19. August 2017, 10:02 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Zelten ist längst nicht mehr nur Isomatte, Schlafsack und klamme Klamotten bei Regen. Immer mehr Zeltplätze setzten auf Komfort und Luxus. „Glamping“ heißt der Trend.
Das Paar aus dem Raum Eschwege in Nordhessen hat sein ideales Urlaubs-Quartier ganz zufällig gefunden. Die beiden Radfahrer verbringen ein paar Tage in einer komfortabel ausgestatteten Camping-Lodge auf dem Zeltplatz Weilburg-Odersbach im Lahntal.
„Mein Mann zeltet gerne, und ich schlafe gerne in einem Bett“, beschreibt die 53-Jährige, weshalb die Unterkunft den Eheleuten so gut gefällt. Und: „Es ist total schön und alles hochwertig verarbeitet.“ Die Hütten gehören zu einem Trend, den auch in Hessen immer mehr Campingplätze entdecken. „Glamping“ – das Wort kommt von glamourösem Camping – heißt die Welle, bei der es um Komfort und Wellness geht.
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„Es geht um entspannte Wohlfühlatmosphäre“
„Das ist schon ein Trend, und er wird sicher ein Bestandteil des Campings werden“, sagt der Sprecher des Bundesverbands der Campingwirtschaft, Christian Günther, in Berlin. Genau definiert sei der Marketing-Kunstbegriff allerdings nicht. Daher lasse er sich auch nur schwer beziffern. „Es geht um entspannte Wohlfühlatmosphäre.“
In den drei Holz-Lodges in Weilburg-Odersbach gibt es ein Doppelbett, eine gemütlichen Sitzecke mit Schlafcouch, eine Toilette, einen Kühlschrank und eine kleine Küche. Wlan, ein Fernseher und eine Kaffeemaschine sind auch vorhanden. Nur zum Duschen müssen die Bewohner in das nahe Sanitärgebäude gehen. Auf der Terrasse steht ein Tisch mit vier Stühlen, ein Sonnenschirm und ein Grill. Das Frühstück können sich die Bewohner selbst machen oder für sechs Euro pro Person kommen lassen. Die Lodge kostet – unabhängig von der Zahl der Gäste – 59 Euro pro Tag.
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Unterkünfte mit Infrarotheizung & Wlan
Etwas weniger luxuriös, aber auch gemütlich und viel komfortabler als ein normales Zelt sind die Schlaf-Fässer, die für 39 Euro pro Nacht zu mieten sind. Ein zwei mal zwei Meter großes Bett, eine kleine Sitzecke, eine Infrarotheizung, Licht, Strom und Wlan sowie ein kleiner Gartentisch mit zwei Stühlen gehören zur Ausstattung. Die Fässer würden vor allem für ein bis zwei Nächte gebucht, meist von Radfahrern und Paddlern, sagt Platzwart Stephan Kramer. In den Lodges bleiben die Urlauber dagegen oft eine Woche, manche auch zwei.
Außer diesen beiden Mobilheim-Typen in Weilburg-Odersbach gibt es noch eine Reihe anderer Glamping-Unterkünfte: von der Holzhütte über das Chalet bis zum Safarizelt. Im nordhessischen Naumburg bieten die Bettermanns auf ihrem Campingplatz gleich um die fünf verschiedene Typen. Vom Hexenhäuschen über den Nostalgie-Wohnwagen bis zur Zelt-Lodge reichen die neun Unterkünfte.
„Der Grund ist, dass ich mich nicht entscheiden konnte und alles ausprobieren wollte“, sagt Odette Bettermann. Nach fast vier Jahren hält sie das für die richtige Entscheidung, denn „je nach Zielgruppe und Interessen haben wir etwas zu bieten“. Die kleinen Hütten seien bei Wanderern für ein Wochenende sehr beliebt, die großen Zeltlodges mieteten vor allem Familien und Wandergruppen. „Das Publikum ist sehr unterschiedlich. Wir haben auch Alleinreisende und viele junge Leute.“ Die Kosten liegen – je nach Größe – zwischen 38 Euro und 98 Euro – „plus Endreinigung“.
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»Camper sind entspannt und locker
„Der Trend tut dem Camping gut, weil er neue Zielgruppen erschließt“, sagt Fachmann Günther. Besonders gefragt seien die Angebote bei kinderlosen Paaren und älteren Paaren, deren Nachwuchs schon aus dem Haus ist. „Camping ist generell im Trend“, sagt Günther. Als Gründe nennt er das Bedürfnis nach Entschleunigung, ein Zurück zur Natur und „einen Gegenalltag zur Stadt“. „Der Menschenschlag der Camper ist zudem entspannt und locker.“
„Eine genau Zielgruppe können wir noch nicht ausmachen“, sagt der Geschäftsführer des Campingplatzes in Weilburg-Odersbach, Thomas Kremer. Er habe erst in diesem Frühjahr mit den insgesamt sieben Lodges und Hütten angefangen. „Es läuft aber sehr positiv.“ Dabei habe er noch gar keine Werbung gemacht. Die Investitionen beziffert er auf rund 140.000 Euro, weil er Zuschüsse aus einem EU-Programm in Höhe von 70 Prozent nutzen konnte. Die Lodges kosten samt Inneneinrichtung und Aufbau rund 20 000 Euro, die Fässer 7000 Euro.
Die meisten Camping-Plätze, die auf Glamping setzen, haben auch einen Wellness-Schwerpunkt, berichtet Fachmann Günther. Sie bieten beispielsweise Sauna, Whirlpools oder Massagen. In Naumburg gibt es eine kleine Sauna auf dem Platz Campingplatz; „das Freibad ist vor der Tür, Wellness gibt es im Ort“, sagt Bettermann. Kremer denkt auch über Wellness-Angebote nach. „Die Fässer gibt es auch als Sauna.“ Und das städtische Freibad grenzt direkt an den Campingplatz, ein gemeinsames Wellness-Angebot sei daher naheliegend. Der Geschäftsführer will jetzt aber erstmal abwarten, wie das Glamping weiterhin angenommen wird. „Gedanklich sind noch Flächen dafür vorgesehen.“ Und Bettermann will nächstes Jahr zwei neue Mobilheime anschaffen.