zu finden ist der Markt rund 75 Kilometer südwestlich von Bangkok im Städtchen Samut Songkhram. Die Strecke ist Teil der Mae-Khlong-Maha-Chai-Linie, die West-Bangkok, Wong Wian Yai in Thonburi und Samut Songkhram verbindet.
2. Kanada/USA: Eine Straße, zwei Länder
Der Legende nach hatten die Landvermesser, welche die exakten Außengrenzen der USA festlegen sollten, ordentlich einen sitzen, als sie an diese Stelle kamen. Anders ist kaum zu erklären, warum die Grenze mitten durch den Ort führt, nicht nur die Straße teilt, sondern auch Häuser binational macht – bis hin zur Oper, deren Bühne sich nun offiziell in Kanada befindet, deren Eingang aber in den Staaten. Oder das Gebäude, in dem die Post sitzt: Hier gibt es einen Ausgang für die Staaten, einen anderen für Kanada.
Eine Autofahrt entlang der Rue Canusa im Video:
Wer mit dem Auto die Rue Canusa entlangfährt, kommt also in das einzigartige Vergnügen, das eine Land zur Linken, das andere zur Rechten zu haben. Quebec hier, Vermont da. Kanadier links, Amis rechts. Oder umgekehrt. Aber Vorsicht vor unerlaubten Grenzübertritten, angeblich sollen Helikopter sofort zur Stelle sein, sollte hier jemand ohne Erlaubnis die Seiten wechseln.
3. Kalifornien: Die Kaugummi-Gasse
Wenn Sie zu denen gehören, für die es kaum etwas Ekligeres gibt als alte festgetrocknete Kaugummis, dann sollten Sie diese schmale Gasse in San Luis Obispo in Kalifornien unbedingt meiden. Denn auf der Bubblegum Alley ist der Name Programm: Links und rechts des Weges sind die Wände zugeklebt mit alten Kaugummis – und die widerliche Schicht wächst seit Jahrzehnten. Die „vermutlich unappetitlichste Straße Kaliforniens“ wird die Bubblegum Alley in einem Reiseführer denn auch genannt.
Vermutlich waren es Kids aus der örtlichen High School, die mit dem Verzieren der Wände begannen. Und offenbar reagierte die Stadt zu spät. Der Versuch der Feuerwehr, die Kaugummis mit Sprühwasser von den Wänden zu lösen, hatte weitreichende Folgen: Die Kaugummis wurden hoch in die Luft geschleudert und regneten dann in weitem Umkreis auf Passanten nieder. Doch inzwischen wurde aus der Not eine Tugend: Die Kaugummi-Straße zieht täglich 300 bis 400 Touristen an und ist eine beliebte Kulisse für Filme und Musikvideos.
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4. Flensburg: Wo die Schuhe baumeln
Schon mal was von Shoefiti gehört? Der Begriff setzt sich zusammen aus dem englischen Shoe für Schuh und Graffiti und bezeichnet das weltweit zu beobachtende Phänomen, dass Paare von Schuhen zusammengebunden über Äste, Leinen, Kabel oder Ähnlichem geworfen werden. Der Trend soll aus dem englischsprachigen Raum stammen, wo (etwa in Schottland) Männer ihre Schuhe ins Fenster hängten, sobald sie keine Jungfrau mehr waren – oder sie (in der Bronx in New York) Drogen zu verkaufen hatten.
Warum die Schuhe seit 2005 über der Norderstraße in Flensburg baumeln, ist hingegen noch nicht hinlänglich ergründet. Zumindest beflügeln die Schuhe die Fantasie – vor drei Jahren wurde gar ein Schreibwettbewerb ausgerufen, in dem man nach der besten Begründung für das Phänomen suchte, der Wahrheitsgehalt zählte da schon lange nicht mehr. Allerdings gibt es vermutlich eine einfache Erklärung: Kunden eines Skatershops sollen nach dem Kauf neuer Turnschuhe ihre alten Treter einfach im Geschäft zurückgelassen und der Ladenbesitzer sie später über die Leine geworfen haben – woraufhin sich sein Nachbar vom St-Pauli-Fanshop einfach anschloss.
