16. Juni 2017, 17:31 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Seit 1735 treibt eine seltsame Gestalt ihr Unwesen in New Jersey. Der Legende nach handelt es sich dabei um ein Kind des Teufels höchstpersönlich. Die Sichtungen des sogenannten „Jersey Devil“ sind so zahllos, dass es mittlerweile sogar einen Devil Hunters Club gibt, der sich intensiv mit dem Phänomen beschäftigt. Die skurrile Geschichte – und was in Wahrheit dahinter stecken könnte.
Der Legende nach soll es eine dunkle, stürmische Nacht im Jahr 1735 gewesen sein, als im heutigen US-Bundesstaat New Jersey eine Frau, „Mother Leeds“ genannt, ihr 13. Kind zur Welt brachte. Schon vorher hatte sie gemutmaßt, sie werde den Teufel höchstpersönlich gebären. Und – so erzählt man es sich – sei es schließlich auch gekommen: Kurz nachdem sie das Baby zur Welt gebracht hatte, soll sich dieses in ein grausiges Mischwesen mit dem Kopf einer Ziege, Flügeln, Hufen und einem gespaltenen Schwanz verwandelt haben. Und bevor es durch den Schornstein entschwand, tötete es angeblich noch einige Angehörige der Leeds-Familie.
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Auch Napoleons Bruder will den Jersey Devil gesehen haben
Bis heute kursiert diese schaurige Geschichte über die Geburtsstunde des sogenannten Jersey Devil, unter anderem nachzulesen in zahllosen Blogs und Foren. Aber auch renommierte Zeitungen wie die „The New York Times“ haben sie bereits aufgegriffen.
Erzählungen von Sichtungen, vor allem in der Gegend um das beschauliche Nest Pine Barrens in New Jersey, gibt es zuhauf. Auch Joseph Bonaparte, der ältere Bruder Napoleons, behauptet, die unheimliche Kreatur gesehen zu haben, und zwar 1816 bei der Jagd auf seinem Anwesen in Bordentown (New Jersey).
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Prämie für denjenigen, der den Jersey Devil fängt
Als in den Jahren 1840 und 1841 um Pine Barrens Viehherden attackiert und Tiere gerissen werden, wird fast zwangsläufig der Jersey Devil verdächtigt. Jahrzehnte später kommt es zu einer regelrechten Massenpanik, nachdem sich in der Woche zwischen dem 16. und 23. Januar 1909 vermeintliche Sichtungen derart häufen, dass aus Angst vor der Bestie sogar Schulen geschlossen bleiben und Arbeiter nicht zur Arbeit müssen. Polizisten wollen sogar auf das Monster geschossen haben, doch angeblich konnten die Kugeln dem Wesen nichts anhaben.
Auch in den folgenden Jahren hielt sich der Mythos um den Jersey Devil, seit 1939 gilt die geflügelte Bestie als der „offizielle Staats-Dämon“ New Jerseys. Und 1960 lobte ein Verbund lokaler Händler eine Prämie von 10.000 Dollar für denjenigen aus, der die Kreatur fangen könne. Das Ungeheuer wurde so berühmt, dass sich 1982 das lokale Eishockeyteam in „New Jersey Devils“ umbenannte.
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Was hinter den Sichtungen stecken könnte
Es gibt einige Versuche, die vielen Sichtungen zu erklären. Die gängigste sieht den jungen Quäker Daniel Leeds, der in den 1600er-Jahren von England nach Amerika übersiedelte, als zentrale Figur der Legende. Wie der Geschichtsprofessor Brian Regal der britischen Zeitung „The Guardian“ sagte, machte sich Leeds als Herausgeber okkulter Pamphlete schnell Feinde, erhielt sogar den Schimpfnamen „Satan’s Harbinger“, also „Herold des Teufels“. „Jemanden zu dieser Zeit als Teufel zu bezeichnen, war das schlimmste, das man demjenigen antun konnte“, so Regal. Im Laufe der Jahre soll daraus dann der Jersey Devil abgeleitet worden sein.
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Handelt es sich um Kraniche?
Jeff Brunner, Mitarbeiter der Tierschutzorganisation Humane Society in New Jersey, glaubt, es könne noch eine viel weltlichere Erklärung für den Monster-Hype geben: „Es handelt sich dabei wohl um einen Kranich“, sagte er der Seite „Philadelphia Citypaper“. Er hätte dieselbe Größe wie der Jersey Devil. „Aber sobald die Zeitungen einmal angefangen hatten, diese Geschichten zu drucken, hat sich die Legende von selbst verbreitet.“ So weit, dass es zumindest zeitweise in Pine Barrens einen Club namens „Devil Hunters“ gab, die sich der Jagd nach dem Monster verschrieben hatten. Im Jahre 2008 gab der Verein der „The New York Times“ ein Interview.
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2015 will ein Wachmann das Monster fotografiert haben
In den USA ist der Jersey Devil nach wie vor sehr präsent, etwa durch Fernsehserien wie „Akte X“, Filme und sogar Videospiele. Sichtungen gibt es es auch heute noch regelmäßig, wie ein Fall aus dem Oktober 2015 belegt, der es in den „The Guardian“ schaffte: Der Wachmann Dave Black behauptete gegenüber der lokalen Seite „NJ.com“, dass er das Monster auf dem Nachhauseweg gesehen und sogar fotografiert haben will.
Zuerst habe er gedacht, es handele sich um ein Lama, so Black. „Doch dann breitete das Wesen seine Flügel aus und flog über einen Golfplatz.“ Entweder habe sein Verstand ihm einen Streich gespielt, oder er habe tatsächlich den Jersey Devil gesehen. Vieles spricht aber für ersteres, zumal Blacks angebliches „Beweisfoto“ eher lächerlich als gruselig wirkt: Es scheint fast, als habe jemand mithilfe eines Bildbearbeitungsprogramms eine Ziege mit Flügeln kreiert und dieses Wesen in ein Foto montiert.
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Journalist behauptet, mit dem Jersey Devil verwandt zu sein
Und wenige Monate zuvor, im Juni 2015, hatte der freie Journalist und Autor Bill Sprouse behauptet, ein offizieller Verwandter des Jersey Devil zu sein. Seine Großmutter, deren Nachname ebenfalls – wie der der berüchtigten Hexe – Leeds sei, habe ihm das bereits als Kind erzählt, sagte er „NJ.com“. „Das ist wohl mit das Komischste daran, in diesem Teil von New Jersey aufzuwachsen. Jemand sagt dir, dass du mit einem Monster verwandt bist, und es kommt dir nicht einmal merkwürdig vor.“ Die Geschichte sei aber vor allem eines: eine gute Party-Anekdote. Dennoch war sie ihm ein eigenes Buch zu dem Thema wert, dessen Titel sich übersetzen lässt mit: „Das Familienleben des Jersey Devil“ (Im Original: „The domestic life of the Jersey Devil“).