5. Sydney: Guck mal, wer da piept
Auch in dieser kleinen Nebenstraße in Sydney baumelt etwas über den Köpfen der Passanten. 120 Vogelkäfige sind es, weit über hundert. Sie sind zwar alle leer. Dennoch kann man die Vögel hören. Nicht live zwitschern sie, sondern vom Band. Und das hat Methode. Schließlich leben die 50 Vögel, die einst hier im Zentrum von Sydney heimisch waren, gar nicht mehr in der City. Als die Europäer kamen und aus der Siedlung eine Stadt wurde, sind sie nach und nach verschwunden.
Forgotten Songs, so der Name des Projekts am Angel Place mitten im Geschäftsviertel von Sydney, wurde 2009 von Michael Thomas Hill hier installiert – und erfreute sich so großer Beliebtheit, dass aus der temporären eine dauerhafte Installation wurde. Ein Besuch lohnt sich übrigens mehrmals: Denn je nach Tageszeit ändern sich die Vogelstimmen, so hört man abends und nachts nur die nachtaktiven, während es mit Sonnenaufgang wieder etwas lebhafter zwitschert – aus den leeren Käfigen.
Einige der Orte, wie etwa
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6. Madeira: Rasante Rutschpartie
Ernest Hemingway bescherte diese Straße zwischen Monte und Funchal einst eines der aufregendsten Erlebnisse seines Lebens, und das mag was heißen. Schließlich hatte der Mann schon einiges mitgemacht – von Großwildjagden in Afrika bis zum Bürgerkrieg in Spanien. Und auch heute, mehr als ein halbes Jahrhundert nach Hemingways Besuch auf Madeira, setzt die Rutschpartie in dem luftigen Korbschlitten – einer Mischung aus Rattanstuhl und Wäschekorb mit Kufen drunter – bei den Passagieren Stoßgebete und Adrenalinschübe frei.
Für dieses Video haben zwei Touristen aus Deutschland die Kamera mitlaufen lassen:
Erfunden hatte die Korbschlittenfahrt, die heute eine Touristenattraktion auf der portugiesischen Insel ist, ein britischer Geschäftsmann im 19. Jahrhundert, der es leid war, täglich von Monte nach Funchal zu laufen und sich offenbar auch nicht wie die wohlhabenden Touristen jener Zeit in Hängematten oder Sänften von Monte in die Stadt hinuntertragen lassen wollte. Seitdem also kann man die vier Kilometer lange, steile und kurvenreiche Strecke in dem Korbgefährt heruntersausen – angestoßen und gelenkt, gezogen und gebremst von zwei Männern in weißer Kleidung, den „Carreiros“. Wieder hoch nach Monte kommt man übrigens mit der Seilbahn.
Die Korbschlittenstation liegt unterhalb der Kirche Nossa Senhora do Monte. Eine Fahrt kostet für eine Person 25 Euro, zwei Personen 30 Euro und für drei Personen 45 Euro. Kinder bis fünf Jahre fahren in Begleitung eines Erwachsenen kostenlos.
7. San Francisco: Die wohl kurvigste Straße der Welt
Wer bei seinem Besuch in San Francisco nicht die Lombard Street auf seine To-Do-Liste packt, verpasst etwas. Die Straße, auf der jedes Jahr etwa eine Million Autos fahren, ist nicht nur aus Filmen („Herbie – Ein toller Käfer“) und Serien bekannt, sondern gehört wohl zu den kurvenreichsten der Welt. Insgesamt 180 Meter lang ist die Lombard Street und bringt es dabei auf acht Kurven. Zudem ist sie auch steil: Ihr aktuelles Gefälle beträgt 16 Prozent, doch bis 1922 waren es sogar 27 Prozent.
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8. Portugal: Wo man bei abgestelltem Motor den Berg hochrollt
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Auto, stellen den Motor ab, lösen die Handbremse – und dann rollen Sie wie von selbst den Hügel hoch. Sie glauben, das ist nicht möglich? Dann fahren Sie mal nach Braga in Portugal, peilen die Estrada de Bom Jesus an und lassen Sie sich von Einheimischen die Stelle zeigen, wo das funktioniert.
Und so sieht das dann im Video aus:
Woran es liegt, dass man hier den Berg mühelos hochrollt, ohne Gas geben zu müssen? Darüber wurde viel gerätselt. Manche vermuteten ein Magnetfeld, dass die Karossen magisch anzieht. Andere glaubten an die besonders anziehende Kraft der Kirche Bom Jesus do Monte oben auf dem Berg. Doch tatsächlich ist eine optische Täuschung Schuld. Hier treffen zwei Straßen einfach so aufeinander, dass die obere wie eine Abfahrt aussieht.